«Eines meiner Hühner ist 14 Jahre alt – das freut mich»
22.04.2022 Bezirk Waldenburg, Lampenberg, LandwirtschaftAusgefragt: Sepp Nussbaumer, Verein ursprüngliches Nutzgeflügel
Am Sonntag fliegen im Baselbiet wieder die Eier an den «Eierläset». Danach darf eine Portion Spiegeleier nicht fehlen. Worauf man beim Frühstücksei achten sollte, weiss Sepp Nussbaumer aus Lampenberg. Er ...
Ausgefragt: Sepp Nussbaumer, Verein ursprüngliches Nutzgeflügel
Am Sonntag fliegen im Baselbiet wieder die Eier an den «Eierläset». Danach darf eine Portion Spiegeleier nicht fehlen. Worauf man beim Frühstücksei achten sollte, weiss Sepp Nussbaumer aus Lampenberg. Er ist Regionalbetreuer beim Schweizer Züchterverein für ursprüngliches Nutzgeflügel.
André Frauchiger
Herr Nussbaumer, Sie ziehen typische Schweizer Hühner auf. Wie kam es dazu?
Sepp Nussbaumer: Ich hielt an unserem früheren Wohnort in Hölstein zwei Appenzeller Spitzhaubenhühner. Von den Spitzhauben gibt es fünf verschiedene Farbschläge. Auslöser für das Züchten in grösserem Stil war ein Aufruf in der Zeitung «Tierwelt», das Appenzeller Spitzhaubenhuhn sei vom Aussterben bedroht und müsse deshalb aktiv gezüchtet werden. Ich meldete mich auf diesen Aufruf des Schweizer Züchtervereins für ursprüngliches Nutzgeflügel (ZUN), einer Untergruppe von Pro Specie Rara. Das vitale und flugfreudige Appenzeller Spitzhaubenhuhn hat einen auffälligen Kopfschmuck – eine nach vorne geneigte Federhaube. Es kann zudem sehr gut fliegen.
Welche weiteren Rassen zählen ebenfalls zum sogenannten ursprünglichen Nutzgeflügel?
Das Schweizerhuhn mit seinem schneeweissen Gefieder und dem kräftig roten Rosenkamm, dann das Barthuhn. Die Bärte des Barthuhns sind übrigens schon beim Eintagsküken erkennbar. Schliesslich sind noch die schwarz-grüne Pommernente und die schneeweisse, mittelgrosse und rundliche Diepholzer Gans zu erwähnen. Sie alle gehören zum «ursprünglichen Nutzgeflügel».
Gibt es das optimale Ei?
Nein, ein optimales Ei im engeren Sinne gibt es nicht. Gut ist aber, auf einige Punkte zu achten. Einmal sollte ein Frühstücksei rund zehn Tage alt sein. Denn vorher ist es noch nicht fertig entwickelt. Ein mindestens zehntägiges Ei lässt sich auch besser schälen. Spitzhaubenhühner haben optimalerweise ein Ei mit einem Mindestgewicht von 50 Gramm. Beim Appenzeller Barthuhn sowie beim Schweizerhuhn sollten die Eier mindestens 55 Gramm an Gewicht haben. Ein sogenanntes Hybridhuhn ist nach zwölf Monaten täglichen Eierlegens ausgelaugt. Ein Schweizerhuhn hingegen liefert im ersten Jahr zwar «nur» 170 bis 180 Eier, aber dann über viele Jahre weitere, wenn auch jedes Jahr rund 10 Prozent weniger.
Ab wann legen Ihre Hühner Eier?
In der Zeit zwischen der 22. und der 24. Woche nach ihrem Schlüpfen legen Hühner Eier. Hochgezüchtete Hybridhühner legen bereits ab rund der 20. Woche Eier, und zwar täglich. Nach spätestens eineinhalb Jahren sind die Hybridhühner aber kaum mehr in der Lage, eine solche Leistung zu erbringen. Sie sind dann völlig ausgelaugt.
Was sagen Sie generell zu Bio-Eiern?
Ein Bio-Ei kostet 80 bis 90 Rappen, was für viele zu teuer ist. Ich bin sehr für Bio, aber eine Massentierhaltung auf Bio ist nicht möglich. Denn bei einer Massentierhaltung kann zum Beispiel nicht immer auf Antibiotika verzichtet werden.
