Regierung forciert das Baustoffrecycling
24.11.2022 Baselbiet, Energie/UmweltDeponieabgabe soll Hürde für Entsorgung höher setzen
Bauabfälle sollen im Baselbiet vermehrt recycelt und wiederverwendet werden. Dafür will die Regierung eine Abgabe für Baumaterial einführen, das auf Deponien entsorgt wird. Der Vorschlag muss vom Volk bestätigt ...
Deponieabgabe soll Hürde für Entsorgung höher setzen
Bauabfälle sollen im Baselbiet vermehrt recycelt und wiederverwendet werden. Dafür will die Regierung eine Abgabe für Baumaterial einführen, das auf Deponien entsorgt wird. Der Vorschlag muss vom Volk bestätigt werden.
Janis Erne
Es sind eindrückliche Zahlen. Von 90 Millionen Tonnen Abfall, die in der Schweiz jährlich anfallen, sind rund 82 Prozent mineralische Bauabfälle. Dazu gehören Bauschutt beim Hochund Tiefbau, Gleisschotter, etwa von den SBB, Aushubmaterial und Bodenabtrag. In den beiden Basler Halbkantonen zusammen sind es pro Jahr 3,2 Millionen Tonnen. Davon wird heute nur knapp ein Sechstel recycelt und wieder verbaut. Diesen Anteil will der Kanton Baselland erhöhen. Anfang Jahr stimmte das Parlament einem ersten Massnahmenpaket für einen «Baustoffkreislauf» zu. Gestern nun präsentierte die Regierung vor den Medien die Fortsetzung davon.
Jetzt will sie eine Abgabe auf Bauabfälle einführen, die auf Deponien entsorgt werden. Damit soll ein Recycling-Anreiz geschaffen werden, denn: Wenn die Entsorgungskosten zu tief sind, landet Bauabfall eher in der Deponie, als dass er wiederverwertet wird. Isaac Reber (Grüne), Vorsteher der Bau- und Umweltschutzdirektion, hob die Flexibilität der Deponieabgabe hervor. So könne die Regierung pro Tonne entsorgtem Bauabfall zwischen 0 und 50 Franken verlangen. Wenn der Baustoffkreislauf nicht funktioniert, kann die Abgabe erhöht werden. Doch es gibt Grenzen: Yves Zimmermann, Leiter des Amts für Umweltschutz und Energie, sagte, dass eine zu hohe Abgabe den Entsorgungstourismus ins grenznahe Ausland fördern würde.
Erneuten Notstand verhindern
Heute landen pro Jahr 1,1 Millionen Tonnen Bauabfälle auf Baselbieter Deponien. Mit der Abgabe soll in den nächsten fünf bis zehn Jahren knapp ein Drittel wegfallen. «Künftig soll nur das deponiert werden, was deponiert werden muss», fasste Reber zusammen. Von mehr Recycling profitiere das Klima, weil die Herstellung von Baumaterialien sehr CO2-intensiv ist. Zudem werde die regionale Wertschöpfung gestärkt. «Bereits sind im Baselbiet sechs neue Recycling-Anlagen in Betrieb genommen worden oder sie stehen kurz davor», erläuterte Hansruedi Müller, Leiter Taskforce Baustoffkreislauf. Im Oberbaselbiet gibt es solche Anlagen in Reigoldswil (eine Bodenwaschanlage) und in Bennwil bei der Deponie Bruggtal (eine Siebanlage). Die Einnahmen der Deponieabgabe werden für die Sanierung von Altlasten im Boden verwendet.
Mit der erhofften Reduktion von entsorgtem Bauabfall soll nicht zuletzt der knappe Deponieraum entlastet werden. Im Jahr 2018 stand der Kanton vor einem Deponienotstand, nachdem das Volk zwei Jahre zuvor neue Standorte abgelehnt hatte. Heute gibt es im Baselbiet zwei «Schlüssel»- Deponien, wie es Müller ausdrückte: die Deponien Elbisgraben und Höli bei Liestal. Auf basel-städtischem Boden gibt es keine Deponien. Die Strategie der beiden Basel lautet denn auch: Recycling-Anlagen in Stadtnähe, wo am meisten gebaut wird, und Deponien im ländlichen Raum.
Die angedachte Deponieabgabe muss vom Landrat und später vom Volk gutgeheissen werden. Letzteres, weil dafür eine Verfassungsänderung nötig ist. Wie sich das Baugewerbe, Planer und Architekten positionieren, ist noch offen. Rolf Graf, Präsident des Verbands Bauunternehmer Region Basel (BRB), sagte an der gestrigen Medienrunde, dass die Diskussion im BRB noch ausstehe. Im vergangenen Jahr lehnte der BRB einen ersten Vorschlag des Regierungsrats in der Vernehmlassung noch ab. Graf unterstrich die Wichtigkeit, dass die recycelten Bauabfälle auch nachgefragt werden.
Zumindest seitens Kanton ist dies der Fall. Er hat sich dazu verpflichtet, bei seinen Bauvorhaben Recycling-Baustoffe einzusetzen.