Paul Aenishänslin

Am 28. Februar hat die Volkswirtschafts- und Gesundheitsdirektion des Kantons Baselland einen Fund von toten Wildvögeln vermeldet. Zwei Tiere waren in Birsfelden beim Kraftwerk aufgefunden worden, beide waren mit der Vogelgrippe angesteckt (die «Volksstimme» berichtete). Gleichzeitig hat der Kanton die schweizweit geltenden Massnahmen des Bundes vom November 2022 gegen die Ausbreitung der Vogelgrippe in Erinnerung gerufen, die vorläufig bis zum 15. März in Kraft sind. Im Zentrum steht dabei das Bestreben, den Kontakt zwischen Wildvögeln und Hausgeflügel zu verhindern, um ein Übergreifen des Virus auf die Nutztiere zu verhindern.

Das bedeutet unter anderem, dass sich Hausgeflügel weiterhin nur in einem von Wildvögeln geschützten Bereich aufhalten darf. Die Frage stellt sich nun, ob der Bund diese Schutzmassnahmen verlängern wird.

Die «Volksstimme» hat Produzenten von Hühnereiern befragt, wie sie die Situation bezüglich der Gefahr von Vogelgrippe in ihrem eigenen Betrieb einschätzen, darunter Martin Degen vom Hof Habsen in Eptingen, der 8500 Legehennen hält. Seine Hühner verbringen die Nacht im Stall, haben aber am Tag Zugang zum mit Netzen geschützten Wintergarten. Hingegen bleibt ihnen der Ausgang auf die Weide wegen der Anordnungen des Bundes verwehrt. Würden diese Schutzmassnahmen gegen die Vogelgrippe bis zum Sommer verlängert, könnte sich für die Vermarktung der Eier dieses Betriebs ein Problem stellen, da diese vom Abnehmer – einem Grossverteiler – ausdrücklich als «Freilandeier» verkauft werden, die einen höheren Preis erzielen.

Das Vogelgrippe-Virus ist hochansteckend. Würde der Fall auftreten, dass trotz aller in Kraft stehender Sicherheitsmassnahmen – wie Kleider- und Stiefelwechseln beim Betreten des Stalls –, ein Huhn mit Vogelgrippe angesteckt wird und stirbt, dann müsste der ganze Bestand von 8500 Legehennen «gekeult», also getötet werden. Der Schaden wäre trotz bestehender Epidemieversicherung des Kantons gross, bräuchte es doch zuerst eine totale Desinfizierung des Stalls und des Wintergartens und danach mehrere Kontrollen, bevor ein neuer Bestand von Legehennen aufgebaut werden könnte. Dies würde Monate in Anspruch nehmen.

Einschränkungen möglich
Degen sieht kein Problem bezüglich der Einhaltung der geltenden Schutzmassnahmen bei den Grossproduzenten von Eiern mit Tausenden von Legehennen, die behördlich mehrfach im Jahr kontrolliert werden. Seine Sorge ist, dass private Halter von wenigen Hühnern ihrem Federvieh weiterhin den Auslauf ins Freie aus dem engen Stall gewähren – trotz gegenteiliger Vorschriften.

Dadurch bestehe die Gefahr, dass ein Haushuhn durch einen Wildvogel infiziert werden könnte, mit Folgen auch für grosse kommerzielle Hühnerhalter. Denn trete ein Fall auf, gebe es weitere Einschränkungen für alle Betriebe in der näheren Umgebung. Degen wirft daher die Frage auf, ob es genügend behördliche Kontrollen bei Hobby-Hühnerhaltern gibt.

Biobauer Dieter Weber vom Hof Obere Wanne in Liestal, den er in 7. Generation bewirtschaftet, hält diese Gefahr für etwas weniger ausgeprägt. Die Sorge wegen der Vogelgrippe ist dennoch gross: Er hält in einem vergleichsweise grossen Stall nur noch 380 Legehennen statt deren 2000 wie noch vor zwei Jahren.

Diese Hennen haben Tag und Nacht Ausgang in einen vor Wildvögeln geschützten Wintergarten. Platz gibt es also genug, was den Tieren momentan aber fehlt, ist der Ausgang auf die Weide. Dort finden sie Regenwürmer als «Dessert», wie Weber sagt, was im Stall und im Wintergarten nicht der Fall sei. Würde trotz aller Sicherheitsmassnahmen ein Fall von Vogelgrippe in seinem Bestand von Legehennen auftreten, dann müssten alle Hühner geschlachtet werden. Da er über keine Epidemieversicherung mehr verfüge, würden alle nachfolgenden Kosten an ihm hängen bleiben, um einen neuen Bestand an Legehennen aufzubauen, sagt er. Der Schaden wäre gross.

Ein weiterer befragter Geflügelhalter ist Jörg Rieder, der in Rothenfluh zweimal 9000 Legehennen hält, also ein Grossproduzent von Eiern ist. In seinem modernen Betrieb verbringen die Hühner die Nacht im grossen Stall, tagsüber dürfen sie ebenfalls in einen geschützten Wintergarten. Der Auslauf auf die Weide bleibt ihnen verwehrt.

