Scheinwerfer an im Steinbruch
26.08.2022 Bezirk Sissach, LäufelfingenBrigitte Keller
«Es wäre lässig, wenn wir hier mal ein Gastspiel machen könnten.» Das hat sich die Truppe rund um Danny Wehrmüller immer mal wieder gewünscht, seit es die Theatergruppe Rattenfänger gibt. Und dies sind beachtliche 33 Jahre. Bisher war es aus ...
Brigitte Keller
«Es wäre lässig, wenn wir hier mal ein Gastspiel machen könnten.» Das hat sich die Truppe rund um Danny Wehrmüller immer mal wieder gewünscht, seit es die Theatergruppe Rattenfänger gibt. Und dies sind beachtliche 33 Jahre. Bisher war es aus verschiedenen Gründen nicht möglich. Beispielsweise weil die Bühnenanlagen viel zu gross waren und eine Verlegung für ein Gastspiel viel zu aufwendig gewesen wäre. Oder die finanziellen Vorgaben hatten nicht gepasst. «Und manchmal ist die Spielort-Verwandtschaft – also die Verbindung von Ort und Stück – so nah, dass es nicht sinnvoll wäre, die Produktion an einen anderen Ort zu verlegen. Es würde etwas fehlen», sagt Regisseur und Produzent Wehrmüller.
Heuer passt alles. Beim Realisieren der Freilichtaufführung «Hauenstein» arbeiteten der Theatermacher aus Muttenz und die Verantwortlichen vom «Silo 12» bekanntermassen eng zusammen. Und so keimte im Frühling die Idee, diese Verbindung und den bestens bekannten Ort beim Steinbruch in Läufelfingen für ein Gastspiel zu nutzen.
Neue Erfahrung gewinnen
Die diesjährige Produktion «Nathan der Weise» benötigt nur wenig an Bühnenequipment. Stattdessen wird im Steinbruch eine Tribüne für die Zuschauer aufgebaut. Das Ensemble hofft auf mindestens 100 Zuschauer. «Alles darüber wäre noch schöner», sagt Wehrmüller. Für das Gastspiel wird mit einem Aufwandposten im Budget gerechnet, doch die Gelegenheit und die damit verbundene Erfahrung wird in jedem Fall als Gewinn betrachtet.
Die Wahl für die diesjährigen Freilichtspiele fiel auf «Nathan der Weise», geschrieben 1779 von Gotthold Ephraim Lessing. Entweder sucht das Ensemble gemeinsam mittels Lesegruppe etwas aus oder überlässt Wehrmüller die Wahl. Ihm war von Anfang an klar, dass er teilweise parallel auch an der grossen Produktion von «Hauenstein» arbeiten würde. Deshalb sollte für die «Rattenfänger» in diesem Jahr eine kleinere Produktion, was die Grösse des Ensembles und den damit verbundenen Aufwand für die Proben und die Bühnenbauten anbelangt, zur Aufführung gebracht werden. Für die grossen Rollen muss bis zu dreimal pro Woche geprobt werden. Das kann und will nicht jeder und jede jährlich leisten, und so fügte sich eins zum anderen.
Wehrmüller hat, wie er selbst von sich sagt, den Hang zu alter Theaterliteratur. «Es gibt Stücke, die möchte ich unbedingt noch machen. Davon habe ich vier bis fünf im Kopf.» Ausschlaggebend für das Lessing-Stück sei dann gewesen, dass er einen «Nathan» im Auge hatte. Der Entscheid war gefallen, als er die Zusage von Peter Wyss hatte, die Hauptrolle zu übernehmen, und ebenso die Zusagen für weitere Hauptrollen.
Etwas zu sagen haben
Die Theatergruppe Rattenfänger wurde im Jahr 1989 gegründet. Der Name des Ensembles leitet sich vom ersten gemeinsamen Stück ab, «Der Rattenfänger» von Carl Zuckmayer, das ein Jahr später die Tradition der Freilichtspiele einläutete. Und ebenso lange ist Peter Wyss Mitglied des Ensembles.
«Wir machen prinzipiell zeitgenössisches Theater, auch wenn wir Klassiker spielen. Das heisst, wenn wir ein Stück machen, muss es uns aus der Warte der heutigen Zeit wirklich noch etwas zu sagen haben», sagt Wehrmüller. Das Publikum bekommt eine moderne Inszenierung und soll den Theaterabend mit Fragestellungen und Figuren aus der Gegenwart verbringen. Damit das funktioniert, braucht es eine heutige Optik, findet Wehrmüller.
Neben der Regie ist er immer auch für die Spielfassung verantwortlich. Dafür musste er das Originalstück, welches über vier Stunden lang ist, kürzen. «Wegen der schieren Masse muss einfach mal die Hälfte weg», wie es Wehrmüller ausdrückt. Das geschieht beispielsweise, indem man Monologe rauswirft und retardierende Momente – also Nebenschauplätze – weglässt. Die Spielfassung erfordert auch, handlungszentrierter zu werden, was bedeutet, Handlungen drinzulassen und rein Beschreibendes zu streichen.
Das Publikum in Muttenz und in Läufelfingen bekommt eine ernsthafte, aber ebenso unterhaltende Aufführung zu sehen, in deren Mittelpunkt die immer noch bestehenden Konflikte zwischen den Konfessionen, den Religionen, den Geschlechtern, zwischen Reich und Arm, Mächtigen und Ohnmächtigen stehen. Lessings Kampf gegen Vorurteile, sein Plädoyer für Toleranz sind aktueller denn je.
Theatergruppe Rattenfänger, Gastspiel «Nathan der Weise», Samstag, 3. September, 20 Uhr. www.theatergruppe-rattenfaenger.ch