Unterwegs auf der Grenze
28.05.2022 Baselbiet, Gemeinden, GesellschaftAm Banntag schnürten sich Gross und Klein die Wanderschuhe
Gelterkinden: Mit Musik
pae. Um die 1000 Gelterkinderinnen und Gelterkinder liessen es sich bei schönstem Wetter nicht nehmen, nach zweijähriger Covid-Pause wieder einen Banntag zu ...
Am Banntag schnürten sich Gross und Klein die Wanderschuhe
Gelterkinden: Mit Musik
pae. Um die 1000 Gelterkinderinnen und Gelterkinder liessen es sich bei schönstem Wetter nicht nehmen, nach zweijähriger Covid-Pause wieder einen Banntag zu geniessen. Bürgerratspräsident Thomas Haegler ist glücklich, dass der Banntag wieder wie gewohnt durchgeführt werden konnte. «Es ist ein Familienfest der Geselligkeit, für alle offen.»
Punkt 12 Uhr verliessen die fünf Rotten unter den Klängen des Musikvereins Gelterkinden den Dorfplatz, um zuerst gemeinsam das Zentrum des Dorfes zu umrunden und dann auf getrennten Routen die Stierenstallhütte auf dem Gelterkinder Berg zu erreichen. Vier Rotten folgten den Grenzen der Gemeinde Gelterkinden, was zum Teil eine sportliche Leistung darstellte, ging es doch mehrfach bergauf und bergab. Eine fünfte Rotte – Familien mit kleinen Kindern und ältere Teilnehmer – nahm die direkte Route durch das Frändletental Richtung Gelterkinder Berg unter die Füsse.
Bei der Stierenstallhütte gab es für alle Banntägler Speis und Trank, wobei der Kuchen, gebacken und gespendet von Gelterkinder Frauen, besondere Erwähnung verdient. Das Musikcorps kam wieder beim Fest auf dem Gelterkinder Berg und zum Abschluss gegen 19 Uhr auf dem Gelterkinder Dorfplatz zum Einsatz, wo die vier Rottenchefs mit ihren kleinen blauen Fahnen den Dorfbrunnen viermal umkreisten, und wo auch die grosse Fahne der Bürgergemeinde nochmals präsentiert wurde. Anschliessend durfte in den Gelterkinder Restaurants weiter gefeiert werden.
Der Banntag ist das grösste Gelterkinder Volksfest, das normalerweise jedes Jahr gefeiert werden kann. Wie Thomas Haegler meint: «Viele Menschen, die sich unter dem Jahr nie treffen, auch auswärts Wohnende, können sich am Banntag wieder sehen, miteinander sprechen und es zusammen lustig haben».
Ziefen: Prominenter Bürger
tho. Was war denn hier los?Als sich der Banntagszug beim Ziefner Schulhaus in Bewegung setzte, deutete noch wenig auf eine Rekordbeteiligung hin. Doch je länger die Rotte hinter dem Musikverein durchs Dorf schritt, desto mehr Wanderinnen und Wanderer schlossen sich aus allen Nebenstrassen an und desto länger wurde der Zug. Bald schon waren die Mitglieder der organisierenden Bürgergemeinde an den Handys zu sehen, um zusätzlichen Proviant für den ersten Zwischenhalt auf dem «Bütschel» zu bestellen. Mehr als 200 Banntäglerinnen und Banntägler wurden letztlich gezählt. «Das haben wir noch nie erlebt», sagten die Organisatoren.
Es mag das ideale Wetter gewesen sein, das die Leute zum Marsch entlang der Grenze animierte, zudem gab es bestimmt Nachholbedarf, nachdem der Banntag wegen der Pandemie zwei Mal ausgefallen war. Und die eine oder der andere dürfte auch neugierig auf den mitmarschierenden Ehrengast gewesen sein: Den bekannten TV-Mann Nik Hartmann, der einst als «Wanderer der Nation» Berühmtheit erlangte und heute bei «CH Media» arbeitet.
