AUSGEFRAGT | RAPHAEL KISSLING, LUFTSEILBAHN REIGOLDSWIL-WASSERFALLEN
17.02.2023 Bezirk Waldenburg, Gesellschaft«Schnee ist toll, aber nicht entscheidend»
Der schneearme Winter macht den Skiorten zu schaffen. Die Luftseilbahn Reigoldswil-Wasserfallen verliert mit dem Schnee eine ihrer Attraktionen: die Talfahrt mit dem Schlitten. Sie kann es verkraften. Wichtiger als Schnee sind ...
«Schnee ist toll, aber nicht entscheidend»
Der schneearme Winter macht den Skiorten zu schaffen. Die Luftseilbahn Reigoldswil-Wasserfallen verliert mit dem Schnee eine ihrer Attraktionen: die Talfahrt mit dem Schlitten. Sie kann es verkraften. Wichtiger als Schnee sind sonnige Tage.
Christian Horisberger
Herr Kissling, auf der Website der Luftseilbahn ist eine Gondel bei prächtigem Sommerwetter zu sehen. Nicht etwa ein schlittelnder Knabe oder eine Langläuferin oder eine Gruppe auf Schneeschuhen. Hat Ihr Webmaster geschlafen?
Raphael Kissling: Gar nicht. Wir sind beim Anpassen unserer Website sehr spontan. Liegt Schnee und kann geschlittelt werden, laden wir die entsprechenden Fotos hoch. Wenn er geschmolzen ist, nehmen wir sie wieder herunter. Wir wollen keine falschen Hoffnungen wecken.
Konnte diese Saison denn schon geschlittelt werden?
Im Dezember war die Schlittelpiste einmal bis zur Talstation in Betrieb. Im Januar hatte es immerhin auf dem Berg einmal genug Schnee, um dort zu schlitteln oder eine Schneeschuhwanderung zu machen. Für die Talfahrt reichte es aber nicht.
Und aktuell? Zu Tal auf dem Trotti?
Nein. Vereinzelte, schattige Stellen der Abfahrt sind noch vereist oder schneebedeckt. Es wäre zu gefährlich, sie für Trottinetts freizugeben.
Sehnen Sie sich im Winter jeweils nach Schnee?
Es ist toll, wenn Schnee liegt, insbesondere, wenn die Schlittelpiste offen ist. Das bringt der Luftseilbahn viele Fahrgäste. Aber er ist für das Geschäft insgesamt nicht entscheidend.
Sondern?
Viel wichtiger als Schnee oder nicht Schnee ist schönes Wetter. Ist es wie diesen Januar grau, drückt das auf die Stimmung der Menschen, sie gehen nicht gerne hinaus. Sobald die Sonne herauskommt, ändert sich das, davon profitieren wir dann – besonders, wenn das Wetter an den Wochenenden gut ist. An sonnigen Wochenenden nach Schlechtwetterperioden verzeichnen wir besonders hohe Besucherzahlen.
Dann dürfte der Ansturm am vergangenen Wochenende gross gewesen sein …
Wir hatten tatsächlich sehr viele Besucherinnen und Besucher – obwohl man weder schlitteln noch Trottinett fahren konnte.
Wenn spezielle Winterangebote nicht von Bedeutung sind – warum organisieren Sie dann beispielsweise Schneeschuhwanderungen? Den Aufwand könnte man sich aufgrund der immer schneeärmeren Winter doch sparen.
Der Aufwand für Angebote wie diese ist nicht riesig und er ist es uns wert. Wenn es in der Region schon einmal Schnee gibt, sollen die Leute ihn auch hier geniessen können und zum Schlitteln oder Schneewandern nicht in die Alpen fahren müssen.
Welches sind für die Bahn die umsatzstärksten Monate?
Sieht man von Wetterkapriolen ab, ist es der Herbst, wenn es nicht mehr so heiss ist und die Leute wandern gehen. 70 bis 80 Prozent unserer Fahrgäste im Herbst sind Wanderer. Die stärksten Monate sind somit der August, der September, und je nachdem auch noch der Oktober. Ist der Frühling warm, verzeichnen wir auch im April gute Besucherzahlen. Immer stärker wird der Juni, wenn die meisten Schulklassen auf die Schulreise gehen. Spielt das Wetter einigermassen mit, kommt der Juni fast an den September heran. Wir profitieren hier von einem günstigen SBB-Billett für Schulklassen.
