Eva Herzog überzeugt im öffentlichen Hearing
25.11.2022 Politik, SchweizZürich | Konkurrentinnen der Baslerin für die Bundesratswahl weniger souverän
je. In dieser Woche tourten die drei SP-Kandidatinnen, die in der engeren Auswahl für die Nachfolge von Bundesrätin Simonetta Sommaruga stehen, durch die Schweiz. Es fanden ...
Zürich | Konkurrentinnen der Baslerin für die Bundesratswahl weniger souverän
je. In dieser Woche tourten die drei SP-Kandidatinnen, die in der engeren Auswahl für die Nachfolge von Bundesrätin Simonetta Sommaruga stehen, durch die Schweiz. Es fanden öffentliche Hearings in Luzern, Lausanne und Zürich statt. Zum Abschluss zeigten sich die Basler Ständerätin Eva Herzog, die jurassische Ständerätin Elisabeth Baume-Schneider und die Berner Regierungsrätin Evi Allemann gestern in Liestal. Der Anlass im Baselbieter Hauptort ging nach Redaktionsschluss der «Volksstimme» über die Bühne. Am Hearing vom Mittwoch in Zürich konnte Eva Herzog mit ihrem Auftritt überzeugen. Die Baslerin lieferte auf alle Fragen stichhaltige Antworten. Egal ob es um die Kaufkraft, die Klima- und Energiekrise, die Gleichstellung von Mann und Frau oder die Beziehungen zur EU ging. Zudem umschiffte sie die wenigen Fettnäpfchen an einem SP-Anlass, der von Einstimmigkeit und Harmonie zwischen den Bundesratskandidatinnen geprägt war.
Weniger diplomatisch zeigte sich zuweilen Elisabeth Baume-Schneider. Die Jurassierin, die ansonsten einen kompetenten und nahbaren Eindruck hinterlassen hat, erzählte etwa aus dem Nähkästchen von einer Parlamentsreise zur EU nach Brüssel. Dort habe SVP-Ständerat Alex Kuprecht (SZ) Albanien abwertend als «Drittweltland» bezeichnet. Und auf die Frage, wofür sie sich als Bundesrätin einsetzen würde, witzelte Baume-Schneider, dass sie sich «für die Armee vielleicht nicht so stark einsetzen würde». In Zeiten des Ukraine-Kriegs dürfte diese Antwort bei den Bürgerlichen in der Bundesversammlung, dem Wahlorgan des Bundesrats, wohl nicht allzu gut ankommen.
Links-grüne Positionen betont
Inhaltlich waren die Haltungen der drei SP-Politikerinnen meist deckungsgleich. Eva Herzog sprach sich für eine schnelle Umsetzung der Klimaschutzmassnahmen wie die Förderung erneuerbarer Energien aus. Die 60-Jährige befürwortete eine Solarpflicht für Neubauten («Gewisse Sachen müssen vorgeschrieben werden, Anreize reichen nicht immer aus») sowie Regulierungen für einen nachhaltigen Finanzplatz («Jeder Markt braucht seine Leitlinien»). Bei den Prämienverbilligungen zur Sicherung der Kaufkraft nahm die Basler Ständerätin die Kantone in die Pflicht: Wenn der Bund Beiträge leistet, müssten auch diese mehr zahlen. Um das zerrüttete Verhältnis der Schweiz zur EU zu stabilisieren, sieht Herzog eine Möglichkeit: Eine Art institutionelles Rahmenabkommen, wie es lange Zeit im Verhandlungsraum stand. «Die Alternativen, ein EUoder EWR-Beitritt, sind politisch noch weniger realisierbar», sagte die Baslerin, der die negativen Folgen ungeklärter Beziehungen zur EU für die Schweizer (Pharma-)Wirtschaft und Forschung als frühere Regierungsrätin bestens vertraut sind.
Herzogs überzeugender Auftritt zeichnete sich auch dadurch aus, dass sie bei heiklen Fragen aus dem Publikum Verantwortung übernahm, indem sie als Erste antwortete. So etwa auf die Frage, ob der Lohnschutz bei den Diskussionen mit der EU aufgeweicht werden solle oder wie sie den Entscheid der SP-Spitze für ein reines Frauenticket beurteile. Herzogs Antworten waren zwar ausweichend, dennoch ebnete sich damit jeweils der Weg für ihre Kolleginnen auf dem Podium. Die Stimmung unter den drei Bundesratskandidatinnen schien freundschaftlich, es wurde viel gewitzelt und Herzog fungierte zuweilen als Übersetzerin für Baume-Schneider, wobei diese gleichwohl mit ihren guten Deutschkenntnissen punkten konnte. Die Dritte im Bunde, Evi Allemann, wirkte etwas angespannter als Herzog und Baume-Schneider. Als Einzige sah sie sich dazu veranlasst, ausdrücklich zu betonen, wie sehr sie das Amt als Bundesrätin reizen würde.
Der Eindruck bleibt: Nach dem öffentlichen SP-Hearing in Zürich sind die Chancen von Herzog, die medial ohnehin als Favoritin gilt, sicherlich nicht gesunken, das erste Basler Bundesratsmitglied seit 1973 zu werden.