Janis Erne
Schweizweit berichteten die Medien über die Tragödie. Sogar die britische Tageszeitung «The Sun» nahm sich des Falls an, nachdem am 17. Januar 2021 die leblose, 31-jährige Baselbieterin Sandra C.* aus dem Thunersee geborgen wurde. Die Leiche war mit einem ...
Janis Erne
Schweizweit berichteten die Medien über die Tragödie. Sogar die britische Tageszeitung «The Sun» nahm sich des Falls an, nachdem am 17. Januar 2021 die leblose, 31-jährige Baselbieterin Sandra C.* aus dem Thunersee geborgen wurde. Die Leiche war mit einem Sockelgewicht für Verkehrsschilder in der Tiefe gehalten worden. Die zuständige Regionale Staatsanwaltschaft Oberland ging von Anfang an von einem Tötungsdelikt aus.
Zehn Tage nach dem Leichenfund wurde ein Tatverdächtiger festgenommen, der seither in Haft sitzt. Am vergangenen Mittwoch teilte die Staatsanwaltschaft schliesslich mit, dass sie den Tatverdächtigen angeklagt habe. Laut unbestätigten Informationen wohnte der mutmassliche Täter zuletzt im Oberbaselbiet.
Mehrere Hausdurchsuchungen
Am 27. Januar, an dem Tag, als die Staatsanwaltschaft die Festnahme eines «dringend tatverdächtigen Mannes» vornahm, kam es in einer Gemeinde im Homburgertal bei Peter A.* zu einer gross angelegten Hausdurchsuchung. Augenzeugen berichten, dass etwa acht Autos mit Berner und Baselbieter Kennzeichen vorgefahren seien. Polizistinnen und Ermittler in Zivil hätten die Wohnungen und den Garten des Hauses durchsucht. Recherchen zeigen, dass es sich beim betroffenen Eigentümer um einen damals 36-Jährigen Schweizer handelt. Das gleiche Alter hatte auch die Staatsanwaltschaft nach der Verhaftung des mutmasslichen Täters genannt. Augenzeugen berichten weiter, dass es in den Folgewochen und -monaten zu weiteren Durchsuchungen im gleichen Haus gekommen sei.
Für einen Zusammenhang dieser Hausdurchsuchungen mit dem «Thunersee-Fall» spricht, dass Peter A. seither nicht mehr an seinem Wohnort aufgetaucht ist. Zwei Passanten meinen, ihn einmal in einem Kastenwagen der Polizei vor seinem Haus gesehen zu haben. Ein weiteres Indiz: Peter A. ist der Ex-Freund der tot aufgefundenen Frau, wie es aus zuverlässiger Quelle heisst. Dies deckt sich mit der Formulierung der Staatsanwaltschaft, dass der Angeklagte «aus dem Umfeld des Opfers» stamme. Weiter sagte ein früherer Arbeitskollege von Peter A. gegenüber der «Volksstimme», dass dieser Mitte Januar 2021 auf dem Werkhof-Areal verhaftet worden und seither nicht mehr erschienen sei. Peter A. war für eine Strassen- und Tiefbaufirma im Kanton Solothurn tätig.
Auch die Verstorbene hat einen Bezug zum Oberbaselbiet. Laut einem ehemaligen Schulkameraden hat Sandra C. eine Zeit lang die Realschule in Rümlingen besucht und im Sommerau-Internat gewohnt. Dies deckt sich mit der Aussage ihrer Mutter. Gegenüber dem «Blick» hat sie gesagt, dass ihre Tochter die Jugend in verschiedenen Heimen verbracht habe. Wie ebenfalls der «Blick» berichtete, hat Sandra C. bis zu ihrem Tod in Münchenstein gewohnt. In der Freizeit sei sie regelmässig als DJane aufgetreten.
Beschuldigter spricht von Unfall
Wie vorgestern bekannt gegeben wurde, wirft die Staatsanwaltschaft dem Beschuldigten Mord und Störung des Totenfriedens vor. Sie erachtet es als erwiesen, dass sich der mutmassliche Täter einen Tag vor dem Leichenfund mit dem späteren Opfer traf. Dabei habe er ihr Verletzungen zugefügt und sie schliesslich stranguliert, sodass sie verstarb. Den Leichnam soll er nach der Tat mit einem Auto zum Thunersee transportiert und mit einem Gewicht beschwert im See versenkt haben. Wo es zur vermuteten Tat gekommen ist, sei noch unklar, sagte Christof Scheurer, Informationsbeauftragter der Berner Staatsanwaltschaft, gegenüber «20 Minuten».
Eine andere Version vertritt offenbar der Beschuldigte. «Er steht dazu, im Zusammenhang mit dem Tod der Frau zu stehen, macht aber einen Unfall geltend», so Scheurer weiter. Und gegenüber der «Volksstimme» präzisiert er: «Der Beschuldigte sagt, er habe sich im Zuge einer Panikreaktion dazu entschlossen, die Leiche im See zu versenken.»
Der Beschuldigte, der sich seit dem 18. Mai im vorzeitigen Strafvollzug befindet, muss sich nun vor dem Regionalgericht Oberland verantworten. Ein Gerichtstermin steht noch nicht fest. Bis zur einer allfälligen letztinstanzlichen Verurteilung gilt für den Beschuldigten die Unschuldsvermutung.
*Namen der Redaktion bekannt