Was muss man bei der Hühnerhaltung beachten?
Es braucht optimalerweise Beratung von Fachleuten. Diese Aufgabe nehme ich als Regionalbetreuer beim ZUN gerne wahr, und zwar in der Region Basel, also in Basel-Stadt, Baselland, Solothurn und im Aargau bis zum Bözberg. Neben der allgemeinen Beratung übernehme ich bei einem Besuch zum Beispiel auch das Beringen der Tiere. Die erste Beratung ist übrigens kostenlos.
In welchem Umfang züchten Sie heute selber?
Ich ziehe Küken auf, bis sie rund 10 Wochen alt sind, dann gebe ich sie weiter. Aktuell sind es gerade 39 Küken. Die schöneren Jungtiere behalte ich 12 bis 13 Wochen weiter bei mir. Es geht darum, sie in ihrer Entwicklung zu beobachten. Ich züchte für mich letztlich nur wenige Hühner, und zwar nur Appenzeller Spitzhauben. Auf Bestellung brüte ich aber alles – beispielsweise habe ich zurzeit eine Brut von Seidenhühnern auf Bestellung.
Sie züchten für Ihre Kundschaft?
Ja, vom Verein aus. Ich verkaufe jährlich rund 70 Hühner und bis zu 180 Küken. Die schönen Hähne werden fürs Züchten eingesetzt.
Wie viele Jungtiere sind zurzeit bei Ihnen?
Ich habe gegenwärtig zwei Bruten und zusätzlich Naturbruten einzelner Hennen. Insgesamt dürften es dieses Jahr rund 130 Jungtiere sein. Die brütenden Hühner werden isoliert, damit sie bei der Brut nicht gestört werden. Eines meiner Hühner, das ich an eine Frau am Hallwilersee verkauft habe, ist übrigens kürzlich 14 Jahre alt geworden. Das freut mich besonders.
Sie geben auch Kurse?
Ja, ich gebe für Interessierte seit vielen Jahren Kurse zur Hühnerhaltung – die ganze Bandbreite vom Brutei bis zur Junghenne. In diesem Jahr sind es nicht nur zwei, wie üblich, sondern sogar vier Kurse. Zwei Kurse waren in Huttwil und zwei weitere am Hauptsitz von Pro Specie Rara in Basel.
Was lehren Sie in den Kursen?
Es geht um die ganze Bandbreite – vom Sammeln des Bruteis bis zur Junghenne. Meine Vereinskollegin übernimmt dann das Thema «Erwachsene Hühner». Es geht auch um die Unterscheidung zwischen Kunst- und Naturbrut. Bei einer Naturbrut gibt es nur eine beschränkte Anzahl Eier. Im Brutapparat kann ich das selber steuern. Viele Halter wollen keine Naturbruten, weil es dann viel weniger Eier gibt. Denn wenn ein Huhn brütet und die Küken aufzieht, legt es in dieser Zeit keine Eier. Ich lasse einem Huhn aber seinen Naturtrieb: Wenn es brüten will, soll es das tun.
Wie sehen Sie die Zukunft des Züchtens von Hühnern?
Hühner sind sehr gefragt. In den beiden Corona-Jahren war die Nachfrage nach Hühnern sehr gross. Selbst aus der Stadt Basel gab es Nachfragen.
Zur Person
fra. Sepp Nussbaumer (67), wohnhaft am Rande von Lampenberg, ist in Mümliswil aufgewachsen und lebte mit seiner Frau vor dem Hausbau in Lampenberg in Hölstein. Beruflich hat er 48 Jahre bei der Post gearbeitet, die letzten 20 Jahre als Leiter bei der Paketbasis in Liestal. Er hat zwei Hühnerställe: einen im Garten direkt hinter dem Haus und aus Lärmgründen einen in unbewohntem Gebiet. Die Junghähne können auf diese Weise im Grünen nach Lust und Laune krähen, ohne jemanden ernsthaft zu stören Ein Brutei des Huhns kostet 2 Franken. Ein 20 Wochen altes Huhn ist für maximal 54 Franken zu haben, ein 25 Wochen alter Hahn im Maximum für 60 Franken.