Hartmann ist Ziefner Bürger und folgte zusammen mit seiner Familie der Einladung der Bürgergemeinde. Allzu viel habe er über «Ziefen/BL» zuvor nicht gewusst, gestand Hartmann. Am Banntagsabend hingegen war er über restlos alles bis hinein in die kleinste Verästelung seines Stammbaums im Bild, nachdem er von Dorfhistoriker Franz Stohler und weiteren Rednern über seinen Bürgerort im Fünflibertal aufgeklärt worden war. Hartmann, der am Abend zuvor noch die «Swiss Music Awards» auf «3+» live moderiert hatte, zeigte sich den ganzen Tag über nahbar – Ansprechen war ausdrücklich erwünscht. Seine kurze Rede am Ziel des Banntags auf dem gut besuchten Festplatz beim Schützenhaus eröffnete er treffend mit «Liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger …»
Nach dem ersten Zwischenhalt auf dem «Bütschel» in Richtung Arboldswil/Reigoldswil teilte sich der grosse Zug in drei Rotten mit unterschiedlichen Schwierigkeitsgraden auf. Am einfachsten hatte es die gut besetzte «Kinderwagenrotte». Auf den anderen beiden Routen am «Holzenberg» und entlang der Grenze zu Arboldswil mussten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer bald zur Kenntnis nehmen, dass es an den Ziefner Rändern zum Teil unheimlich stotzig ist. So steil, dass die Nachbarn aus Arboldswil für ihren gleichzeitig stattfindenden Banntag an einzelnen Passagen Seile montiert hatten, an denen sich auch die Ziefnerinnen und Ziefner hochhangeln durften. Tatsächlich kreuzten sich die Ziefner und die Arboldswiler Banntagszüge im Gebiet Luftmatt. Da alle Grenzsteine offensichtlich noch am richtigen Ort stehen, wurde es zum freundnachbarschaftlichen kurzen Happening an diesem durch und durch gefreuten Auffahrtstag mit Volksfestcharakter.
Itingen: Frei bewegen
svr. Zwei Jahre haben die Itingerinnen und Itinger pandemiebedingt auf ihren Banntag verzichten müssen. Umso grösser war die Freude, als Bürgerrat Richard Heiz vor dem Gemeindehaus die zahlreich erschienene Bevölkerung mit den Worten offiziell begrüssen durfte: «Auf die weltpolitische Lage möchte ich hier nicht eingehen, umso schöner ist es, dass wir uns frei bewegen können», sagte er.
Musikalisch umrahmt wurde die Begrüssung von den Klängen des örtlichen Musikvereins, der sich auch für die Festwirtschaft auf dem Banntagplatz als Endstation des Bannumgangs verantwortlich zeichnete.
Viele Einwohnerinnen und Einwohner, jung und alt, liessen es sich nicht nehmen, endlich wieder für die Grenzwanderung die Wanderschuhe zu schnüren. So startete nach dem offiziellen Empfang eine sehr grosse Gruppe auf die lange und teilweise steile Begehung – wie gewohnt zuerst Richtung Sissach. Der Weg führte unmittelbar dem südlichen Bann entlang bis zum ersten kulinarischen Halt. Gestärkt wurde im Anschluss der Aufstieg zum «Dreiangelstein» in Angriff genommen. Hier konnte sich die Bevölkerung traditionell ins Banntagbuch eintragen und den Bürger-Batzen entgegennehmen. Alsbald ging es weiter Richtung Banntagplatz, wo der Anlass mit Speis und Trank und bei herrlicher Witterung würdig abgeschlossen wurde.
Wittinsburg: Alles noch am rechten Ort
liz. Der Wittinsburger Bann ist gesichert. Dies bestätigten die beiden Rotten, die am Auffahrtstag nach vierjähriger Pause wieder den Grenzen entlangwanderten. OK-Chef Daniel Hutter zeigte sich in seiner Begrüssung erfreut darüber, dass der Banntag wieder im üblichen Rahmen stattfinden kann.
Die Wittinsburgerinnen und Wittinsburger teilten sich in zwei Rotten auf, welche die Grenzen der Gemeinde gemeinsam «kontrollierten». Bei der Routenwahl wurde darauf geachtet, wenn möglich auch wirklich entlang der Grenze zu wandern. Die Teilnehmenden liess sich dabei auch nicht von Bachüberquerungen und steilen Passagen im Wald abhalten.
Am frühen Nachmittag trafen die beiden Rotten auf dem Wittinsburger Feld zusammen und konnten bestätigen: Die Grenzen stimmen noch! Es folgte ein fröhliches Beisammensein mit einer Festwirtschaft des einheimischen «Trecker-Teams». Musikalisch untermalt wurde der Anlass vom einheimischen Alphorntrio «Mir wei luege» und den «Örgelifreaks» aus Nusshof. Schönes Wetter, passende Rahmenunterhaltung und eine bestens organisierte Festwirtschaft – es war ein Banntag wie aus dem Bilderbuch.
