Sozialhilfe, Filmgesetz und Frontex-Ausbau
22.04.2022 AbstimmungenDie Abstimmungen vom 15. Mai bewegen die Leserschaft
Abstimmung zum Frontex-Ausbau
Keine Förderung von Pushbacks
An der EU-Aussengrenze kommt es immer wieder zu Pushbacks (illegale Rückschaffungen) durch lokale Behörden und die ...
Die Abstimmungen vom 15. Mai bewegen die Leserschaft
Abstimmung zum Frontex-Ausbau
Keine Förderung von Pushbacks
An der EU-Aussengrenze kommt es immer wieder zu Pushbacks (illegale Rückschaffungen) durch lokale Behörden und die Grenzschutzagentur Frontex. Flüchtende werden in Folterstaaten wie Libyen zurückgeschafft. Zur Stärkung von Frontex soll der Schweizer Beitrag von 14 auf 61 Millionen Franken aufgestockt werden.
Wir bieten den Flüchtenden aus der Ukraine gegenwärtig grosszügig Schutz. Die Flüchtenden aus anderen Kriegsgebieten, die aus ihrer zerstörten Heimat, vor Krieg und Gewalt fliehen, werden hingegen durch nachweislich behördliche Menschenrechtsverletzungen an den Grenzen Europas aufgehalten. Viele ertrinken im Meer, weil ihnen die Möglichkeit, durch einen sicheren Fluchtkorridor zu einem Asylantrag zu kommen, verwehrt wird.
Wir sind das einzige Land im Schengenraum, das zu diesem Thema abstimmen kann. Durch ein Nein zur aktuellen unmenschlichen Flüchtlingspolitik können wir zugunsten einer Verbesserung dieser Abschottungspolitik Europas Druck machen. Ich bin der Meinung, dass wir nur über diesen Weg wirklich Verantwortung übernehmen. Die aktuelle Praxis der Grenzund Küstenwache Frontex ist hingegen verwerflich und verantwortungslos.
Donat Oberson, Böckten
Abstimmung Sozialhilfegesetz
Chancen, nicht Sanktionen
Zum «Carte blanche»-Beitrag «Wahlkampf auf dem Buckel der Sozialhilfebeziehenden» in der «Volksstimme» vom 1. April, Seite 2
Die Sozialhilfe ist das letzte Auffangnetz für Menschen in Not. Wie wir mit diesen Menschen umgehen, sagt auch viel über uns als Gesellschaft aus. Mit dem neuen Sozialhilfegesetz Baselland sollen den Sozialhilfebeziehenden die sowieso zu knapp bemessenen Leistungen nach zwei Bezugsjahren gekürzt werden.
Bereits heute reicht der Grundbedarf in der Sozialhilfe kaum zum Leben. Dass dieser mit der Teilrevision des Sozialhilfegesetzes für alle, die länger als zwei Jahre auf Unterstützung angewiesen sind, weiter gekürzt werden soll, ist nicht akzeptabel. Im Baselbiet sind wir bereits auf dem schweizweit anerkannten, absoluten Minimum von 997 Franken. Eine Kürzung des Grundbedarfs hätte gravierende Folgen für die Betroffenen. Der fehlende Betrag müsste dann beispielsweise bei der Ernährung oder der Mobilität eingespart werden. Das ist unmenschlich!
Es gibt Studien, die belegen, dass der schweizweit anerkannte Grundbedarf schon jetzt mindestens 100 Franken, sprich 10 Prozent zu tief ist. Die Sozialhilfe ist das letzte finanzielle Netz, das uns auffängt, wenn alle anderen Stricke reissen. Wenn wir zum Beispiel unseren Job verlieren und keinen neuen finden oder dann, wenn der tiefe Lohn nicht ausreicht, um die Familie zu ernähren. Mit dem neuen Sozialhilfegesetz soll jenen, die länger auf Unterstützung angewiesen sind, pauschal die Hilfe gekürzt werden.
Die Kürzung trifft genau die Menschen, die sich auch nach zwei Jahren nicht von der Sozialhilfe ablösen können und deren Chancen, aus der Sozialhilfe rauszukommen, fortlaufend schlechter werden. Was diese Menschen brauchen, sind Chancen, nicht Sanktionen!
Deshalb empfehle ich aus Überzeugung und Solidarität ein Nein am 15. Mai.
Catherine Merz, Co-Leitung und Beratung der Kontaktstelle für Arbeitslose, Basel
Teures Placebo
Zum Artikel «‹Auch zugunsten der Schwächsten›» in der «Volksstimme» vom 12. April, Seite 5
Ein sehr einfaches Weltbild scheinen die lauten Befürworter der Revision des Sozialhilfegesetzes zu haben: Wer Sozialhilfe bezieht, muss so schnell wie möglich (wieder) in den ersten Arbeitsmarkt integriert werden, und wem das nicht gelingt, der ist entweder zu bequem oder zu ungeschickt. Dass der Grund für die ausbleibende Integration nicht nur beim Individuum, sondern auch beim «ersten Arbeitsmarkt» zu suchen ist, scheint ihnen keine Überlegung wert.
