Wurde der Kontrolleur geschubst?
24.11.2022 Justiz, SissachMann wegen Gewalt gegen Beamte vor Gericht
Wegen Gewalt gegen einen Kontrolleur der BLT stand am Dienstag ein junger Mann vor Gericht. Die Schilderungen des Vorfalls waren widersprüchlich. Dem Mann droht eine hohe Busse.
Thomas Immoos
Vor ziemlich genau zwei ...
Mann wegen Gewalt gegen Beamte vor Gericht
Wegen Gewalt gegen einen Kontrolleur der BLT stand am Dienstag ein junger Mann vor Gericht. Die Schilderungen des Vorfalls waren widersprüchlich. Dem Mann droht eine hohe Busse.
Thomas Immoos
Vor ziemlich genau zwei Jahren kam es in einem Linienbus im Oberbaselbiet zu einer Auseinandersetzung zwischen einem BLT-Kontrolleur und einem damals 25-jährigen Mann. An einer Haltestelle in Sissach bestiegen an den drei Türen des Busses drei Kontrolleure den Bus und begannen mit der Billettkontrolle. Im hinteren Teil sass, quer zur Fahrtrichtung, ein junger Mann. Er weigerte sich, das Billett zu zeigen, und forderte den Kontrolleur auf, mehr Abstand zu ihm zu halten – es war kurz nach dem coronabedingten Lockdown, als noch strikte Maskenpflicht galt. Es kam zu einer lautstarken Auseinandersetzung, sodass sich ein zweiter Kontrolleur in den hinteren Bereich zu seinem Kollegen begab. Auch der Buschauffeur bemerkte die sich anbahnende Eskalation und schloss an der Haltestelle die Tür.
Vor dem Baselbieter Strafgericht war am Dienstag unbestritten, dass es im Bus zu einer Auseinandersetzung gekommen war. Die Kontrolleure schilderten, der Passagier habe den Kontrolleur angegriffen, sodass dieser gegen die Türe fiel. Nur weil die Türe geschlossen war, fiel der Mann nicht auf die Strasse, sodass Schlimmeres verhütet werden konnte. Der Passagier dagegen bestritt die Schilderung der beiden Kontrolleure. Er habe gar keine Hand frei gehabt, um den Mann zu schubsen. Mit der linken Hand habe er sein Skateboard und die Einkaufstasche gehalten, mit der anderen habe er nach dem Portemonnaie gegriffen.
Unangemesse Wortwahl
Nach dem Vorfall erstattete die BLT Anzeige gegen den jungen Mann, dem Drohung und Gewalt gegen Beamte vorgeworfen werden. Die Staatsanwaltschaft beantragt eine bedingte Geldstrafe von 60 Tagessätzen zu 30 Franken, eine Busse von 400 Franken sowie die Übernahme der Verfahrenskosten in der Höhe von 788 Franken.
Dass die Auseinandersetzung sehr laut war, entspreche auch nicht den Tatsachen, hielt der Beschuldigte fest. Dem hielten die Kontrolleure entgegen, dass die Auseinandersetzung so laut und heftig war, dass sogar der Buschauffeur dies bemerkte und entsprechend reagierte.
Die beiden Kontrolleure bestiegen nach dem Vorfall das dahinter fahrende Begleitfahrzeug und begannen, den Vorfall zu verarbeiten. Der junge Mann verliess den Bus ebenfalls. Zu Hause angekommen, rief er die BLT-Zentrale an, wo er sich in unangemessenen Worten über die Kontrolleure beschwerte. Unmittelbar nach dem wegen der Unflätigkeit abrupt beendeten Gespräch schickte der Mann innert weniger Minuten mehrere Mails an die BLT, wo er seine Version des Hergangs erneut – und erneut mit unangemessener Wortwahl – beschrieb.
Der Verteidiger des jungen Mannes bestritt den Schubser und damit die Gewalt gegen den Beamten. Ebenso die Drohung. Er habe sich bedrängt gefühlt, zumal er in seinem Beruf als Verkäufer angehalten werde, die Abstandsvorschriften einzuhalten. Der Verteidiger äusserte auch die Vermutung, dass sich die Kontrolleure nach dem Vorfall abgesprochen hätten. Er räumte aber ein, dass sein Mandant «gerne und oft reklamiert» – gewalttätig sei er aber nicht.
Zweiter Vorfall vor Jahren
Vor einigen Jahren sei ein ähnlicher Vorfall passiert, an den sich der junge Mann nun erinnerte: Seine damals zwölfjährige Schwester sei von vier Kontrolleuren wegen des vergessenen U-Abos dermassen eingeschüchtert worden, dass sie heftig zu weinen begann.
Die Anwältin des Buschauffeurs wies darauf hin, dass nur dank des besonnenen Eingreifens des Chauffeurs Schlimmeres verhindert worden sei. Wäre der Kontrolleur nämlich aus dem Bus auf die Strasse gefallen, hätte es zu schweren Verletzungen kommen können. Der Beschuldigte habe sich zudem bei den verschiedenen Befragungen und Vernehmungen zum Teil widersprüchlich geäussert.
Dem hielt der Verteidiger entgegen, dass «der Schubser gegen den Kontrolleur nicht rechtsgenüglich nachgewiesen» sei. Angesichts der unterschiedlichen Schilderungen der Beteiligten blieben erhebliche Zweifel an der Schuld seines Mandanten. Es sei unklar, ob es sich um einen Schubser oder um ein Stolpern des Kontrolleurs auf den Stufen des Busses gehandelt habe. Er beantragte Freispruch. Das Urteil wird in zwei Wochen gefällt.