Tenniken: Schenken macht glücklich
bbu. Würde man in Tenniken, wo der Banntag nur alle zwei Jahre durchgeführt wird, dieser Regel Folge leisten, so müsste man noch ein Jahr zuwarten, um wieder gemeinsam die Grenzen abschreiten zu können. Doch nach zwei Jahren Zwangspause wollte man aber nicht länger mit dem sehr beliebten Anlass zuwarten.
Bevor sich die Tenniker auf den Weg machten, nahmen sie am Gottesdienst teil, in dem Pfarrer Ulrich Dällenbach das Schenken und Nehmen thematisierte: Während Beschenkte ihr Glück meistens gar nicht erwartet hatten, werden diejenigen, die sich so viel nehmen, wie sie können, von Angst und Eifersucht geleitet. Auch die gegenwärtige Krise hat damit zu tun, da hier einer nehmen will, was ihm nicht gehört, und sich daher die Ukraine in einem ununterbrochenen «Banntagszustand» befinde, jedoch nicht, um versetzte Grenzsteine wieder zurechtzurücken, die Verteidigung dieser Grenze ist zu einer blutigen Angelegenheit geworden. Wer schenkt anstatt zu nehmen, bereitet Freude und zeigt Wertschätzung dem Gegenüber und dies befreit von Angst. Wer schenkt, kann zudem grosszügig denken, bekommt einen weiten Horizont.
Mit diesen Worten im Ohr, dass auch das schöne Wetter, die Musik, die Kontakte und wunderschöne Natur als Geschenk zu sehen sind, machten sich die «Banntägler» anschliessend auf in Richtung Tenniker Fluh, Rastplatz Gisiberg, bis zur Diegter Grenze beim nördlichen Eingang des Chilpen.
Nach Ankunft der Fahne um 14 Uhr beim Holzschopf wurde vom Musikverein Tenniken die von der Gemeinde offerierte «Suppe mit Spatz» an die Zurückkehrenden verteilt. Anschliessend konnte man begleitet vom Musikverein bei Kaffee und Kuchen den Nachmittag gemütlich ausklingen lassen.
Rothenfluh: Digitale Welt setzt Grenzsteinen zu
og. Punkt zehn Uhr gaben die Vorderladerschützen, wegen der Flüchtlinge aus der Ukraine für einmal ausserhalb des Dorfs, den Startschuss zum Abmarsch. Heuer ging es auf dem Veloweg westwärts und der Flanke des Wischbergs entlang. Mit dem Dreibannstein der Gemeinden Hemmiken, Rothenfluh und Wegenstetten erreichten die Wandernden erstmals eine Grenzmarke. Sie würdigten den im Heugras wie verloren dastehenden steinernen Zeitzeugen aus dem 16. Jahrhundert kaum eines Blicks. Kein Wunder: Heute bestimmt die digitale Vermessung die Grenzen. Die physischen Steine haben nur noch symbolische Bedeutung.
Nach dem Überqueren der Kantonsstrasse beim Asphof ging es zunächst genau der Grenze entlang und dann über eine längere Strecke über Hoheitsgebiet von Wegenstetten bis ins Gebiet «uf dr Ebeni». Dort begrüsste Gemeindepräsident Patrick Vögtlin die Banntagsschar und übergab dann das Mikrofon Pfarrerin Birgit Schmidhalter für einen kurzen Feldgottesdienst. «Der Himmel ist dort, wo die Menschen Gutes tun», gab sie den Anwesenden mit auf den Weg. Immer der Fahne nach, getragen von Janik Bracher und Mike Gerber, erreichte man nach dreistündigem Marsch den Festplatz bei der Waldhütte «Eichligarten». Dort herrschte nach der Stärkung mit Hackbraten, Kartoffelstock und Gemüse bald eine lockere Stimmung. Das Gastro-Team um Heiri und Iris Gass hatte alle Hände voll zu tun, um die etwa 300 Gäste zu verköstigen. Die Kinder holten sich vom Kletterbaum Sackmesser und dergleichen, während die «Grossen», darunter viele Heimweh-Rothenflüherinnen und -flüher, den Banntag nach vierjähriger Pause auf ihre Art in vollen Zügen und bis in die Nachtstunden genossen.