Rieder ist wie Degen der Meinung, dass Hobbyhalter, die ihren Hühnern trotz behördlichen Verbots den Gang ins Freie erlauben, potenziell ein grosses Problem darstellen könnten. Würde eines ihrer Hühner im Freien von einem Wildvogel mit Vogelgrippe infiziert, würden alle Eierproduzenten in einem Umkreis von 3 Kilometern mit einem Vermarktungsverbot belegt, was für einen Betrieb wie «Rieder Eier» einen grossen Verlust bedeuten könnte. Ein solcher Fall würde voraussichtlich Haftungsfragen nach sich ziehen. Auch Rieder setzt sich deshalb für stärkere Kontrollen bei Hobbyhaltern ein.

Laut Auskunft des Baselbieter Veterinäramts gibt es bei Hobby-Geflügelhaltern keine systematischen Kontrollen auf Einhaltung der Schutzmassnahmen. Eingeschritten werde nur dann, wenn es Anzeigen wegen Nichteinhaltung der Schutzmassnahmen gebe. In aller Regel führe eine Intervention bei fehlbaren Hobby-Hühnerhaltern rasch zu den notwendigen Anpassungen.

Grosser Geflügelbestand
Wie es bei der Volkswirtschafts- und Gesundheitsdirektion heisst, werden im Baselbiet von 455 Betrieben nicht weniger als 208 000 Stück Nutzgeflügel gehalten. Der Bestand bei Hobby-Geflügelhaltern macht nur etwa 2 Prozent aus. Für den Menschen stellt die Vogelgrippe keine unmittelbare Gefahr dar, einen engen körperlichen Kontakt mit einem infizierten Tier ausgenommen.

Fazit: Die Vogelgrippe hat bisher noch zu keinen Opfern bei den Beständen von Geflügel in kommerziellen Betrieben und kleineren Haltungen in unserem Kanton geführt – wohl auch dank der noch bis zum 15. März bestehenden Schutzmassnahmen. Die Frage stellt sich nun, ob diese vom Bund weiter verlängert werden und das Geflügel für weitere Wochen mit «Stubenarrest» belegt wird.

Das Virus grassiert fast weltweit

sda. Die Vogelgrippe bereitet fast weltweit Sorgen. Wissenschaftler halten eine Ausbreitung des Virus H5N1 auch auf die letzten bisher noch nie betroffenen Kontinente Antarktis und Australien für möglich, wie Experten im Februar während eines internationalen Pressegesprächs sagten.
Australien sei zwar bislang von dem H5N1-Virus verschont geblieben, auch weil die Wildvögel, die so weit reisten, bisher normalerweise nicht infiziert worden seien. «Aber wir müssen all das jetzt überdenken, weil dieses Virus die Fähigkeit zu haben scheint, praktisch jede Vogelpopulation zu infizieren», sagte ein Virologe der britischen Tiergesundheitsbehörde. Es handle sich um eine neue Dimension.
Der Virologe Martin Beer vom deutschen Friedrich-Loeffler-Institut (FLI) bei Greifswald sagte am gleichen Anlass: «Die Vogelgrippe erreicht Regionen, in denen diese Art des Virus bisher niemals gewesen ist.» Auch wegen der hohen Variabilität des Erregers und der Möglichkeit eines Überspringens auf Arten, die keine Vögel sind, handle es sich um eine «sehr dynamische Situation».
Ursula Höfle, Veterinärin an der spanischen Universität Kastilien-La Mancha, sagte am Pressegespräch: «Wir haben so viele Überraschungen mit diesem Virus erlebt.» Es betreffe auch Arten, die vorher nicht betroffen gewesen seien – darunter auch ohnehin sehr gefährdete. Das Virus habe ganze Vogelkolonien ausgelöscht. «Wir erwarten einen grossen Effekt auf die Artenvielfalt.» Neben dem Risiko eines Überspringens auf den Menschen und möglichen Ansteckungen zwischen Säugetieren sei das für sie eines der Hauptprobleme. Es waren unter anderem auch Seelöwen in Peru und weitere Säugetierarten wie Waschbären, Füchse, Bären und Marder betroffen. Ein Ausbruch auf einer Nerzfarm in Spanien beunruhigt Experten besonders, weil der Erreger dort womöglich von Säugetier auf Säugetier übertragen wurde. Das wäre ein Hinweis darauf, dass sich H5N1 an Säugetiere anpasst und dadurch irgendwann auch dem Menschen gefährlicher werden könnte.
Die Schutzmassnahmen in der Schweiz gelten seit November, nachdem das Virus in einem Betrieb bei Winterthur nachgewiesen wurde. Seither wurden aus mehreren Schweizer Regionen Ansteckungen gemeldet. Das Risiko, dass weiterhin Fälle von Vogelgrippe in der Schweiz auftreten, bleibt nach Angaben des Bundesamts für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen (BLV) so lange hoch, bis die wild lebenden Wasservögel ihre Winterquartiere in der Schweiz verlassen haben – was nun allerdings bald der Fall sein dürfte.

Wie lange noch «Stubenarrest»?

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