140 Jahre «Volksstimme»
30.09.2022 Baselbiet, WittinsburgZeitungskopf | Heute gestaltet von Simon Abt, Künstler aus Wittinsburg
«Man kennt sie halt einfach»: Der Wittinsburger Künstler Simon Abt wurde mit der «Volksstimme» gross. Für den heutigen Zeitungskopf verwendet er die Köpfe der Schaub-Chefredaktoren sowie des ...
Zeitungskopf | Heute gestaltet von Simon Abt, Künstler aus Wittinsburg
«Man kennt sie halt einfach»: Der Wittinsburger Künstler Simon Abt wurde mit der «Volksstimme» gross. Für den heutigen Zeitungskopf verwendet er die Köpfe der Schaub-Chefredaktoren sowie des aktuellen Chefredaktors David Thommen und schlägt damit den Bogen von der Vergangenheit in die Gegenwart.
Lisa Zumbrunn
«Die ‹Timeline› der Chefredaktoren war meine erste Idee, die ich dann auch umsetzte»: Dies die Erklärung von Simon Abt, der den heutigen Zeitungskopf der «Volksstimme» gestaltete – gerade heraus, ohne grosse Umschweife.
Die Entscheidungsfindung des in Wittinsburg wohnhaften Künstlers passt bestens zu seiner Art. Der 29-Jährige lebt seit gut drei Jahren von seiner Kunst. Zuvor hatte er verschiedene Ausbildungen begonnen, auch den gestalterischen Vorkurs in Olten, den er aber vorzeitig abbrach. Seine Kunst entstehe aus dem Bauch heraus, sagt er, erzwingen liesse sich ein Bild nicht. Trotz einer Farberkennschwäche sind seine Gemälde bunt, bei Unsicherheiten zieht Abt die Farbnummern zurate, um den passenden Ton zu finden. Typisch für Simon Abt sind ausdrucksvolle Gesichter, die Gefühlswelten wie Nervosität, Sucht oder Trauer darstellen.
Der Werdegang des Künstlers war alles andere als vorbestimmt. Eines Tages beschloss er aber, voll auf die Karte Kunst zu setzen. «Ich möchte ein international bekannter Galeriekünstler werden», schrieb er vor einigen Jahren auf ein Blatt Papier – und zieht es seither durch. Bei zwei international tätigen Galerien steht er heute unter Vertrag und kann so immer wieder seine Kunst ausstellen – so hingen seine Bilder schon in Wien, Miami, Shenzhen oder Cannes. Ein besonderes Highlight im vergangenen Frühling: «Ich war zum ersten Mal selbst an einer Ausstellung vor Ort, an der Art Basel.» Viele Künstlerinnen und Künstler seien anwesend gewesen und sie hätten sich untereinander austauschen können. «Es war richtig kitschig, mit Wein und Essen», sagt Simon Abt und lacht.
Missverständnis am Zoll
Das Künstlerleben bestehe aber keineswegs nur aus Vernissagen, Apéros, dem Austausch mit Kolleginnen und Kollegen in Grossstädten. Meistens steht er im Atelier. Sein erster Ausstellungsbesuch hätte vor einiger Zeit eigentlich in Cannes sein sollen, doch kurzfristig konnte er die Reise nicht antreten, da das Geld dafür fehlte. Zwar hatte er gerade ein Bild verkauft, doch die Überweisung traf einen Tag zu spät ein. Grund dafür war, dass der Zoll das Paket mit dem Bild zuvor mehrere Tage zurückbehalten hatte. «Das Zollpersonal war davon ausgegangen, dass das Bild einen Wert von mehreren Millionen habe», sagt Abt belustigt.
Immer wieder erhält er von seinen Galerien Vorschläge für Ausstellungen an neuen Orten. Wie viele Einladungen er annehmen könne, hänge von der Anzahl der verfügbaren Bilder ab, erklärt der Oberbaselbieter. Geplant ist momentan eine weitere Ausstellung in Shenzen, da sich chinesische Kunstfreunde bereits bei seiner letzten Messe interessiert gezeigt hätten. «Die wollen zuerst immer nur beobachten, darum möchte ich mich nochmals zeigen», sagt Abt.
