«Das Jodeln ist mein Leben»
05.05.2022 ZiefenKarin Ramseyer ist neue Präsidentin des Nordwestschweizerischen Jodlerverbands
Karin Ramseyer strahlt Ruhe, Zuversicht und Lebensfreude aus. Seit Mitte März ist sie die neue Präsidentin des 1935 gegründeten Nordwestschweizerischen Jodlerverbands, ein Unterverband des ...
Karin Ramseyer ist neue Präsidentin des Nordwestschweizerischen Jodlerverbands
Karin Ramseyer strahlt Ruhe, Zuversicht und Lebensfreude aus. Seit Mitte März ist sie die neue Präsidentin des 1935 gegründeten Nordwestschweizerischen Jodlerverbands, ein Unterverband des Eidgenössischen Jodlerverbands mit rund 2200 Mitgliedern in Basel-Stadt, Baselland, Solothurn und Aargau.
André Frauchiger
Karin Ramseyer ist 44-jährig, in Muttenz aufgewachsen und hat dort die Schulen besucht. Seit zehn Jahren wohnt sie in Ziefen. Besonders stolz äussert sie sich über ihre drei «Gottemeitli», die 18, 13 und 9 Jahre alt sind. Sie nimmt sich für diese auch ausreichend Zeit – trotz Vollzeitjob und grossem Hobby.
Ja, sagt sie, Respekt habe sie vor dem neuen Amt als Präsidentin des Nordwestschweizerischen Jodlerverbands, aber auch viel Freude über das ihr entgegengebrachte Vertrauen. Seit dem Jahr 2014 wirkte sie als Vizepräsidentin im Vorstand mit. Erst nach verschiedenen Gesprächen mit Verbandsmitgliedern habe sie sich entschlossen, sich für die Nachfolge der langjährigen Präsidentin Silvia Meister aus Matzendorf zu bewerben. Coronabedingt musste die Wahl schriftlich erfolgen, ohne Versammlung. Das Resultat stand dann am 25. Februar fest: Karin Ramseyer war gewählt. Besonders freut sie, dass sich ihre Vorgängerin bereit erklärt hat, sie bei Bedarf weiterhin beratend zu unterstützen. Das gebe Sicherheit. Die Ehrung von Silvia Meister für ihre Verdienste soll an der Delegiertenversammlung 2023 gebührend nachgeholt werden, das ist Karin Ramseyer ein grosses Anliegen.
«Seit meiner Lehre ist die Gastronomie meine berufliche Welt», erklärt Ramseyer. Sie durchlief alle Etappen der Gastronomie – vom Service über die Hauswirtschaft bis zum Wirtepatent. Seit viereinhalb Jahren ist sie Wirtin des Hotels Garni Mittenza in Muttenz. «Ich lebe für die Gastronomie und das Jodeln», sagt sie mit Überzeugung. «Das ist mein Leben.» Beruflich steht aber eine Veränderung an: Sie wird auf Anfang kommenden Jahres in das Gesundheitswesen wechseln, «weil mich medizinische Belange schon immer interessiert haben». Seit eineinhalb Jahren hat sie sich nebenberuflich darauf vorbereitet und auch ein Praktikum im Bruderholzspital absolviert. Doch zurück zum Hobby: Mit dem Jodeln hat sie schon im Alter von acht Jahren begonnen. «Meine Tante gab mir beim Jodeln den Antrieb», erklärt sie. Mit neun Jahren kam sie ins «Chinderchörli Sunneschyyn» unter der Leitung von Rita Wermuth. Rita Wermuth habe sie seither all die Jahre musikalisch begleitet, gefördert und schule sie auch heute noch beim Jodeln. «Ohne diese Unterstützung wäre ich heute nicht da, wo ich bin.» Für diese Hilfe sei sie Rita Wermuth sehr dankbar.
Karin Ramseyer: «Musik ist für mich ganz wichtig im Leben. Die Begabung zum Jodeln habe ich auch in die Wiege gelegt bekommen. Wenn ich jodle, muss ich aber auch aufpassen, nicht zu emotional zu werden, weil die Musik mich stark berühren kann.» Und weiter: «Jodeln ist mein Leben, das Brauchtum, das ich leben darf. Ich wollte dem Jodeln schon immer treu bleiben – und das habe ich bis heute so gehalten. Das war besonders während der Schulzeit nicht ganz einfach, ich wurde immer wieder belächelt.» Die Verbandspräsidentin spielte früher während zehn Jahren auch Querflöte und nahm Stunden in klassischem Gesang.
«Jodeln ist nicht kleinkariert»
Die neue Verbandspräsidentin baut keine Luftschlösser, wenn sie festhält: «Für mich war immer klar: Ich will mein Hobby, das Jodeln, nicht zu meinem Broterwerb machen. Die Freiwilligkeit möchte ich mir erhalten. Zudem wäre Jodeln auch ein sehr harter Broterwerb.» Sie fasziniert der Ursprung des Jodelns, das Jodeln und Juchzen zur Verständigung über grosse Distanzen in den Bergtälern. Und der Kehlkopfschlag und die starke Bruststimme, die für das Jodeln notwendig sind.
Seit 2004 singt Karin Ramseyer im Jodlerklub Füllinsdorf mit, ebenso im Jodlerterzett «Guggerchirsi», zusammen mit Nicole Rickenbacher und Adrian Schiesser Wermuth. Einen Auftritt mit dem Jodlerterzett gab es auch schon in der Volksmusik-Sendung «Potzmusig» des Schweizer Fernsehens.
«Nur mit Herzblut»
Karin Ramseyer ist überzeugt: «Musik geht nur mit Herzblut.» Marie-Theres von Gunten als Komponistin des Liedes «Mach’s wie d’Sunneblueme» bringe es auf den Punkt: Die Sonnenblume vermittle Grösse, Stärke und Kraft. Und habe auch einen Kern, nämlich das Herz. Die Sonnenblume drücke genau das aus, was das Jodeln ausmache. Beim Jodeln gehe es auch um Heimatgefühle, die im Kreise von Freunden entstünden, ohne Pathos und räumliche Begrenzung. Denn Jodeln sei absolut weltoffen und überhaupt nicht kleinkariert.
Wie haben der Jodlerverband und seine Mitglieder die Corona-Zeit überstanden? «Wir bemühten uns von Vorstandsseite, während der Pandemiezeit das Gefühl der Zusammengehörigkeit zu fördern.» Über Pfingsten führt der Nordwestschweizerische Jodlerverband immer ein Schnupperweekend für Kinder und Jugendliche im Alter zwischen 8 und 18 Jahren durch. So auch in diesem Jahr. Zum Kennenlernen können dabei die drei Verbandssparten Fahnenschwingen, Alphornblasen und Jodeln besucht werden. Auf diese Weise wird der Nachwuchs gefördert. Jeweils 30 bis 60 Kinder und Jugendliche kommen aus allen vier Nordwestschweizer Kantonen.
Welche nächsten Ziele verfolgt die Präsidentin mit ihrem Vorstand? «Wir wollen in erster Linie für unsere Mitglieder da sein.» Und: «Wir suchen einen neuen Ort für das Nordwestschweizerische Jodlerfest, das im Jahr 2025 stattfindet.» Gesucht werden hierfür mehrere sehr engagierte Trägervereine.