Der Wolf im Schafspelz
11.10.2022 Bezirk Sissach, Vereine, Kultur, DiepflingenEin als Feldscheune getarnter Bunker wird der Öffentlichkeit präsentiert
Vor fünf Jahren erwarb der «Bunker-Verein Diepflingen» eine als Feldscheune getarnte Befestigung und brachte sie in vielen Fronstunden auf Vordermann. Neben der Originalbewaffnung sind auch Requisiten aus dem ...
Ein als Feldscheune getarnter Bunker wird der Öffentlichkeit präsentiert
Vor fünf Jahren erwarb der «Bunker-Verein Diepflingen» eine als Feldscheune getarnte Befestigung und brachte sie in vielen Fronstunden auf Vordermann. Neben der Originalbewaffnung sind auch Requisiten aus dem Zweiten Weltkrieg wieder vorhanden.
Otto Graf
Wenige Gehminuten ausserhalb des Dorfes, am Wanderweg von Diepflingen nach Sommerau, steht eine stattliche Feldscheune. Näher betrachtet, entpuppt sich das Objekt jedoch als ehemaliger Bunker aus der Zeit des Zweiten Weltkriegs. Der «A3542», so die einstige militärische Bezeichnung, war Teil der zahlreichen Sperrstellen am Unteren Hauenstein. Diese Sperrstellen wurden gebaut, um einen gegnerischen Vorstoss über die Achse Hauenstein zu verhindern. 1985 wurde die Anlage demilitarisiert. Sämtliche Waffen und Einrichtungen wurden ausgebaut.
Nach einem langen Dornröschenschlaf erwarb im Jahr 2017 der eigens dafür gegründete «Bunker-Verein» Diepflingen mit wohlwollender Unterstützung der Gemeinde Diepflingen das 745 Quadratmeter haltende Grundstück im Gebiet Beckematt für 3500 Franken. Dies in der Absicht, den Bunker als militärhistorisches Zeitdokument zu bewahren und der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Mit einem enormen Arbeitseinsatz sowie mit Unterstützung zahlreicher Firmen und Privater renovierten die Vereinsmitglieder das Objekt.
Besonders der zu Tarnzwecken erstellte Dachaufbau mit Schopf litt unter dem Zahn der Zeit. Im Jahr 2018 konnte das restaurierte Gebäude schliesslich der Öffentlichkeit vorgestellt werden. Während die baulichen Arbeiten keine besonderen Probleme verursachten, erwies sich das «Möblieren» als schwieriger. Vereinspräsident Matthias Füllemann sagt: «Bei der Zentralstelle für historisches Armeematerial konnten zwei Waffen beschafft werden, die bereits im Jahr 1985 bei der Demilitarisierung der Scheune vorhanden waren: die Panzerabwehrkanone 50/57, Kaliber 9 cm, und das Maschinengewehr 51.» Beim Bau des Bunkers 1939 bestand die Bewaffnung aus der 4,7-cm-Infanteriekanone 35/41. Das war ausreichend, um alle damals eingesetzten Panzerfahrzeuge erfolgreich bekämpfen zu können. 1965 wurde das wassergekühlte Mg 11 durch den luftgekühlten Rückstosslader Mg 51, Kadenz 1000 Schuss pro Minute, abgelöst. Am vergangenen Samstag, dem Tag der offenen Bunker, packten gegen 100 Personen die Gelegenheit beim Schopf, um einen Blick hinter die dicken Betonmauern der Befestigungsanlage zu werfen. Und um zu erfahren, wie der Alltag der Soldaten vor acht Jahrzehnten aussah. «Wir sind höchst erfreut, dass so viele Leute, darunter Familien mit Kindern, zu uns kommen», so der Vereinspräsident. Die Werbung und der Hinweis auf eine kleine Festwirtschaft hätten ihren Zweck erfüllt. Die Gäste, so Füllemann weiter, hätten vor allem gefragt, warum der Bunker gerade hier gebaut wurde. Ebenso hätten sie wissen wollen, was es mit der Bewaffnung auf sich hatte und wie die Soldaten den Tag verbrachten. Mitglieder des Vereins zeigten, wie man die Waffen bedient. Der Bitte von Ernst Bader an die anwesenden Damen, zwecks Ladens des Maschinengewehrs den Hebel nach hinten zu ziehen, mochte zumindest beim Besuch des Autors niemand Folge leisten. Wohl deshalb, weil der Referent zuvor erklärte, das Gewehr sei «handfest» und unzimperlich zu bedienen.
Dass die Waffen nie im Ernstfall eingesetzt werden mussten, schrieb Bader namentlich der Tatsache zu, dass die Armee damals gut gerüstet war. Das habe auch der Feind gewusst. Ob die Armee heute mit ihrem geringen Personalbestand ihren verfassungsmässigen Auftrag ausreichend erfüllen kann, bezweifelte Bader indes und stand mit dieser Meinung beileibe nicht alleine da. Im Schopf zeigte der Verein zudem die verschiedenen Szenarien auf, wie die Truppe in den kritischen Phasen des Zweiten Weltkriegs und danach im Kalten Krieg feindlichen Operationen in Richtung Hauenstein begegnet wäre.
Die Bunkeranlage steht auf Anmeldung Schulen, Vereinen, Firmen und Privaten für Besichtigungen und für Anlässe zur Verfügung. Anmeldung unter: matthias.fuellemann@vtxmail.ch