«Eierläset» zieht auch bei trübem Wetter
18.04.2023 BaselbietViel Einsatz und Spass in verschiedenen Gemeinden
Ramlinsburg
Die Kleinen im Einsatz
Mit dem Eierläset vor der Mehrzweckhalle in Ramlinsburg sollte der Winter symbolisch vertrieben werden. Zieht man das garstige Wetter vom Sonntagnachmittag in Betracht, war es ...
Viel Einsatz und Spass in verschiedenen Gemeinden
Ramlinsburg
Die Kleinen im Einsatz
Mit dem Eierläset vor der Mehrzweckhalle in Ramlinsburg sollte der Winter symbolisch vertrieben werden. Zieht man das garstige Wetter vom Sonntagnachmittag in Betracht, war es angebracht, dass sich die Läuferinnen und Läufer dieses Jahr besonders anstrengten – wollten sie das meteorologische Ziel nicht verfehlen … Aber beim Frühlingsbrauch in einem familiären Rahmen steht ja traditionell ohnehin der sportliche Wettkampf im Mittelpunkt. So auch in Ramlinsburg.
Mit viel Geschick und Kondition wurden die in zwei Reihen platzierten 80 Eier von den jugendlichen Teilnehmenden im Alter von 3 bis 13 Jahren so schnell wie möglich und mit teils akrobatischen Einlagen mittels eines Traktors, eines Schubkarrens oder eines Jutesacks Richtung Spreuerwannen transportiert. Es war dann die Aufgabe der Fänger, in Sekundenbruchteilen die Flugbahn der Eier korrekt zu berechnen und für ein sicheres Auffangen zu sorgen. Das klappte leider nicht immer …
Trotz schweisstreibender, akrobatischer Einlagen der Fänger landete nämlich – zum grossen Gelächter des Publikums – das Ei gelegentlich auf dem Teerboden. Da der Spass und der Klamauk im Vordergrund standen, spielte das alles keine Rolle. Für die zahlreichen Eier, die das Spektakel überlebt hatten, gab es dennoch kein Happy End: Sie landeten als Abrundung des Events in der Mehrzweckhalle zur Verköstigung in einer Bratpfanne.
Sander van Riemsdijk
Seltisberg
Variantenreiche Accessoires
Gut 200 Leute versammelten sich am Sonntag in Seltisberg, um dem Eierläset-Brauch zu frönen. Denn in Seltisberg hat er Tradition und besteht bereits seit Jahrzehnten. Der erste Schauplatz, an den sich die Älteren heute noch erinnern, war beim Restaurant Schützen. Später gab es beim Schulhaus spannende Quervergleiche und auch schon den einen oder anderen «Eiertätsch». Unterdessen hat man auf dem Parkplatz vor der Mehrzweckhalle einen geeigneten Austragungsort gefunden.
Mit dem Marsch «San Carlo» bot der Musikverein Seltisberg heuer einen flotten Einstieg in diesen fröhlichen Nachmittag. Jung und Alt genossen den spielerischen Wettkampf, bei dem gruppenweise versucht wird, rohe Eier von A nach B zu tragen und sie dann den Fängern so zuzuschicken, dass diese sie auffangen.
Der Brauch kennt in jedem Dorf die eine oder andere originelle Anekdote. In Seltisberg etwa war am Eierläset einige Jahre lang jeweils jemand mit einer «Säublootere» unterwegs, um vorwitzige Leute zurückzubinden. Er war für alle der «Säublootere-Max». Und seinerzeit gab es auch einen bis über beide Ohren verliebten Läufer, dessen Angebetete in Lupsingen wohnte. Wann das genau war, ist nicht mehr zu eruieren. Besagter Mann soll auf alle Fälle direkt vom Startpunkt im gestreckten Galopp nach Lupsingen «durchgebrannt» sein. Sein Ei brachte er nicht mehr zurück. Und wenn die Legende stimmt, «ward er fortan in Seltisberg nie mehr gesehen».
Im Zentrum des Eierläsets von Seltisberg steht heute der Turnverein. Dessen Mitglieder der Sektionen Turnverein-Riege, Jugendriege und Mädchenriege stellten alle Gruppen, die sich rennend um rohe Eier kümmerten. In den Ablauf integriert waren diverse Accessoires, die bei den wie in einem Parallelslalom angeordneten Läufen da und dort eingesetzt wurden. In den Vorläufen kamen Sackhüpfen, Rennen mit von einer Skibrille verdeckten Augen und gecoacht von einem zweiten Läufer, Roll-Spektakel auf Bürostühlen, Eiwürfe mit Publikumsbeteiligung oder auch mit Lacrosse-Schlägern und anderes mehr zum Zug.
Im zweiten Durchgang wurden zu allgemeinem Gaudium Läufe mit Skiern, Unihockeystöcken und BobbyCars zurückgelegt – jedes Mal wurde ein rohes Ei mitgeführt. Als Fänger standen mit Tanner und Rächer zwei echte Cracks vom «Ärdbeerihüügel» im Einsatz. Mit ihren wunderbaren, mit Spreu gepolsterten Zainen holten sie einen Grossteil der Eier sicher an Bord. Und wenn da und dort einmal ein Ei daneben landete, tat das der Freude der sportlichen Jungmannschaft keinen Abbruch. Bis zum Umfallen wurde gefightet, auch im kleinen Final, bei dem einzelne besonders ausdauernde Aktive mit dem rohen Ei bis zum Dorfbrunnen und zurück zu rasen hatten.
Die Wettkämpfe wurden durch den Musikverein stimmungsvoll umrahmt. Etwa mit «Apache», dem Top-Hit aus den 1960er-Jahren, und dem Italo-Gassenhauer «Quando, Quando, Quando». Am Schluss herrschte überall Zufriedenheit. Die Pflege der Gemeinschaft und der Geselligkeit war für einmal wichtiger, als Trophäen zu hamstern.
Lukas Müller