Verhandlung über «Chilchacher»-Preisschild
01.09.2022 Kirche, Tenniken, PolitikChristian Horisberger
Ist der Entscheid der Tenniker Gemeindeversammlung über die Zukunft der 11 000 Quadratmeter grossen «Chilchacher»-Wiese bei der Kirche rechtmässig oder handelt es sich um ein willkürlich erlassenes «faktisches Bauverbot»? Die Stiftung Kirchengut ...
Christian Horisberger
Ist der Entscheid der Tenniker Gemeindeversammlung über die Zukunft der 11 000 Quadratmeter grossen «Chilchacher»-Wiese bei der Kirche rechtmässig oder handelt es sich um ein willkürlich erlassenes «faktisches Bauverbot»? Die Stiftung Kirchengut ist der Meinung, das Letzteres der Fall ist und hat Einsprache gegen den im Februar beschlossenen Zonenplan eingereicht. Von einer Beschwerde beim Regierungsrat sieht sie aber noch ab. Stattdessen strebt sie mit der Gemeinde eine gütliche Einigung an (die «Volksstimme» berichtete).
Ihr Gesprächsangebot hatte die Stiftung Kirchengut dem Gemeinderat bereits im April unterbreitet. Die Parteien einigten sich darauf, bis Ende September gemeinsam an einen Tisch zu sitzen. Fast fünf Monate sind ungenutzt verstrichen. In der Zwischenzeit gab es im Gemeinderat zwei Wechsel. Zurückgetreten sind nach jeweils zehnjähriger Amtszeit Präsidentin Sandra Bätscher und Vizepräsident Marcel Zimmermann. Neu gewählt wurden Daniel Sutter und Franziska Buonfrate.
Konsens erwünscht
In neuer Zusammensetzung werde sich der Gemeinderat in den nächsten Tagen mit der Stiftung Kirchengut treffen, erklärt Thomas Grüter, der den Gemeinderat interimistisch präsidiert, auf Anfrage. Der Gemeinderat werde dabei den Beschluss der Gemeindeversammlung vertreten. Deren Votum im Februar war eindeutig: Der «Chilchacher» soll unbebaut und in der Zone für Öffentliche Werke und Anlagen verbleiben – mit der neuen Zweckbestimmung «Erholung und Freizeit» sowie «Hochwasserschutz».
Grüter wünscht sich einen Konsens mit der Stiftung. Darüber, mit welchen Zielen der Gemeinderat in die Gespräche geht und zu welchen Kompromissen er bereit ist, hält sich der Präsident jedoch bedeckt. Für Martin Innerbichler, Verwalter der Stiftung Kirchengut, steht in den Verhandlungen eine finanzielle Entschädigung durch die Gemeinde im Vordergrund. Durch den Entscheid der Gemeindeversammlung, der einem Bauverbot gleichkomme, sei der Wert des Grundstücks massiv gemindert worden.
Über die Höhe einer Abgeltung ist bereits im Vorfeld der Gemeindeversammlung gestritten worden. Die Vorstellung beider Parteien klafften um Millionen auseinander. Innerbichler stellt sich auf den Standpunkt, dass die Abgeltung für ein Grundstück mit Wohnbaulandqualität nicht an den 40 Franken pro Quadratmeter beispielsweise für einen Landstreifen entlang einer Kantonsstrasse gemessen werden kann. Die Baulandpreise in Tenniken betrügen 600 bis 650 Franken.
«Die Stiftung ist gesprächsbereit und will ihren Spielraum ausschöpfen – innerhalb des rechtlichen Rahmens», kündigt Innerbichler an. Aber: «Wir können jetzt nicht Bauland verscherbeln, nur weil es bequemer wäre.» Die Stiftung sei verpflichtet, ihre Vermögenswerte nach kaufmännischen Grundsätzen zu bewirtschaften. Im Falle einer Entschädigung gelte es, einen angemessenen Preis zu erzielen. Dies nicht anzustreben, käme einer «Veruntreuung» von Stiftungsvermögen gleich.
Buonfrate in Ausstand?
Der Kirchengut-Verwalter lässt durchblicken, wie er sich einen Kompromiss vorstellen könnte: In der ursprünglichen Planung für die Wohnnutzung des «Chilchachers» seien neben den Flächen für Wohnbauten Freiräume für Hochwasser, Denkmal- und Naturschutz vorgesehen gewesen. Damit wäre nicht jeder Bereich der Wiese von gleichem finanziellen Wert. Die Höhe der Entschädigung könne somit über die Bewertung der unterschiedlichen vorgesehenen Nutzung des Areals hergeleitet werden.
Für eine Einigung brauche es die Bereitschaft des Gemeinderats und «anderer Anspruchsgruppen», hält Innerbichler fest. Freilich spricht er vom «Chilchacher»-Komitee. Dieses wird im Gespräch sozusagen in der ersten Reihe sitzen: Bevor Franziska Buonfrate in den Gemeinderat gewählt wurde, kämpfte sie im Komitee vehement für die Freihaltung des «Chilchachers». Nun ist sie in der Exekutive zuständig für das Dossier Raumplanung. Innerbichler stellt die Frage in den Raum, ob Buonfrate in der Sache befangen ist und es für sie nicht angebracht wäre, in den Ausstand zu treten.
Gemeindepräsident Grüter sieht die Voraussetzungen für eine Ausstandspflicht Buonfrates nicht als gegeben: Sie werde als Ressortverantwortliche die Interessen der Gemeinde vertreten. Diese seien «identisch» mit jenen des Komitees, womit Buonfrate auch nicht in einen Interessenkonflikt kommen könne.
Sollten die Verhandlungen scheitern, wird die Stiftung Kirchengut den Gemeindeversammlungsbeschluss vom Februar beim Regierungsrat anfechten. Eine gütliche Einigung sähe deren Verwalter indes lieber. Schliesslich bleibe die Stiftung verantwortlich für die Instandhaltung der Tenniker Kirche und des Pfarrhauses – unter anderem mit Geldern aus dem Erlös von Grundstücken wie dem «Chilchacher».