Begegnen, bewegen, gewinnen
20.01.2023 Bezirk Sissach, OrmalingenJung und Alt lernen voneinander
Zweitklässler aus der Primarschule Buus-Maisprach haben sich zum gemeinsamen Bewegen mit Bewohnerinnen und Bewohnern des Zentrums Ergolz getroffen. Bei Spiel und Spass gewinnen beide Seiten.
Brigitte Keller
Ein kleines bisschen ...
Jung und Alt lernen voneinander
Zweitklässler aus der Primarschule Buus-Maisprach haben sich zum gemeinsamen Bewegen mit Bewohnerinnen und Bewohnern des Zentrums Ergolz getroffen. Bei Spiel und Spass gewinnen beide Seiten.
Brigitte Keller
Ein kleines bisschen aufgeregt sind die elf versammelten Bewohnerinnen und Bewohner des Zentrums Ergolz schon, die sich an diesem Tag bereit gemacht haben für das Turnen. Das ist verständlich, denn es ist für einmal ganz und gar nicht so wie sonst. Denn erstens findet das Turnen in der grossen Turnhalle statt und zweitens wird eine ganze Schar Kinder dazustossen. Da darf man schon etwas nervös sein, auch noch mit 80 Jahren.
Aber zunächst geht es zu Fuss oder auch per Rollstuhl zur nahe gelegenen Turnhalle der Schule Ormalingen. Dort hat das Ergolz-Aktivierungsteam eine Halle für den besonderen Anlass reserviert. Die Zweitklässler aus Buus-Maisprach sind – zusammen mit ihrer Lehrerin Raffaela Canonica sowie Förderlehrerin Beatrice Buser – bereits eingetroffen und stärken sich unter dem Vordach noch mit einem Znüni.
Gewinn für beide Seiten
Das Zusammentreffen der Generationen ist ein gemeinsames Projekt. Der Impuls dazu stammt von der Primarschule Buus-Maisprach und der Projektname lautet «Lernen mit Jung und Alt». Die Idee dahinter ist, dass durch das Zusammentreffen von Jung und Alt mit Bewegung, Spiel und Spass beide Seiten gewinnen können. Sich zu bewegen ist gesundheitsfördernd, und das Begegnen trägt zum gegenseitigen Verständnis bei, denn im Alltag ist es nicht mehr so selbstverständlich wie früher, dass Kinder und Senioren regelmässig aufeinandertreffen.
Das Zentrum Ergolz erhielt die Anfrage, beim Projekt mitzumachen, im vergangenen Sommer. Die Idee stiess auf offene Ohren, denn die dortige Leitung und deren Aktivierungsteam rund um Renate Meier legen sehr viel wert auf ein möglichst vielfältiges Angebot an Aktivitäten für die Bewohnerinnen und Bewohner. Nicht jedes Alters- und Pflegeheim ist jedoch in der Lage, solche aussergewöhnlichen Anlässe ins Programm aufzunehmen. Denn bis so etwas auf die Beine gestellt ist, braucht es einiges an Vorbereitung und ausreichend personelle Ressourcen.
In der Turnhalle strömen die Kinder, 18 an der Zahl, gerade herein und postieren sich zwischen den gespannt wartenden Seniorinnen und Senioren. Zur Begrüssung singen die Kinder das eigens einstudierte «Lied über mich», bei dem die Kinder viele Gesten einbauen. Die älteren Herrschaften machen viele der Bewegungen sogleich unaufgefordert mit. Ein Vorgeschmack auf das, was in den nächsten 75 Minuten folgen wird.
«Magische Fähigkeiten»
Direkt im Anschluss gibt es ein Begrüssungsritual. Die Kinder gehen ringsum und begrüssen die Seniorinnen und Senioren auf spielerische und für diese ungewohnte Art und Weise: erst noch etwas scheu Fuss an Fuss, dann schon etwas näher mittels Knie an Knie und Ellbogen an Ellbogen und schliesslich schon vertrauter mit kleinem Finger an kleinem Finger.
Danach geht es Schlag auf Schlag. Unter den Anleitungen der beiden Aktivierungsfachfrauen Sibylle Bruttel und Evelyne Binz folgt Spielrunde auf Spielrunde. Kleine weiche Stoffbälle kommen ebenso zum Einsatz wie farbige Jongliertücher. Und es gibt auch eine Geschichte, während der bei zuvor vereinbarten Wörtern mit den Füssen gestampft, in die Hände geklatscht oder eine andere Bewegung ausgeführt wird. Bei Jung und Alt sind Geist und Körper gefordert, Phantasie und Spontaneität gefragt.
Im besten Fall geht dabei auch das eine oder andere schmerzende Körperteil bei den älteren Teilnehmenden für eine gute Stunde vergessen oder rückt zumindest in den Hintergrund. Bewegungen, die im Alltag nicht mehr machbar zu sein scheinen, werden plötzlich wieder möglich, wie die Betreuenden immer wieder erfreut feststellen können. «Kinder wie auch Tiere haben solche magischen Fähigkeiten.»
Lehrerin Raffaela Canonica freut sich ebenfalls: «Es ist toll zu sehen, wie die Berührungsängste während der Turnstunde immer mehr verschwinden. Die Kinder gehen mit Mut auf die Seniorinnen und Senioren zu und umgekehrt wird plötzlich gelacht und gesprochen.» Der Elan der Kinder motiviere zu mehr Bewegung, und die Kinder lernen gleichzeitig, sich zu regulieren und auf die Fähigkeiten der älteren Generation einzulassen. «Es ist schön, dass es heutzutage nicht mehr so starr und streng zu und her geht und solche unkomplizierten Anlässe möglich sind», freut sich Senior Peter Kern. Und «herzerfrischend» fand Willi Weber den Vormittag und gar «verborgene Schätze hervorzaubernd». Er fragt, wohl nicht ganz ernst gemeint, ob es das jetzt jede Woche geben werde.
Zwei weitere Aktivitäten im Rahmen des Projekts «Lernen mit Jung und Alt» folgen immerhin noch bis Anfang Februar: Die Viertklässler werden die Seniorinnen und Senioren einen Vormittag mit Valerian, dem Sozialhund, besuchen und mit den Fünftklässlern wird es einen Spielvormittag geben. Dann ist das laufende Schulsemester vorbei, doch schon im folgenden Halbjahr geht es weiter. So sind Gegenbesuche geplant, das heisst, Bewohnerinnen und Bewohner des Zentrums Ergolz werden sich auf Besuch in die Schule Buus-Maisprach begeben.