Liesberg | Adrian Odermatt liebt das Schwingen und träumt von einem Kranzfestsieg

Als momentan erfolgreichster Baselbieter Schwinger hat Adrian Odermatt den Baselbieter Sportpreis gewonnen. Den Schwingklub wechseln möchte der Liesberger nicht. Vielleicht aber seinen Wohnort. Im Gespräch sagt er, warum er zum Schwingen kam.

Luana Güntert

Herr Odermatt, Ihr Kranzgewinn und Schlussrang 3 am Eidgenössischen Schwing- und Älplerfest (Esaf) in Pratteln war der bislang grösste Erfolg Ihrer Karriere. Vorab wurden Sie nicht als Favorit gehandelt. Wie gingen Sie mit der Aussenseiterrolle um? Adrian Odermatt: Dass ich nicht als Favorit in die Kämpfe ging, hat mich gar nicht gestört. Es war mir sogar lieber so. So hatten die anderen Schwinger mehr Aufmerksamkeit und ich konnte mich auf mich selbst konzentrieren.

Welches Ziel hatten Sie sich für das Esaf gesetzt?
Dass ich einen Kranz hole. Ich habe lange darauf hingearbeitet und das war mein grosses Ziel.

Nach den ersten vier Gängen am Samstag führten Sie die Rangliste mit dem Maximum von 40 Punkten an. Wie stark hat Sie das für den Sonntag unter Druck gesetzt?
Eigentlich gar nicht, es war ein tolles Gefühl. Die vier gewonnenen Kämpfe haben mir sogar Druck genommen für den zweiten Tag. Wenn man den Punkten «hindenoche seckle» muss, gibt es erst Druck.

Seit Ihrem Erfolg sind Sie in der Öffentlichkeit bekannt und regelmässig in den Medien. Haben Sie auch schon negative Erfahrungen damit gemacht?
Nein, gar nicht. Ich sehe das positiv. Es ist schön, wenn sich die Leute für mich interessieren. Besonders, weil ich ein Baselbieter Schwinger bin und der Sport in unserer Region immer mehr aufkommt. Auch für Sponsoren ist eine mediale Aufmerksamkeit natürlich lukrativ und ich spüre in diesem Bereich ein grösseres Interesse. Ich glaube aber, dass es dazugehört, dass irgendwann einmal jemand einen «Säich» über mich schreibt. Über solche Sachen muss man hinwegsehen können.

Sie haben 2019 als 18-Jähriger schon am Esaf in Zug teilgenommen. Was war für Sie in Pratteln anders – abgesehen vom Resultat?
Mein Anfahrtsweg nach Pratteln war viel kürzer und aufgrund der Nähe waren viele Fans vor Ort. In Zug war das anders, und ich war auch noch sehr jung. Diese Erfahrung war aber sehr wertvoll, da ich nun drei Jahre später gewusst habe, was auf mich zukommt und ich mich darauf einstellen konnte.

Gemeinsam mit Lars Voggensperger, der am Esaf auch einen Kranz geholt hat, trainieren Sie im Schwingclub Binningen. Spüren Sie seit dem Esaf einen Aufschwung in Ihrem Verein?
Bei den Aktiven merkt man davon nicht viel. Wir konnten jedoch viele neue Jungschwinger gewinnen. Das ist wichtig und eine positive Entwicklung, denn in zehn Jahren möchte man ja auch noch mit jemandem trainieren können.

Welches langfristige Ziel verfolgen Sie im Schwingsport?
Ich möchte mich stetig verbessern. Irgendwann ein Kranzfest zu gewinnen, wäre schön. Danach würde ich Schritt für Schritt weiterschauen. Ich bin nicht der Typ, der sich grosse Ziele setzt und rumposaunt, dass er fünfmal Schwingerkönig werden möchte. Aber klar, Träume habe ich auch.

Bleiben Sie beim Schwingclub Binningen? In einem Klub im Bernbiet oder Entlebuch hätten Sie mehr und erfahrenere Trainingspartner.
Im Schwingsport wechselt man den Klub eigentlich nicht, anders als im Fussball, wo Sportler abgeworben werden. Bei uns ist ein Klubwechsel eher eine Ausnahme, wenn man zum Beispiel den Wohnort wechselt.

Sie haben in der Verwandtschaft einige Schwinger: Der Cousin Ihres Vaters, Ruedi Odermatt, ist sogar zweifacher «Eidgenosse». War das für Sie der Grund, als Kind dem Schwingclub Binningen beizutreten?
Das war sicher ein Grund, aber nicht nur. Ich war früher in der Schule nicht der einfachste Schüler und teilweise zu laut. Als Siebenjähriger haben mir meine Eltern empfohlen, das Schwingen auszuprobieren. Es hat mir von Anfang an Spass gemacht. Dort konnte ich meine Energie nutzen und es machte mehr Sinn, wenn ich jemanden im Schwingkeller auf den Rücken legte als in der Schule (lacht).

Was gefällt Ihnen am Schwingen?
Das sagen wahrscheinlich alle Schwinger, aber mir gefällt der Zweikampf Mann gegen Mann. Es ist zwar ein Kampfsport, man hat aber auch viel Respekt gegenüber den Gegnern.

