«Landschaft intakt – Ernährung intakt»
29.11.2022 Natur, Sissach«Forum für Baukultur» des Baselbieter Heimatschutzes zum Thema Natur
Siedlungen – Dörfer und Städte – sind Teil der Landschaft und der Natur. Die Natur muss den öffentlichen Raum «zurückerobern». Dies die wesentlichen Aussagen des «Forums für Baukultur», zum dem der ...
«Forum für Baukultur» des Baselbieter Heimatschutzes zum Thema Natur
Siedlungen – Dörfer und Städte – sind Teil der Landschaft und der Natur. Die Natur muss den öffentlichen Raum «zurückerobern». Dies die wesentlichen Aussagen des «Forums für Baukultur», zum dem der Baselbieter Heimatschutz eingeladen hatte.
André Frauchiger
«Siedlung, Natur und Landschaft» – so der Titel des «Forums für Baukultur» des Heimatschutzes Baselland, welches vergangene Woche in der Oberen Fabrik in Sissach durchgeführt wurde. Die Fachreferenten und die Diskussionsteilnehmenden waren sich einig: Bei der Siedlungspolitik, beim Bauen und bei der Siedlungsgestaltung müssen die Bedürfnisse der Natur erste Priorität haben.
Themen, die auch nach vier Referaten in Diskussionsgruppen weiter erörtert wurden, waren: Siedlungsverdichtung und Freiräume, «Rückeroberung» der Natur, Ausgestaltung der Siedlungsränder, Biodiversität im gebauten Raum, Identität der Siedlung, Material und Pflanzenwahl im Klimawandel. Allseits herrschte Einigkeit darüber, dass es keine weiteren Gesetze und Reglemente für all diese wichtigen Belange mehr braucht. Es gehe jetzt einfach um die Umsetzung der Ziele in der Praxis. Hierfür brauche es Engagement, Mut, Beharrlichkeit, Steh- und Durchsetzungsvermögen.
Katrin Bauer aus Reinach äusserte sich zur Raumplanung und Umwelt. Nachgedacht werden müsse über Quartierpläne. Es gehe darum, Asphaltwüsten aufzubrechen und mit umwelt- und klimaverträglichen Pflanzen zu begrünen. Wenn zum Beispiel bis direkt an den Siedlungsrand Betonwände vorherrschten und Strassen auf dem Weg in die Natur blockierend wirkten, sei dies auch für die Tiere sehr schädlich.
Regula Waldner, Landrätin der Grünen aus Wenslingen, doppelte nach: Landschaft und Ökologie seien eine Einheit. Es gehe um Biodiversität – und um den notwendigen Willen, auch in Siedlungen «grüne» Gebiete zu schaffen, um auch die Lebens- und Wohnqualität der Menschen zu verbessern. Biodiversität sei ein Gebot der Stunde. Die Sichtweise müsse sein: In der Landschaft gibt es Siedlungen – und nicht umgekehrt.
Beispiel Ziefen
Philippe Allemann von der Ortsbildpflege Liestal wies am Beispiel von Ziefen darauf hin, dass solche Projekte, gut aufgegleist, das Ziel, nämlich die bauliche Entwicklung unter Einbezug der Natur, auch erreichen könnten. Ziefen habe im Ortskern viel leer stehenden Raum und Fläche, die genutzt werden könnten. Lukas Kilcher vom Ebenrain-Zentrum für Landwirtschaft, Natur und Ernährung in Sissach schlug den Bogen in seinem Fachgebiet – eben von der Natur zur Ernährung. Er stellte klar: «Wenn die Landschaft intakt ist, ist auch die Ernährung intakt.» Dies habe einen Zusammenhang.
Um diese Themenkreise bewegten sich nach diesen vier Referaten auch die Diskussionen in den Gruppen, wie die abschliessende Plenumsdiskussion ergab. Einigkeit bestand darin, dass die Landschaft überall ist – auch in den von vielen Menschen bewohnten, dichten Siedlungsgebieten. Als Konsequenz aus dieser Einsicht wird klar, dass Städte und Dörfer viel mehr Grün brauchen, um die Landschaft nicht zu stören oder teilweise gar zu zerstören. Notwendig seien zum Teil auch pragmatische Lösungen und der Mut, im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben auch neue Wege zu beschreiten.
Ein Beispiel, wie es nicht funktioniert: Grosse Bäume müssen laut einer Vorschrift sechs Meter vom Strassenrand entfernt gepflanzt werden. Dies, um einem Baum auf Dauer die Chance zu geben, gesund zu bleiben. Ungeachtet dessen müssen Wohnhäuser aber näher bei der Strasse sein. «Das geht nicht auf», stellt der Präsident des Baselbieter Heimatschutzes, Ruedi Riesen, fest. Solche Beispiele gebe es viele. Bestehende Gesetze und Vorschriften müssten deshalb bezüglich Grünfläche und Umweltverträglichkeit immer wieder hinterfragt werden. Riesen: «Luftaufnahmen mit Drohnen zeigen, dass die Agglomeration grundsätzlich viel Grün und schöne Flussläufe hat.»
Schon die Bezeichnung der Agglomeration als «Agglo» deute darauf hin, «dass das Siedlungsgebiet, wo die meisten Menschen im Kanton ihr Zuhause finden, nicht als Ort mit einer spezifischen Identität verstanden wird», kritisiert der Baselbieter Heimatschutz. Es sei ein «Wohnen im geschichtlichen und geografischen Niemandsland mit kaum nennenswerter Baukultur». Dies müsse sich ändern. Es stelle sich die Frage: «Wie weiter mit der zunehmenden Versiegelung der Böden, mit der alarmierenden Abnahme der Biodiversität und mit der Gesichts- und Geschichtslosigkeit der Agglomerationsgürtel?» Die Agglo sei «ein Kind des Wirtschaftsaufschwungs» ohne natürlich gehaltene Natur. Neue Transformationsareale, Areale, die von der Industrie und dem Gewerbe nicht mehr benötigt werden, will der Baselbieter Heimatschutz nutzen, um «mit der Siedlungsentwicklung neue Wege zu gehen». Gewissermassen zur Versöhnung mit der Natur.