Biogas als Energie für die Zukunft?
18.08.2022 Bezirk Sissach, Ormalingen, Energie/UmweltSander van Riemsdijk
Wer kennt sie nicht, die grossen Rundbecken mit gewölbtem Dach, meistens in ländlicher Umgebung? Es sind Biogasanlagen, die der nachhaltigen Produktion von Strom und Wärme dienen, indem in einem natürlichen Prozess organische Stoffe in ...
Sander van Riemsdijk
Wer kennt sie nicht, die grossen Rundbecken mit gewölbtem Dach, meistens in ländlicher Umgebung? Es sind Biogasanlagen, die der nachhaltigen Produktion von Strom und Wärme dienen, indem in einem natürlichen Prozess organische Stoffe in energiereiches Biogas umgewandelt werden. So auch in Ormalingen, am Maloyaring, wo in einer von insgesamt drei Gemeinden im Baselbiet – die anderen zwei Anlagen befinden sich in Pratteln und in Liesberg – eine Biopower-Anlage seit Ende 2008 jährlich 9000 Tonnen Grüngut, Bioabfälle sowie Gülle und Mist aus der Region verarbeitet.
Der daraus produzierte regenerative Brennstoff Biogas wird energetisch genutzt und mittels Blockheizkraftwerke (BHKW) zu Strom und Wärme aufbereitet. «Mit dem gewonnenen Biogas können wir die halbe Gemeinde Ormalingen mit Strom versorgen und via Wärmeverbund Gevo ein Viertel der Haushalte mit Wärme», sagt Geschäftsleiter Mike Keller und unterstreicht damit, dass Biogas ein Energieprodukt für die Zukunft sein kann.
Ist Biogas, das vereinfach gesagt durch «Verfaulung» einer Biomasse unter Ausschluss von Sauerstoff entsteht, damit das Zauberwort für die Energiezukunft?
Nachfrage nach Biogas gestiegen
Gerade in Zeiten von Energiekrise und von Klimaerwärmung ist der Ruf nach alternativen Energieformen gross. Keller bestätigt, dass die Nachfrage nach Biogas durch das allmähliche Versiegen der fossilen Energiequellen gestiegen ist. Er dämpft jedoch allfällige Erwartungen, denn Biogas kann Erdgas nicht voll ersetzten: «Das Biogas muss als Substitution zum Erdgas betrachtet werden. Wenn wir die gesamte in der Schweiz theoretisch verfügbare Biomasse nutzen würden, könnten höchstens 10 Prozent des Schweizer Erdgasverbrauchs abgedeckt werden.»
Insgesamt verfügt die Schweiz mittlerweile über 90 landwirtschaftliche und 30 industrielle Betriebe als Lieferanten. Nicht unwichtig ist der Standort der Biogasanlage. Von grossem Vorteil ist die Nähe zu den Bauernhöfen, die den Bioabfall liefern, wie dies in Ormalingen der Fall ist. «Der Transportweg darf nicht zu lange sein. Dies kostet Energie, die wir dann beim eigentlichen Ziel des Energiesparens wieder unnötig verlieren», erläutert Keller. Zudem befindet sich die Anlage in Ormalingen direkt neben der Wärmezentrale der Gevo. «Somit kann die produzierte Wärme direkt in die Wärmespeicher gefördert werden und wir können das ganze Jahr liefern», so Keller.
Vierte Anlage geplant
Um der Erhöhung der Nachfrage entsprechen zu können, ist in der Nordwestschweiz eine vierte Anlage geplant. Keller rechnet damit, dass diese in etwa zwei bis drei Jahren in Betrieb genommen werden könnte.
Für die Nachhaltigkeit von Biogas kann jeder Haushalt in der Schweiz seinen Beitrag leisten. Keller bringt es auf einen einfachen Nenner: «Solange organische Rest- beziehungsweise Abfallprodukte vorhanden sind, kann Biogas produziert werden.» Oberste Richtlinie dabei ist, dass Bioabfälle nicht in den Kehricht gehören. Diese Abfälle aus der Küche, vom Balkon oder aus Gärten sollen getrennt gesammelt werden.
Anschliessend werden diese, damit sie nicht verrotten und daraus eine Menge CO2 entstehen würde, zur Verwertung einer Vergärungsanlage zugeführt und können dort zu Gärgut und erneuerbarer, CO2-neutraler Energie aufbereitet werden. So können alle einen wichtigen Beitrag zur Einsparung fossiler Brennstoffe liefern.
Der Biogas-Prozess
svr. Beim Vergärungsprozess handelt es sich um eine Verstoffwechselung der Bioabfälle oder des Klärschlamms durch Mikroorganismen unter Ausschluss von Sauerstoff, also fast gleich wie der Verdauungsprozess bei einer Kuh. Denn kaut die Kuh das Gras, wird eine mechanische Zerkleinerung der Bioabfälle vorgenommen. Schluckt und verdaut die Kuh dann das Gras, werden die aufbereiteten Bioabfälle in das Reaktorsystem geführt. Verschiedene Mikroorganismenarten bauen die Biomasse schrittweise um und ab. Übrig bleiben Methangas und ein Feststoff. Während die Kuh das durch die Verdauung gewonnene Gas ungenutzt in die Atmosphäre abgibt – circa 400 Liter pro Tag – wird das Gas bei der Biogasanlage mechanisch gefasst und als erneuerbare Energie genutzt. Ebenso könnte diese zum Autofahren genutzt werden.