Im und neben dem Rampenlicht
23.12.2022 Kultur, Tecknau, PorträtCynthia Coray übernimmt die Leitung des «Palazzo»
Die Schauspielerin und Künstlerin Cynthia Coray ist ab Januar die neue Leiterin des Theaters Palazzo in Liestal. Die Tecknauerin sprudelt schon vor Ideen und freut sich, auch neben der Bühne künstlerisch tätig zu ...
Cynthia Coray übernimmt die Leitung des «Palazzo»
Die Schauspielerin und Künstlerin Cynthia Coray ist ab Januar die neue Leiterin des Theaters Palazzo in Liestal. Die Tecknauerin sprudelt schon vor Ideen und freut sich, auch neben der Bühne künstlerisch tätig zu sein.
Melina Mundschin
«Ich möchte, dass alle Menschen aus der Region wissen, dass es in Liestal ein Theater gibt.» Diese Aussage will Cynthia Coray spätestens ab Neujahr tatkräftig umsetzen. Denn die Tecknauerin übernimmt am 1. Januar das Theater Palazzo in Liestal.
Vor drei Jahren, als die damalige Chefin Karin Gensetter das Liestaler Theater verliess, übernahmen Yvonne und Eric Rütsche diese Aufgabe «in einer Nacht und Nebel-Aktion», wie sie selbst sagen. Für sie war von Anfang an klar, dass sie nur die Übergangsleitung übernehmen, damit die Räumlichkeit nicht leer steht. Und jetzt sei der Zeitpunkt gekommen, um als Leiterteam zurückzutreten und die Bühne und alles rings herum wieder in die Hände einer Künstlerin zu geben.
Dass Coray das Theater Palazzo kreativ weiterbringen wird, darin ist sich das Ehepaar Rütsche einig. «Wir waren von Anfang an nicht die richtigen Personen für diesen Job, denn von der Schauspielerei verstehen wir nichts», sagen die Inhaber des Liestaler «Guggenheims». Sie wünschen sich, dass das künstlerische Leben erhalten wird, und das gehe nur, wenn sich jemand mit voller Leidenschaft von A bis Z darum kümmert. Und dafür sei Cynthia Coray die perfekte Wahl.
Mit Leidenschaft dabei
Und die Tecknauerin ist keineswegs ein unbekanntes Gesicht im Kantonshauptort. Seit mehr als fünf Jahren ist sie schon im Theater Palazzo tätig. In diversen Kinder- und Jugendkursen gibt sie ihr breites Wissen weiter, ermutigt mit wertvollen Tipps und Tricks und weckt nicht selten eine neue Leidenschaft in den Kindern und Jugendlichen.
Nicht nur in der Region ist die 46-Jährige eine etablierte Schauspielerin und Künstlerin, sie geniesst auch schweizweit Bekanntheit. Nach ihrem Abschluss an der Handelsmittelschule in Liestal besuchte sie die Schauspielschule in Freiburg, Deutschland. Danach war für sie klar: Die Bühne möchte sie nicht mehr missen.
Zu den Höhepunkten in ihrer beruflichen Laufbahn gehören unangefochten die vielen Jahre, die sie bei der Schweizer Variété-Theatergruppe «Karl’s kühne Gassenschau» spielte. Und nicht zu vergessen ihr Auftritt in einem der «Hunkeler»-Filme, bei dem Coray an der Seite von Mathias Gnädinger in der weiblichen Hauptrolle vor der Kamera stand. Während diesen Jahren in der Theater- und Filmszene habe sie selber viel mitgestalten und lernen können. «Ich kann Hubstapler und Kran fahren und sogar eine Pyrotechnik vorbereiten. Das kann nicht jeder behaupten …», meint die 46-Jährige.
