«Familie hat oberste Priorität»
12.01.2023 Baselbiet, Sport, FussballIsaiah Okafor möchte bald aus dem Schatten seines Bruders treten
Vor einem Jahr wechselte Isaiah Okafor in die U19 von Bayer 04 Leverkusen. Der jüngste Okafor-Bruder möchte 2023 sein Bundesliga-Debüt geben. Mit der Familie in Arisdorf und seinen Brüdern im Ausland steht er täglich in ...
Isaiah Okafor möchte bald aus dem Schatten seines Bruders treten
Vor einem Jahr wechselte Isaiah Okafor in die U19 von Bayer 04 Leverkusen. Der jüngste Okafor-Bruder möchte 2023 sein Bundesliga-Debüt geben. Mit der Familie in Arisdorf und seinen Brüdern im Ausland steht er täglich in Kontakt – während sein Alltag im Rheinland streng getaktet ist.
Luana Güntert
Angefangen hat die sportliche Geschichte von Isaiah Okafor auf dem kleinen Gemeindesportplatz in Arisdorf. «Ich spielte als Kind nur etwa drei Wochen für den FC Arisdorf, dann wechselte ich zum FC Basel, wo auch mein Bruder Noah trainierte», sagt Isaiah Okafor. 2022 verliess der jüngere Bruder von Paderborn-Spieler Elijah und Nationalspieler Noah Okafor 16-jährig den FCB, um im Ausland Fuss zu fassen. Der heute 17-Jährige habe erkannt, dass er seinen Weg in der Schweiz nicht weitergehen kann. «Ich habe mich für Bayer 04 Leverkusen entschieden, da ich dort momentan sehr gut aufgehoben bin», sagt er. Zudem sehe er im Ausland die Chance, Profi zu werden, realistischer. In der U19 von Leverkusen werde ihm gezeigt, wie man sich weiterentwickelt und Profi werden kann.
Da Okafor noch minderjährig ist, konnte er nicht wie andere Spieler in eine «normale» eigene Wohnung ziehen. Er lebt in Leverkusen in einem Mehrfamilienhaus, in dem er im 3. Stock eine kleine 2-Zimmer-Wohnung hat. Im 2. Stock unter ihm lebt ein anderer junger Spieler und im unteren Teil des Hauses eine Familie, welche die zwei jungen Spieler betreut. «Es ist wie eine Art Gastfamilie. Ich kann bei ihnen zu Abend essen, kann jedoch auch selber kochen», sagt der Arisdörfer. Für den Haushalt in seinem Apartment ist er selbst zuständig. «Dadurch kann ich mich schneller zum Mann entwickeln und ich werde reifer», so Okafor. Es brauche aber schon Disziplin.
Zwischen zwei Berufen
«Die Anfangszeit in Deutschland war schwierig, ich hatte oft Heimweh», sagt der Oberbaselbieter. Als Familienmensch mit vier Geschwistern war er sich das Alleinsein nicht gewohnt, da zu Hause in Arisdorf immer etwas los war. Doch nun kann er gut damit umgehen und ist stolz darauf, diesen Weg gehen zu dürfen. Ganz alleine ist der Fussballer in Leverkusen jedoch nicht, da er in der Mannschaft und im Geschäft bereits Freunde gefunden hat. «Ich mache bei der Bayer-04-Leverkusen-Fussball-GmbH eine Ausbildung zum Sport- und Fitnesskaufmann.»
Bei der Ausbildung, die mit dem Schweizer «KV» zu vergleichen ist, wird er in verschiedenen Abteilungen eingesetzt und muss die Berufsschule besuchen. So arbeitet er beispielsweise für den Fanshop oder das Ticketing. Seine Arbeit kann er vor oder zwischen seinen Trainingseinheiten absolvieren. «Natürlich muss ich mich organisieren, aber ich muss sagen, dass alles sehr gut geplant ist und mir viel Last abgenommen wird», sagt Okafor. Den Schritt ins Ausland würde er heute immer noch genau so machen. «Der Verein macht viel für mich und bin sehr dankbar. Leverkusen hatte auch viel Geduld mit mir und hat mir Zeit gegeben, um anzukommen», sagt der 17-Jährige.
