«Wir hoffen auf ein kleines Wunder»
14.02.2023 Bezirk Sissach, WenslingenSolidaritätsanlass für Flüchtlingsfamilie
Noch hofft die tschetschenische Familie C. darauf, in der Schweiz bleiben zu dürfen. Doch die Zeit drängt, Ende Februar läuft die letzte Einsprachefrist ab. Helferinnen und Helfer organisierten einen Solidaritätsanlass, um das Unmögliche ...
Solidaritätsanlass für Flüchtlingsfamilie
Noch hofft die tschetschenische Familie C. darauf, in der Schweiz bleiben zu dürfen. Doch die Zeit drängt, Ende Februar läuft die letzte Einsprachefrist ab. Helferinnen und Helfer organisierten einen Solidaritätsanlass, um das Unmögliche möglich zu machen.
Brigitte Keller
Wunder können jeden Tag geschehen. An diese Redewendung klammern sich dieser Tage eine tschetschenische Flüchtlingsfamilie und ihre Unterstützer in Wenslingen. Seit sechseinhalb Jahren wohnt die Familie im Dorf und genauso lange hofft sie auf eine Aufenthaltsbewilligung. Langsam, aber sicher gehen ihr die Instanzen aus (die «Volksstimme» berichtete).
Unterstützung erhält das Paar mit Kindern im Alter von 6, 7 und 8 Jahren seit rund einem halben Jahr von Anna Basler. «Als ich im vergangenen Sommer von ihrem negativen Asylentscheid erfahren habe, hat mich das sehr berührt», sagt Basler. Seither stünde sie der Familie zur Seite.
Am vergangenen Samstag organisierte Basler zusammen mit zwei weiteren Unterstützern, Marianne Flury und Franz Goldschmidt, einen Solidaritätsanlass inklusive Speis und Trank. Die Dorfbevölkerung sollte die Gelegenheit haben, die Familie zu treffen und aus erster Hand die Hintergründe zu erfahren. Rund 30 Personen haben sich die Zeit genommen, den Einsatz der Helfenden mit ihrer Anwesenheit zu unterstützen. Unter anderen mit dabei waren auch Markus «Stocky» Stocker vom «Ochsen» Oltingen, Pfarrer Christian Bühler und Nationalrätin Florence Brenzikofer.
Die tschetschenische Flüchtlingsfamilie erzählte, mit der Hilfe einer Übersetzerin und eines Freundes, wie sie eine vom Vater zufällig beobachtete Hinrichtung zwang, Haus, Hof und Eltern zu verlassen. Wie die Familie innerhalb dreier Tage flüchten und dabei ständig befürchten musste, abgefangen zu werden. Die Anwesenden hörten, welchen Schikanen die hinterlassenen Familienmitglieder ausgesetzt sind. Der Vater von Herrn C. wurde gefoltert, dabei schwer verletzt und steht unter Hausarrest. Dies alles, um die Rückkehr seiner Angehörigen zu erzwingen. Die leisen Stimmen und hängenden Köpfe lassen die Verzweiflung greifbar werden.
Griff nach jedem Strohhalm
Am 28. Februar läuft die Einsprachefrist und damit die Zeit ab, dann droht endgültig die Abschiebung. Die Vorstellung, dass schon bald frühmorgens die Polizei die fünfköpfige Familie in Gewahrsam nehmen könnte, lässt die Involvierten nach jedem Strohhalm greifen. Als letzte Möglichkeit, einen Aufschub zu bekommen, wollen die Helferinnen und Helfer noch versuchen, bis Ende Monat ein «Gesuch für eine Härtefallregelung» zustande zu bringen.
«Was wird von uns erwartet, was kann die Bevölkerung tun?», fragte eine Anwesende stellvertretend für alle, die etwas tun wollen. Jede einzelne Person, die die Familie persönlich kenne, also Freunde, Bekannte, Lehrer, Betreuende, Arbeitgeber und Programmverantwortliche, sollen Referenz- respektive Unterstützungsschreiben senden, sagte Basler. Sie stehe weiterhin als Koordinatorin respektive Adressatin zur Verfügung.
Die Familie benötige möglichst viele solcher Fürsprachen. Insbesondere bräuchte es auch Zusagen für zukünftige Erwerbs- und Wohnmöglichkeiten. Einige Fürsprachen bekam die Familie gleich mündlich vor Ort. Beispielsweise von Markus Stocker. Er würde Frau C. sofort für das Restaurant Ochsen einstellen. Mehrere Personen lobten zudem das handwerkliche Geschick von Herrn C., das er bei gemeinnützigen Einsätzen am Naturschutztag oder beim Apfelpflücken bewiesen hätte. «Wir hoffen auf ein kleines Wunder», fasste Basler mit Blick auf die wenige verbleibende Zeit zusammen.
Eine Drittklässlerin ist mit gutem Beispiel vorangegangen. Sie hat eigenhändig Unterschriften bei den Schulkindern für eine Petition an Justizministerin Baume-Schneider gesammelt und ihr einen Brief mit der Bitte geschrieben, dass die Familie hierbleiben solle.
E-Mail-Adresse für alle, die Familie C. unterstützen wollen: nanabasler@hotmail.com