Sie waren bis vor Kurzem noch im Spitzensport-WK in Magglingen.
Wie können Sie von dieser Möglichkeit profitieren?
Im Winter 2021 habe ich in Isone noch die normale Rekrutenschule absolviert. Seit vergangenem Dezember bin ich nun im Spitzensport-WK eingeteilt. Wir sind eine Gruppe von Schwingern und davon kann ich extrem profitieren. Ich kann an meiner Technik feilen und wir haben optimale Trainingsbedingungen für muskuläre Übungen. Auch für die Erholung erhalten wir genügend Zeit. Die Sporteinheiten sind jedoch sehr intensiv. So bekommen wir die Möglichkeit, wie Profis zu trainieren und zu leben.

Die Schwingsaison ist jetzt vorbei. Wie können Sie während dieser Zeit Ihre Batterien aufladen?
Im Herbst direkt nach der Saison führen wir weniger und nur lockere Trainings durch. Der Winter ist aber eigentlich strenger als der Sommer, da wir dann mit der Aufbauphase beginnen. Da wir aber keine Schwingfeste haben, bleibt auch für anderes genügend Zeit. Gerne betätige ich mich im Winter auch polysportiv.

Gab es in Ihrer Karriere einen Schlüsselmoment, als Sie gemerkt haben, dass Schwingen mehr als nur ein Hobby werden könnte?
Im Schwingsport kommt dieser Moment eigentlich immer beim Eintritt in die Lehre. Dann muss man sich entscheiden, ob man den Sport nur zum Plausch ausübt und ein- oder zweimal pro Woche trainiert. Oder man entscheidet sich dafür, mehr Zeit fürs Schwingen zu investieren und so im Sport weiterzukommen. Damals wollte ich es versuchen und ich habe meine Entscheidung noch nie bereut.

Neben dem Sport arbeiten Sie im Gartenbau. Inwiefern beeinträchtigt die körperliche Arbeit Ihre sportliche Leistungsfähigkeit im Training?
Meine Tage sind sicherlich intensiv, ich habe mich aber daran gewöhnt. Zudem denke ich auch, dass die Arbeit auch ein Training sein und Verletzungen im Training vorbeugen kann, da der Körper bereits gut aufgewärmt ist.

Gewisse Stimmen kritisieren, dass sich das Esaf mit über 50 000 Zuschauern in der Arena zu einem überdimensionalen, kommerziellen Anlass entwickelt hat. Wie sehen Sie diese Entwicklung?
Mir gefällt sie, das «Eidgenössische» ist ein toller Anlass. Meiner Meinung nach wäre es schade und gar nicht möglich, das Fest kleiner zu gestalten.

Der Sieg von Joel Wicki gegen Matthias Aeschbacher im Esaf-Schlussgang wurde infrage gestellt, da gewisse Fans angeblich ein Loslassen von Aeschbachers Zwilchhose gesehen hätten. Denken Sie, dass ein Video-Schiedsrichter an einem Esaf helfen würde, solche Situationen zu verhindern?
Ich bin ganz klar gegen Video-Schiedsrichter. Das würde den ganzen Sport nur unfairer machen, da so ein System nur bei grossen Anlässen oder speziellen Plätzen machbar wäre. Bei vielen Gängen würde man wahrscheinlich Fehlentscheide entdecken, wenn man durch einen Video-Schiedsrichter alles analysieren würde. So etwas wäre viel zu teuer und zu aufwendig, deshalb akzeptiere ich Schiedsrichterentscheide.

Ende November haben Sie den Baselbieter Sportpreis gewonnen. Haben Sie diesen Sieg erwartet?
Nein, gar nicht. Es war eine riesige Ehre für mich, diesen Preis zu gewinnen. Toll war auch, dass der Preis einmal von einem Schwinger gewonnen werden konnte.

Was halten Sie von schwingenden Frauen?
Jede Frau sollte selber entscheiden, ob sie schwingen will oder nicht. Bei uns in der Trainingsgruppe haben wir auch eine Frau und ich habe gar kein Problem damit.

Sie sind in Liesberg aufgewachsen und wohnen nach wie vor zusammen mit der Familie auf einem Bauernhof. Sehen Sie Ihre Zukunft weiterhin im kleinen Dorf im Laufental?
Momentan möchte ich sicher noch in Liesberg bleiben, da ich mich hier sehr wohlfühle. Mein abgelegener Wohnort ist jedoch auch mit einem gewissen Aufwand verbunden, da ich jeweils nach Binningen, Muttenz oder Arlesheim ins Training fahren muss. Ich schliesse also nicht aus, dass ich irgendwann in die Nähe eines Schwingkellers ziehen werde. Geplant ist aber noch nichts.

Zur Person

lug. Adrian Odermatt ist 21 Jahre alt und gelernter Forstwart. Momentan arbeitet er in einem Gartenbau-Betrieb in Büsserach. Bei einer Körpergrösse von 193 Zentimetern bringt er 110 Kilogramm auf die Waage. Sein jüngerer Bruder Jonas Odermatt (18) ist auch Schwinger und trainiert ebenso beim Schwingclub Binningen. Am Esaf belegte er den Platz 30g.

«Mir gefällt der Zweikampf Mann gegen Mann»

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