Seit bald drei Jahrzehnten ist Cynthia Coray schon als Schauspielerin tätig. Während dieser Zeit hat sie lange Kleinkunst und Lesungen gemacht. Sie steht auch häufig neben dem Rampenlicht, zum Beispiel als Regisseurin oder Theaterpädagogin. Und jetzt, mit der Übernahme der künstlerischen Leitung des Theaters Palazzo, will und kann sie ihre schauspielerische Tätigkeit nicht aufgeben: «Das könnte ich emotional nicht mit mir vereinbaren. Das muss einfach Platz haben», sagt sie.
Den Kopf voller Ideen
Coray wird zu 75 Stellenprozent im Theater Palazzo tätig sein. Dass sie dafür in ihrer eigenen künstlerischen Tätigkeit etwas kürzertreten muss, sei ihr klar. So wie damals, als sie bei «Karl’s kühne Gassenschau» spielte, könne sie natürlich nicht weitermachen. Aber ein kleiner Auftritt am Morgen hier und ein kurzer Workshop da, das müsse drinliegen. «Dann ist es halt einmal über 100 Prozent, aber das muss ja nicht jeden Tag so sein», meint die Schauspielerin.
Für Coray ist es ein bisschen wie «nach Hause kommen». Denn früher spielte sie selbst auf der Bühne des Theaters Palazzo, und sie wird in Zukunft diejenige sein, die Künstlerinnen und Künstler engagiert, um in Liestal auf der Bühne aufzutreten.
«Ich komme aus dem künstlerischen Bereich, der genau dem Theater Palazzo hier entspricht. Deshalb ist mir sehr bewusst, was die Kunstschaffenden brauchen, um sich wohlzufühlen», sagt Coray. Denn sie möchte weiterhin einen Ort schaffen, wo die Menschen ihre ganze künstlerische Kapazität ausschöpfen können. Neben den bisherigen Schwerpunkten wie Kleinkunst, Kabarett, Komödien und Lesungen sowie Musik bringt die Tecknauerin viele innovative Ideen mit.
Ausbauen will sie einerseits das Kurswesen, denn vor allem die Förderung der Kinder und Jugendlichen sei generell wichtig, nicht nur in der Theaterszene. «Ich möchte den Menschen helfen, sich selbst zu stärken, und das Theater ist ein hervorragendes Mittel dazu», sagt Coray. Sie beobachte häufig kleine Kinder, die zum ersten Mal in ein Theater eintreten und dann weinen müssen, da sie sich vom Raum und der Atmosphäre erschlagen fühlen, sich dann aber doch in den dunklen Raum auf den Stuhl setzen und sich am Ende vor lauter Lachen nicht mehr halten können. «Das zeigt Stärke: Sich selber überwunden und gemerkt zu haben, dass es sich gelohnt hat», meint sie.
Berührungsängste überwinden
Andererseits will sie niederschwellige Angebote einführen, die vielleicht etwas unkonventionell sind. Damit will sie mehr Menschen erreichen – vielleicht auch solche, die Berührungsängste mit dem Theater haben. «Die Leute müssen nicht immer zu uns ins Theater kommen, wir können auch einmal raus zu ihnen gehen», sagt sie. Und dabei schweben ihr schon Ideen wie Lesungen oder Spaziergänge auf und zum Liestaler Aussichtsturm vor.
Dass die Leitung des Theaters Palazzo nicht nur eine rein künstlerische Arbeit ist, weiss die 46-Jährige. Die künstlerische Leitung habe viele Berührungspunkte mit «fremden» Bereichen. So hat es in den Räumlichkeiten noch eine kleine Bar, die geführt werden muss. Und auch das Administrative darf nicht vergessen werden. «Die Buchhaltung ist für mich eine riesige Bremse», sagt sie selbst. Da gibt es eben nicht viel Platz für Kunst.
Ganz allein wird Coray aber nicht sein. Zumindest am Anfang nicht. Denn die bisherigen Leitenden werden ihr unterstützend zur Seite stehen, solange sie darauf angewiesen ist.