AUSGEFRAGT | ANDY GERBER, OBSTBRENNER
30.09.2022 Baselbiet, Gesellschaft, Landwirtschaft«Etwas Gutes von einer 100-jährigen Anlage»
Am «Fest der Feste» des Freilichtmuseums Ballenberg stellt die IG Baselbieter Brenner mit einer antiken Destillerie Kirsch her. Nach dem ersten Festwochenende zieht Andy Gerber von der Arisdörfer Brennerei Ernst Zuber AG ...
«Etwas Gutes von einer 100-jährigen Anlage»
Am «Fest der Feste» des Freilichtmuseums Ballenberg stellt die IG Baselbieter Brenner mit einer antiken Destillerie Kirsch her. Nach dem ersten Festwochenende zieht Andy Gerber von der Arisdörfer Brennerei Ernst Zuber AG Zwischenbilanz.
Christian Horisberger
Herr Gerber, diesen Frühling wurde die IG Baselbieter Brenner gegründet, im August war sie am Schwingfest präsent und vergangenes und kommendes Wochenende nun am «Fest der Feste» auf dem Ballenberg, einem weiteren Grossanlass. Was bieten Sie und Ihre Kollegen dem Publikum?
Andy Gerber: Gemeinsam mit dem Obstverband und dem Bäuerinnen-Apéro vertreten wir auf dem Ballenberg das Baselbiet. Wir sind am Brand eines Kirschs mit einer mobilen Destillerie aus dem Jahr 1915 beteiligt und bieten eine Auswahl unserer Produkte zum Degustieren und zum Kauf an. Fürs Brennen steuern wir von unserer guten Maische bei, und wir unterstützen den Brenner vom Ballenberg, der sich mit der antiken Anlage auskennt, aber noch nie einen Kirsch destilliert hat, bei der Verarbeitung.
Was für besondere Eigenschaften hat die Kirsche beim Brennen?
Kirschen sind insofern heikel, als dass sie aufschäumen können. Dann zieht der Schaum mit und färbt den Kirsch rot. Da muss man wissen, was zu tun ist. Deshalb wollte ich dabei sein und habe auch die notwendigen Hilfsmittel zur Verfügung gestellt.
Was für welche?
Ein Anti-Schäumungsmittel, das wir vorsorglich einsetzten. Wir haben das Brenngeschirr aber auch nicht bis zum Limit gefüllt.
Wie kam der Kirsch heraus?
Trinkfertig ist er noch nicht. Das Destillat muss bis nächstes Jahr ruhen, bis sich die Aromen verbunden haben, erst dann wird er mild und angenehm. Meine Nase sagt mir, dass er sehr gut wird. Wir haben aber auch gute Ware geliefert. Es ist schön zu erleben, dass auch mit einer über 100-jährigen Anlage etwas Gutes hervorgebracht werden kann.
Haben Sie schon einmal mit einer Anlage dieses Alters gearbeitet?
Nein, es war das erste Mal. Es handelt sich um eine fahrbare Anlage, mit welcher der Brenner seinerzeit bei den Bauern auf die Stör gegangen ist. Sie stammt aus dem Bernbiet und war eine Schenkung an den Ballenberg. Es befinden sich zwei Kessel darauf, einer davon wurde restauriert und wird öfter für Kernobstbrände eingesetzt. Gefeuert wird mit Holz, mit der Hitze wird Dampf für den Brennprozess erzeugt.
Was ist am Brennen mit der Anlage besonders?
Wenn man im Freien arbeitet, wie wir es gemacht haben, kühlt der Kessel ab, wenn Regen darauf fällt. Dann fällt der Druck zusammen und es geht nichts mehr. Am Prinzip hat sich im Vergleich mit unserer neuen Anlage von 2018 nichts verändert.
Wie viele Kirschbrände entstehen während der beiden Wochenenden?
Jeden Tag zwei; der Prozess dauert gut drei Stunden. Damit kann dem Publikum die ganze Zeit über etwas gezeigt werden.
Wie war die Resonanz der Schaulustigen am ersten Wochenende?
Das Wetter war nicht so gut, daher hielt sich der Publikumsaufmarsch in Grenzen. Jene Besucherinnen und Besucher, die beim Brennen zuschauten, zeigten häufig grosses Interesse und Sachkenntnis; es waren auch alte Brenner darunter. Am Freitag haben uns auch die Nachkommen des Stifters der antiken «Brenni» einen Besuch abgestattet.
Der Baselbieter IG gehören nur drei Brennereien an. Inwiefern profitieren die Beteiligten vom Mini-Zusammenschluss?
Vorauszuschicken ist, dass die Destillerien Wirz, Nebiker und Zuber die drei grössten des Kantons sind. Wir alle müssen auf dem Markt Präsenz markieren, um unsere Umsätze möglichst halten zu können. Wir sind stärker, wenn wir gemeinsam auftreten, als wenn jeder sein eigenes Süppchen kocht. Keiner von uns hat ein riesiges Werbebudget, und Messen sind personal- und kostenintensiv. Die Verkäufe von Fruchtbränden sind seit längerer Zeit rückläufig, während in den vergangenen Jahren beispielsweise Gin und Wodka zugelegt haben. Doch es gibt leise Anzeichen dafür, dass Fruchtbrände wieder anziehen. Wir müssen Gastronomen und Bars davon überzeugen, dass sich auch mit Fruchtbränden gute Sachen machen lassen.
Sie scheinen an der mobilen Destillerie Gefallen zu finden. Wäre das allenfalls etwas für künftige Werbeauftritte Ihrer IG.
Es gibt da gewisse Gedanken. Aber dafür muss man 10 000 bis 20 000 Franken in die Hand nehmen …
Ihre IG inszeniert sich auf dem Ballenberg mit Kirsch. Hand aufs Herz: Ist der Kirsch aus dem das Nonplusultra, oder können die Brände aus anderen Regionen gut mithalten?
Neben dem Baselbiet ist der Kanton Zug die zweite für Kirsch bekannte Region. Jene Brände sind unseren ebenbürtig, was sich bei den Prämierungen von «Distisuisse» jeweils zeigt.
Wie wird der Kirschjahrgang 2022 ausfallen?
Dürftig. Nach einer sehr schlechten Ernte 2021 wegen Spätfrost und Regen sah es dieses Jahr zunächst gut aus. Dann bekamen wir aber die Kirschessigfliege und damit war auf einen Schlag Feierabend. Die Ausbeute ist wiederum gering.
Dann wird der Kirsch in absehbarer Zeit knapp?
Nein, das nicht. Wir haben genügend Ware an Lager. In guten Jahren wird mehr produziert, um schwache abzufedern. Das ist allerdings kapitalintensiv – insbesondere für einen Betrieb wie unseren, der keine eigenen Früchte anbaut.
Zur Person
ch. Andy Gerber ist bei der Arisdörfer Ernst Zuber AG Brenner in dritter Generation. Nach einer kaufmännischen Ausbildung und längjähriger Tätigkeit in der Transportbranche stiess er vor zehn Jahren zum Familienbetrieb, den er nun führt. Er liess sich in Deutschland und Österreich im Brennwesen und zum Edelbrand-Sommelier ausbilden. Letzteres, um «sensorisch weiterzukommen», wie er sagt. Morgen Samstag feiert Gerber beim Kirschbrennen auf dem Ballenberg seinen 52. Geburtstag und freut sich darauf: «Die veranstalten das ‹Fest der Feste› zu meinen Ehren …»