Resistentere Rebsorten für den Markt
19.07.2022 Bezirk Sissach, Buus, LandwirtschaftOtto Graf
Im Gebiet Berg in Buus erstand Ernst Löw im Jahr 1977 ein 3,5 Hektaren haltendes Rebgelände, dem heute eine der fünf Rebschulen in der Schweiz mit Platz für rund 40 000 Pflanzen angegliedert ist. «Wir ziehen Edelreiser zum Vermehren geeigneter Rebsorten», ...
Otto Graf
Im Gebiet Berg in Buus erstand Ernst Löw im Jahr 1977 ein 3,5 Hektaren haltendes Rebgelände, dem heute eine der fünf Rebschulen in der Schweiz mit Platz für rund 40 000 Pflanzen angegliedert ist. «Wir ziehen Edelreiser zum Vermehren geeigneter Rebsorten», beschreibt Fredy Löw, Sohn des Gründers, den Zweck der Rebschule. Auf Bestellung werden Reben gepflanzt, die der Markt verlangt.
Ziel ist es, den Markt mit qualitativ hochstehenden sowie gegen Pilze und Insekten resistenten Reisern zu beliefern. Diese werden dann im Rebberg der Kundschaft auf bestehende Unterlagen aufgepfropft. Im Gegensatz zum Pfropfen von Kirsch- oder Apfelbäumen, hebt der Buusner Winzer hervor, sei das Veredeln von Reben wesentlich aufwendiger und setze entsprechendes Fachwissen voraus. Zur Kundschaft der Rebschule Löw zählen aber nicht nur hauptberufliche Winzerinnen und Winzer: Der Inhaber verkauft auch geeignete Pflanzen an Privatpersonen und berät diese.
Wie wichtig der Anbau von Rebsorten ist, die gegen Schädlinge möglichst resistent sind und dennoch hochwertige Weine hervorbringen, zeigt die Geschichte: Löw erinnert daran, dass die Reblaus im 19. und zu Beginn des 20. Jahrhunderts in Europa verheerende Schäden verursacht hatte. Gleichzeitig entwickelte die chemische Industrie Schutzmittel, um die Schädlinge in Schach zu halten.
Für Genuss und Umwelt
Als unerwünschter Nebeneffekt zeigte sich, dass die chemischen Substanzen auch den Nützlingen zusetzen. In der Folge kamen deshalb naturverträglichere Fungizide und Pestizide auf den Markt. «Im Vergleich zu früher setzen wir heute massiv weniger Spritzmittel ein», betont der Weinbauer. «Die Rebschulen», so Löw weiter, «tragen in hohem Masse dazu bei, die Rebbäuerinnen und Rebbauern mit Pflanzen zu versorgen, die nicht nur guten Wein hervorbringen, sondern auch die ökologischen Aspekte berücksichtigen.»
Zusammen mit Forschungsinstituten züchten die Rebschulen laufend neue Sorten und entwickeln bestehende weiter. «Die Geschmäcker der Weintrinkerinnen und -trinker ändern sich. Folglich verlangt der Markt auch neue Weine», begründet der Fachmann diese Entwicklung. Neue Sorten müssten verschiedensten Kriterien genügen. Das Weiterentwickeln hin zu Rebsorten, die weniger Schutzmittel benötigen, erfolge heute hauptsächlich mittels Klonen von Pflanzen in einem aufwendigen Prozess. Eine andere Methode mit genveränderten Pflanzen sei aus politischen Gründen kein Thema in der Schweiz. In ferner Zukunft, lässt Löw durchblicken, sei es aber nicht ausgeschlossen, dass genveränderte Reben auf den Markt kommen.
Alle Rebschulen in der Schweiz sind zertifiziert und werden jährlich kontrolliert. Der Kunde hat Gewähr, dass er qualitativ hochstehende Sorten und Klone erhält. Löw bietet derzeit eine ganze Palette verschiedener Rotweinund Weissweinsorten an. Ausserdem verfügt er über eine grosse Auswahl an Spalierreben. In Buus werden neben den bekannten Keltersorten und Spezialitäten auch Neuzüchtungen, interspezifische Traubensorten sowie Tafeltrauben auf verschiedenen Unterlagen produziert. Auf Bestellung veredelt der Fachmann schliesslich Selektionen der Kundschaft.
Wie der Buusner Weinbauer weiter berichtet, darf jeder für den Eigenbedarf vier Aren Reben anbauen. In vielen privaten Gärten und an Fassaden würden deshalb ausser den Sorten zum Keltern auch Tafeltrauben gehalten, die gegen Pilze und Insekten weitgehend resistent sind.
Hobbywinzer, aber auch professionelle, haben heuer wohl Glück: Der Weinjahrgang 2021 wird dank der sonnigen Witterung vor der Ernte einen guten Tropfen abgeben, ist Löw überzeugt. Obwohl der Weinkonsum in der Schweiz rückläufig ist, blickt der Fachmann optimistisch in die Zukunft: «Wir haben die Covid-19-Situation gemeistert und werden auch mit künftigen Herausforderungen klarkommen.»