Aufgrund seiner Ausbildung hat Okafor nur wenig Freizeit. «Am Sonntag nach einem Spiel habe ich oft frei», sagt er. Diesen Tag nutzt er, um zu entspannen. Gerne zockt er dann online mit seinen Brüdern auf der Playstation oder telefoniert mit seinen Eltern. «Meine Familie hat oberste Priorität», sagt er. Es vergehe kein Tag, an dem er nicht Kontakt zu seinen Brüdern hat. Auch zu seinen Eltern pflegt er ein sehr gutes Verhältnis. «Sie reisen immer zwischen Salzburg, Paderborn und Leverkusen herum, um uns spielen zu sehen», sagt der U18-Nationalspieler. Mit seiner Schwester versteht er sich auch so gut, dass sie ihn während seiner Anfangszeit im Rheinland unterstützt und bei ihm gelebt hat.
Beim Namen Okafor denkt wohl fast jeder zuerst an Noah Okafor. Wie geht man als junger Spieler mit dieser Aussenseiterrolle um? «Es ist schön, dass Noah so erfolgreich ist», sagt der 17-Jährige. Trotzdem wolle er bald aus dem Schatten seines grossen Bruders treten und seine «eigene Geschichte schreiben» können. Den Erfolg seines Bruders sieht er als Motivation und das löst in ihm keinen Druck aus: «Er ist mein Vorbild. Ich kann ihn immer nach Tipps fragen.»
Karriere-Highlight im Dezember
Im defensiven Mittelfeld ist er seit der U15 zu Hause. Er könne jedoch auch in der Innenverteidigung eingesetzt werden, da sein Abwehrspiel sehr gut sei. «Ich denke, es ist ein Vorteil, wenn man auch auf anderen Positionen spielen kann. So wird man flexibler.» Daneben sei er ein sehr intelligenter Spieler und sehe in seiner aggressiven Spielweise seine Stärke. «So gewinne ich viele Zweikämpfe», so Okafor. Einen kleinen Nachteil erkennt er an seiner Athletik, wo er noch etwas Nachholbedarf habe. Verlieren kann der Defensivspieler eher schlecht. Oft befasse er sich nach einer Niederlage noch Tage damit. Früher hätten er und seine Brüder sich oft konkurriert und er wollte in allen Bereichen der Beste sein, so auch im Sport. «Ich habe aber gelernt, meine Lehren aus einer Niederlage zu ziehen und mich auf das nächste Spiel zu fokussieren.»
2023 möchte der Arisdörfer den Schritt in die erste Mannschaft von Bayer 04 Leverkusen schaffen und in der Bundesliga debütieren. Einen kleinen Vorgeschmack durfte er im vergangenen Dezember erleben, als er im Testspiel gegen die Glasgow Rangers eingesetzt wurde und sein erstes Profispiel bestritt. Das Testspiel vor 22 000 Zuschauern im Ibrox-Stadion in Glasgow war für ihn sein bisheriges Karriere-Highlight. In ein paar Jahren möchte er sich als Spieler in der Bundesliga und der A-Nati etabliert haben. Um das zu erreichen, müsse er weiterhin diszipliniert an sich arbeiten. «Aber ich sehe mein Ziel als realistisch an, wenn ich demütig bleibe. Und klar, ich muss täglich ‹drablybe›», sagt er.
Rund viermal pro Jahr kehrt er in seine Heimat zurück. «In Arisdorf läuft nicht viel. Aber ich mag die Ruhe und wenig Verkehr, da ich ein ländlich geprägter Mensch bin», sagt Okafor.