Ist der Fahrpreis für die Luftseilbahn in diesem Billett inbegriffen?
Nein, aber durch das günstige Billett kommen die Schulklassen auch von weiter her.
Woher stammen die Fahrgäste mehrheitlich?
Der grösste Teil aus der Nordwestschweiz, viele von ennet dem Berg. Wir registrieren auch viele Elsässer und Deutsche, das merkt man besonders an den deutschen und französischen Feiertagen.
Promoten Sie die Bahn denn im Elsässer und im süddeutschen Raum?
Nein, doch wir haben beispielsweise immer wieder Gruppen von Firmenausflügen bei uns. Deren ausländische Angestellte lernen die Bahn so kennen.
Ein Naturpark Baselbiet könnte ein nützliches Marketing-Instrument für Ihre Luftseilbahn sein. Wie stehen Sie dazu?
Mit Blick auf den Naturpark Thal denke ich persönlich, dass so ein Label ein gutes Werbeinstrument für eine Region sein kann. Eine Anfrage des Trägervereins, ob sich die Luftseilbahn Reigoldswil-Wasserfallen daran beteiligen wird, ist bei uns hängig. Unser Stiftungsrat wird an seiner nächsten Sitzung darüber entscheiden.
Wo steht die Bahn wirtschaftlich?
Wir sind ein gesundes Unternehmen und schreiben seit mehreren Jahren stets schwarze Zahlen – mit Ausnahme des Corona-Jahrs 2020 mit einer zehnwöchigen Zwangspause. Den Verlust in jenem Jahr konnten wir im Folgejahr aber schon wettmachen – mit einem neuen Rekord: 2021 verzeichnete die Bahn total 137 000 Fahrten. Damit wurde die Bestmarke von 2010, dem Eröffnungsjahr des Seilparks, um 2000 Fahrten übertroffen. 2022 verzeichneten wir 124 000 Fahrten – ein durchschnittliches, gutes Jahr, zurück in der Normalität.
Das Freizeitangebot ist gross, eine Daueraufgabe. Wie werben Sie für die Bahn?
Wir wählen jeweils eine bestimmte Region aus, in der wir verstärkt aktiv werden. Grosses Potenzial sehen wir beispielsweise in den Kantonen Aargau und Solothurn. Unsere Bahn ist zwar nah, aber viele Leute kennen sie nicht. Dieses Jahr ist unter anderem ein Auftritt der Wasserfallenbahn an der Herbstmesse Solothurn (Heso) geplant – gemeinsam mit Baselland Tourismus.
Sind im Umfeld der Bahn neue Attraktionen in Vorbereitung?
Die jüngste ist der im Herbst 2021 eröffnete Spielplatz auf der Wasserfallen. Weitere sind in naher Zukunft nicht vorgesehen. Stattdessen bemühen wir uns, dass die bestehenden Leistungen in hoher Qualität angeboten werden, damit die Gäste zufrieden sind und uns weiterempfehlen.
Nicht die beste Empfehlung dürfte der lange Fussmarsch von einem Nebenparkplatz zur Talstation sein. Der Parkplatz bei der Luftseilbahn ist viel zu klein. Wird sich daran etwas ändern?
An schönen Wochenenden reicht der Parkplatz nicht aus, ja. Wir würden ihn gerne erweitern, aber das angrenzende Land gehört uns leider nicht. Deshalb lassen wir die Fahrgäste, die im Auto nach Reigoldswil kommen, an publikumsintensiven Tagen von einem Parkdienst auf mehrere Parkplätze im Dorf mit insgesamt 450 Abstellplätzen verteilen. Das System bewährt sich und wird von der Gemeinde mitgetragen. Grundsätzlich empfiehlt es sich, an schönen Tagen mit dem öV anzureisen. Die Anreise ist entspannter und der Fussmarsch zur Talstation kürzer als von den meisten Parkplätzen im Dorf.
Ist es auch schon vorgekommen, dass die Parkplätze nicht ausreichten?
Ja, ich erinnere mich an den Januar 2021, als bis ins Tal geschlittelt werden konnte. Da kam gefühlt halb Basel nach Reigoldswil. Da musste unser Parkdienst tatsächlich Leute wegschicken. Das ist aber eine absolute Ausnahme.