DANIEL SCHAFFNER – EIN SISSACHER IN SAUDI-ARABIEN

Daniel Schaffner

Der Flug startet in Zürich, es geht nach Doha. Nein, mein Einsatzort wird nicht auf einer der letzten Baustellen für die Fussball-WM in Katar sein. Ich fliege weiter nach Jeddah in Saudi-Arabien, ganz in der Nähe von Mekka, doch auch das ist nur ein Zwischenstopp.

Nach einer Nacht im Hotel werde ich abgeholt. Mein Chauffeur Achmed fährt mich während 6½ Stunden in nordwestlichlicher Richtung dem Roten Meer entlang. Das Meer sehe ich allerdings nicht. Eigentlich fahren wir 6½ Stunden durch die Wüste.

Im Camp angekommen, gehts direkt zum Essen. Das «Turtle Bay Hotel» ist das erste funktionierende von unzähligen Hotels, die in dieser Gegend gerade gebaut werden. Auch Villen entstehen am laufenden Band. Das Team empfängt mich freundlich. Es handelt sich um rund 15 Mitarbeiter der Firma Blumer-Lehmann AG aus Gossau im Kanton St. Gallen. Bei dieser Holzbaufirma, die hier in Saudi-Arabien einen grossen Auftrag ausführt, arbeitet mein Sohn als Projektleiter. Ziel: Der Bau von 99 kleinen 1- und 2-Bett-Villen auf Pfählen im Meer, dazu diverse Spezialgebäude in Modulholzbau.

Das neue Resort am Roten Meer wurde vom japanischen Architekten Kengo Kuma entworfen. Holz als Material wurde gewählt, weil der Architekt Naturnähe und Nachhaltigkeit vermitteln will. Die kleinen Wasservillen bekommen eine spektakuläre spiralförmige Form, was den Feriengästen später dann einen Rundum-Blick auf das Meer ermöglicht.

Wir sind in einem riesigen Containerdorf stationiert. Hier wohnen rund 8000 Arbeiter! Am ersten Morgen ging es auf die Insel, auf welcher «unsere» Bauten am Entstehen sind. Zuerst 15 Minuten Autofahrt, danach eine Stunde mit dem Schiff. Diverse Wartezeiten gehören hier offensichtlich zum Morgenritual, das mit dem Frühstück schon um 5.30 Uhr startet.

Beim «Red Sea Resort Project» handelt es sich um eine gigantische Baustelle! Bis 2030 werden hier auf 22 Inseln 50 einzelne Resorts mit 8000 Hotelzimmern und mehr als 1000 Wohnimmobilien gebaut. Unser Projekt ist dabei nur ein kleiner Baustein.

Die ersten kleinen Villen stehen im Rohbau. Angeheuert wurde ich von meinem Sohn für die Qualitätskontrolle. Meine Aufgabe an diesem Tag ist es, den Zusammenbau der aus der Schweiz angelieferten Holzelemente für das Restaurant der Siedlung zu überwachen. Zu schauen, dass an den richtigen Orten genagelt wird, die richtigen Schrauben verwendet werden und so weiter. Dafür musste ich zuvor die Pläne und die einzelnen Aufbauschritte sorgfältig studieren. Nach dem langen Arbeitsweg zurück ins Containerdorf ist mein erster Arbeitstag zu Ende.

Mein aussergewöhnlicher Einsatz hier vor Ort wird sechs Wochen dauern. Frei hat man nur am Freitag. Am Samstag fängt dann die neue Arbeitswoche an. Ich bin gespannt, wie ich auf Dauer die Hitze ertrage – mit langen Hosen, Sicherheitsschuhen und Helm auf dem Kopf. Internationale Standard-Arbeitskleidung halt.

Am nächsten Arbeitstag geht es wieder raus auf die Insel. Im Meer stehen bereits zahlreiche Betonpfeiler. Auf diese wurde eine Stahlkonstruktion montiert. Nun ist es die Aufgabe, die in der Schweiz vorgefertigten Bodenelemente auf dieser Konstruktion zu befestigen. Und zwar so, dass die Bauten später auch starken Wellen standhalten.

Mein Job besteht auch hier darin, die Arbeiter aus Bangladesch, Indien und weiteren Nationen zu begleiten und all die Arbeitsschritte zu kontrollieren. Die Montage soll so ausgeführt werden, wie sich das die Baufachleute in Gossau vorgestellt haben. Da sind zum Beispiel 270 Stahlplatten, die mit je zwei Gewindestangen an der Unterkonstruktion befestigt werden müssen. Jede Platte wird eingemessen und befestigt. Dazu müssen einige Löcher gebohrt werden.

Diese Arbeit wird das internationale Montageteam noch einige Tage in Anspruch nehmen. Ich werde aufmerksam sein müssen. Denn meinem ersten Eindruck nach ist das Leistungsniveau nicht besonders hoch. Wir werden sehen.

Wird fortgesetzt. Daniel Schaffner (61) ist gelernter Landmaschinenmechaniker, Sozialpädagoge und Arbeitsagoge. Seit 28 Jahren ist er selbstständiger Handwerker und Inhaber der Firma Kompaktbau GmbH. Schaffner lebt in Sissach.

Sechs Arbeitswochen am Roten Meer

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