Trotz seiner internationalen Tätigkeit ist der Wittinsburger Künstler sehr auf die Region bezogen. Aufgewachsen ist er in Diegten und besuchte im Bützenen-Schulhaus in Sissach die Schule. Damit verbindet er auch seine Kindheitserinnerungen an die «Volksstimme»: Für die Schule verteilte der junge Simon Abt die Zeitung im Dorf. Auch wenn er die Zeitung erst jetzt selbst liest, habe sie ihn schon immer begleitet. Die «Volksstimme» lag jeweils auf dem Tisch bei den Grosseltern. «Man kennt sie halt einfach», sagt er.
Ein oder zwei seiner Kunden stammen auch hier aus der Region. Von wo genau, kann Abt aber nur vermuten: «Ich glaube, dass ein Sammler in Gelterkinden lebt.»
Über die Kunstszene im Oberbaselbiet weiss er nur wenig. Er habe schon mehrere «coole Sachen» gesehen, doch ein Kontakt bestehe nicht. Allerdings würde er sich über eine Vernetzung freuen: «Ein Austausch wäre auf jeden Fall interessant.»
«Halt einfach die normalen»
Auf die Anfrage der «Volksstimme» für die Gestaltung des Zeitungskopfs habe er sofort zugesagt. Nach seinem Besuch beim Verlag begann Simon Abt ohne Umschweife, die «Timeline» zu zeichnen. Die ersten drei Chefredaktoren der Schaub-Familie sind mit Filzstift auf ein Stück Zeitung der jeweiligen Zeit gezeichnet. Um den Bezug zu heute zu behalten, ist ausserdem der aktuelle Chefredaktor David Thommen porträtiert. Die Arbeit für sein Werk nahm Abt unverzüglich nach seinem Besuch im Museum der «Volksstimme» in Angriff. Danach habe er die «Timeline» einen Moment weggelegt und später nochmals Ausbesserungen gemacht – so gehe er immer vor bei seinen Bildern: «Ich möchte ja schliesslich dahinterstehen können.» Auf die Frage, ob er spezielle Filzstifte für seine Kunst verwende, reagiert Abt irritiert: «Halt einfach die normalen, die auf der einen Seite einen dickeren und auf der anderen Seite einen dünneren Stift haben …» Typisch Simons Art: Geradeheraus und ohne grosse Umschweife. Eine Art, die ihn und seine Kunst schon weit gebracht hat.
Zur Person
Simon Abt, Künstler
Biografisches: Simon Abt (29) lebt in Wittinsburg. Nach der Schule begann er den gestalterischen Vorkurs in Olten, den er aber nicht beendete. Nach mehreren angefangenen Ausbildungen entschloss sich der damals 26-Jährige, voll auf die Karte Kunst zu setzten. Er erstellte eine Internetseite und Visitenkarten und veröffentlichte seine Bilder auf Facebook. Prompt hatte er Erfolg damit.
Ursprüngliche Ausbildung: Abt ist ein Autodidakt, der sich das Malen vorwiegend selbst beibrachte. «Ein wenig Farbtheorie ist wichtig. Den Farbkreis sollte man kennen», sagte er früher einmal in einem Interview mit der «Volksstimme».
Wichtigste Ausstellungen: Heute steht er bei zwei Galerien unter Vertrag und stellt seine Bilder regelmässig auf Kunstausstellungen im In- und Ausland aus.
Nächste Projekte: Momentan arbeitet Abt an einer Bildserie mit bekannten Persönlichkeiten wie Elvis Presley, Jimi Hendrix oder John Lennon, die er mit Filzstift zeichnet.
14 kreative Köpfe
vs. Im September 1882 kam die erste Ausgabe der «Volksstimme» aus der Druckpresse. Zum 140. Geburtstag unserer Zeitung haben wir 14 Künstlerinnen und Künstler aus unserer Region eingeladen, den Zeitungskopf jeweils einer unserer September-Ausgaben zu gestalten. Alle bisher erschienenen Kunstwerke finden Sie gesammelt auf unserer Homepage www.volksstimme.ch und auf Seite 7.
GALERIE
Emotionen im Gesicht: «Habits», «Melancholia» und «Scream»
Simon Abts Kunst zeigt Porträts fiktiver Personen, die starke Emotionen ausdrücken. Bunt, aber oft doch düster, bringen die Porträtierten Gefühlswelten auf eindrucksvolle Weise hervor. Begonnen hat Abt mit Acrylfarbe, in letzter Zeit malt er aber gerne mit Filzstift. Diese neueren Werke des jungen Künstlers sind vergleichsweise einfach, aber dennoch ausdrucksvoll.