Kirsch

D Chatz het doch sage und schreibe s ganze Tällerli voll Kirschstängeli vom Kanapeetisch gfrässe. Überall verteilt ufgrisseni Silberpapyyrli und sii lyt uf em Ruggen und verdräiht d Auge. Stärnhagelvoll, aber allem Aaschyn aa gniesst siis no! Wie chan e Vych au numme so verfrässe sy? Und usetue chan I sii jo au nit, die chiem im Suff emänd nit mol meh bis in Schopf und verfriert. Sii sell mer numme nit der blau Gabbeh verchotze, süscht gits e Dunnerwätter!

Mit däm Schnee im Jänner und de Sparmassnahme wäg der Stromlucke han I au im Huus ständig chalti Füess gha. Dasch so wyt gange, dass I im Bett nümm ha chönnen yyschloofe, und do isch mer im Ligge plötzlig das alte Huusmittel vom Adlebärg-Ruedi in Sinn cho. I gsehn ehn no am Chuchitisch hocken ohni Soggen und mit ufeglitzte Hose, wien er sich d Füess und d Bei mit Kirsch yyrybbt. Das syg s bescht Rezäpt geg chalti Füess und geg Chrampfodere. Jetz ryyb er au no de Chüeh d Bei dermit y und neem drum d Fläsche grad mit usen in Stall. Im Hindergrund schüttlet d Tante Sophie der Chopf und blinzlet mir zue, dass sogar I chleine Bueb verstand, dass der Ruedi dä Kirsch im Stall sälber sufft!

Aso, das probier I jetz au emol us, und tatsächlig, mit Kirsch vo Reigetschwil funktionierts beschtens und d Füess wärde warm. Und e rächte Schluck hindedry hilft au no! S Leidige dra isch numme, s ganz Schloofzimmer stinkt wien en alte Schnaps-Chäller und I chum mer vor, as weeri scho hunderti und völlig us eren andere Zyt. Aber was sells? Die Dämpf vo under der Decki tische mi jedefalls süferli ab und langsam fall I in e wohlige Schlummer.

Mit em Gruch vom Kirsch träumts mer im Halbschloof vo de beide «Yysheilige», wo amme dehei an der Tür für d Winterhilf sy cho Spände sammle. Zwee dicki Brüedere mit scheppse Gsichter und schwere Zunge, wo numme häi chönne lalle, ass me se chuum verstande het. Vo dene hets gheisse, me heeb enen as Buschi in Kirsch tränkti Zuckerwürfeli ins Muul gsteckt statt Nuggi, dass sii schön schloofe dur e Taag und d Eltere nit stööre bym Schaffe. Aber das heb ene denn as Säugling ebe schwer uf s Hirni gschlagen und drum wohne die «Yysheilige» scho s Läbe lang in der Pfruent z Lieschtel.

I ha zwei gueti Fründ z Reigetschwil, wo uf ihrem Hof der beschti Kirsch vo der Wält brennen und ständig goldigi Plaggette derfür überchömme. «Dir füllet der Geischt vom Baselbiet in Fläschen ab», sääg I immer. Aber chan I dene Meischterbrenner je gestoo, dass I mer hüt wäg der Chölti so ignorant nach Art vom Adlebärg-Ruedi d Füess mit ihrem pryyskrönten Edelbrand yygriibe ha? Die jage mi dänk mit Schimpf und Schand ab em Hof, wenn I s neggschtmol uf d Nieschtelen uf Bsuech gang.

Übrigens, d Chatz het znacht im Chnorz denn nit numme der blaui Gabbeh, sondern au der roti Perser verchotzt. Dä Gruch wünschisch nit dym schlimmschte Find! Öppis cha nümm stimme mit der Wält, wenn jetz scho d Vycher föngen afo suffe!

Florian Schneider wurde 1959 geboren und stammt aus Reigoldswil. Er ist Sänger, Schauspieler und Liederschreiber und lebt mit Tochter Mina in Eptingen.

MUNDART

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