«Schutte» zur Integration
22.04.2022 Baselbiet, Gesellschaft, Sport, FussballAuftakt des Trainingsangebots für Flüchtlingskinder
Das Angebot des SV Sissach, kostenlose Trainings für Flüchtlingskinder anzubieten, stösst auf reges Interesse. Am Mittwoch kickten ukrainische, syrische und Schweizer Kinder erstmals miteinander. Ein Vater erzählt, was der ...
Auftakt des Trainingsangebots für Flüchtlingskinder
Das Angebot des SV Sissach, kostenlose Trainings für Flüchtlingskinder anzubieten, stösst auf reges Interesse. Am Mittwoch kickten ukrainische, syrische und Schweizer Kinder erstmals miteinander. Ein Vater erzählt, was der Fussballsport seinen Söhnen bedeutet.
Janis Erne
Stahlblauer Himmel und Sonnenschein empfingen die Teilnehmenden des ersten «Integrationsschutte» vom vergangenen Mittwochnachmittag. In Kooperation mit der Sissacher Flüchtlingshilfe bietet der SV Sissach (SVS) Flüchtlingskindern kostenlos ein wöchentliches Fussballtraining an (die «Volksstimme» berichtete). Vorgestern versammelten sich drei ukrainische und drei syrische Kinder beim Tannenbrunn, um erstmals miteinander kicken zu können. Ergänzt wurde die Gruppe von ein paar einheimischen Juniorinnen und Junioren.
Unter den fachkundigen Anweisungen von Alban Sylejmani, Juniorenleiter des SV Sissach, und weiteren Helfenden begannen sich die Kinder aufzuwärmen, ehe ein Plauschmatch angepfiffen wurde. Die Kommunikation auf Englisch gestaltete sich erstaunlich gut, weil alle Kinder entsprechende Sprachkenntnisse aufweisen. Während des Trainings waren einige schöne Spielzüge und Tore zu sehen: Der elfjährige Mischa aus der Ukraine tanzte gleich drei Gegenspieler aus und schob den Ball gekonnt ins Tor.
Am Spielfeldrand erzählt sein Vater, dass seine beiden Söhne Mischa und Kostja, die im Training anwesend sind, in der Ukraine Vereinsfussball gespielt hätten. Ins Baselbiet sei seine Familie vor drei Wochen gekommen und wohne nun bei einer Gastfamilie in Zunzgen. «In diesen drei Wochen bin ich mit meinen Söhnen täglich zu den Sportanlagen Tannenbrunn gegangen, um sie zu trainieren und fit zu halten.»
Geflohen vor Putins Bomben
Die Familie kommt ursprünglich aus Odessa im Süden der Ukraine. Die Hafenstadt mit etwas mehr als einer Million Einwohnern war einst die bedeutendste Hafenstadt im Land. Seit dem Beginn der russischen Invasion geriet die Stadt in den vergangenen Wochen aber mehrmals unter Raketenbeschuss; aktuell ist die Lage dank der Türkei ein wenig ruhiger. Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan liess den Bosporus für Kriegsschiffe sperren und verunmöglicht der russischen Flotte so den Zugang ins Schwarze Meer in Richtung Odessa.
Rund 1700 Kilometer Luftlinie entfernt von Odessa, im friedlichen Sissach, berichtet der ukrainische Vater von seiner früheren Arbeit: In der Stadt Dnipro habe er jahrelang ein Schuhgeschäft betrieben. Dnipro dürfte einigen Fans des FC Basel vermutlich im Hinterkopf präsent sein. Im Jahr 2013 traf der FCB im Sechzehntelfinal der Uefa Europa League auf Dnipro Dnipropetrovsk und setzte sich in Hin- und Rückspiel durch. «Mischa und Kostja gefällt der FCB bereits jetzt. Sie haben einige Spiele geschaut», sagt ihr Vater und fügt mit einem Lachen an, dass ihnen die englische Premier League zu langweilig sei.
Nach eineinhalb Stunden Trainingszeit resümieren der neunjährige Kostja und der elfjährige Mischa, dass ihnen das Training sehr gut gefallen habe. «Wir werden kommende Woche wiederkommen», sagt der ältere der beiden, ehe die Brüder wieder aufs Spielfeld rennen und mit den anderen Kindern weiterspielen.
Peter Greinemann, ehemaliger Präsident und heute Marketingleiter des SVS, steht zufrieden daneben. «Nach den Osterferien erwarte ich nochmals einen steilen Anstieg der Teilnehmerzahlen», sagt Greinemann und verabschiedet sich von den Kindern, ihren Familienangehörigen und Gastfamilien.