Stattdessen: Für die Bequemen gibt es «Anreize», zum Beispiel eine Reduktion (!) der Unterstützungsleistung um 40 Franken pro Monat nach zwei Jahren. Eigentlich ist es eine Frechheit, diese Massnahme «Anreiz» zu nennen, die Integration fördern wird sie bestimmt nicht.
Für die Ungeschickten wiederum heisst die Lösung «Assessment Center». Tönt gut. Ich habe auf Wikipedia nachgelesen, was das ist, und bin darin bestärkt worden, dass es in diesem Fall höchstens ein sehr teures Placebo ist.
Sinnvoller könnte man mit diesem Geld dafür sorgen, dass die sozialen Dienste der Gemeinden genügend Kapazitäten erhalten, damit sie ihre Sozialarbeit nicht auf administrative Tätigkeiten beschränken müssen.
Diese Revision ist am 15. Mai abzulehnen.
Hans Rebmann, Gelterkinden
Keine Antwort auf Armut
Zum «Carte blanche»-Beitrag «Wahlkampf auf dem Buckel der Sozialhilfebeziehenden» in der «Volksstimme» vom 1. April, Seite 2
Die Sozialhilfe scheint im Kanton Basel-Landschaft ein zentrales Thema zu sein. Immer wieder wird in der Politik von deren «problematischen Entwicklungen» gesprochen. Dabei sind «problematische Entwicklungen» der Sozialhilfe allerhöchstens Spiegel und Folge von gesellschaftlichen Entwicklungen. Wer diese Probleme über die Anpassung der Sozialhilfe lösen will, zäumt das Pferd beim Schwanz auf.
Wenn mehr ältere Menschen Sozialhilfe beziehen, ist das kein Fehler der Sozialhilfe. Wenn mehr Kinder und Jugendliche und ihre alleinerziehenden Mütter soziale Unterstützung benötigen, ist das nicht ihre Schuld. Ja, es stimmt, dass die Zahl der Sozialhilfebeziehenden ansteigt, dass die Situationen komplexer werden, dass die Bezugsdauer zunimmt. Aber ist diese Teilrevision darauf eine Antwort? Nein! Dieses Gesetz redet von Prävention und meint damit das Verhindern von Sozialhilfebezug.
Dieses Gesetz will bei «Langzeitbezügern» sparen und setzt Millionen von Franken ein für ein Kantonales «Assessment Center», welches das tun soll, was jeder Sozialdienst heute schon tut. Dieses Gesetz sagt Integration und schneidet Menschen, die länger als zwei Jahre Sozialhilfe beziehen, die Luft zum Leben ab. Armutsbekämpfung setzt nicht erst dann ein, wenn Menschen kurz vor dem Sozialhilfebezug stehen oder schon Unterstützung beziehen. Wenn sie aber an diesem Punkt stehen, dann brauchen sie einen gut dotierten und professionellen Sozialdienst in ihrer Nähe. Das Geld, das ein «Assessment Center» kosten würde, wird wirkungsvoller in die unmittelbare Unterstützung der Menschen und ihrer Bildung und in den Ausbau der Gemeinde-Sozialdienste investiert. Dieses Gesetz ist zu sehr Antwort auf die «Motion Riebli» und nicht auf die Armut. Schicken wir die Vorlage am 15. Mai zurück an den Landrat, stimmen wir Nein!
Barbara Scheibler, Sissach
Weitere Kürzung des Grundbedarfs ist untragbar
Zum Artikel «‹Auch zugunsten der Schwächsten›» in der «Volksstimme» vom 12. April, Seite 5
Am 15. Mai stimmen wir in unserem Kanton über die Teilrevision des Sozialhilfegesetzes ab. Die allermeisten von uns brauchen diese Unterstützung im Lauf ihres Lebens nicht. Für jene allerdings, die sie benötigen, sichert die Sozialhilfe die Existenz.
Die Sozialhilfe ist auch das letzte Auffangnetz für Menschen in Not. Wie wir mit diesen Menschen umgehen, sagt auch viel über uns als Gesellschaft aus. Bereits heute reicht der Grundbedarf in der Sozialhilfe kaum zum Leben. Dass dieser mit der Teilrevision des Sozialhilfegesetzes für jene, die länger als zwei Jahre auf Unterstützung angewiesen sind, weiter gekürzt werden soll, ist deshalb nicht akzeptabel.
Der Grundbedarf wird jährlich von der Skos (Schweizer Konferenz für Sozialhilfe) festgelegt und gilt als Richtwert für das soziale Existenzminimum. Wie der Name schon sagt, wird mit dem Grundbedarf also das absolute Minimum zur Sicherung der Existenz gedeckt.
In Baselland wurde der Grundbedarf 2016 bereits auf den Tiefstwert gemäss Skos-Richtlinien gekürzt (von 1077 auf 986 Franken). Mit der aktuellen Teilrevision soll die Sozialhilfe nach zwei Bezugsjahren um weitere 4 Prozent gekürzt werden; mit gravierenden Folgen für die Betroffenen.
Es gibt Studien, die belegen, dass der schweizweit anerkannte Grundbedarf jetzt schon mindestens 100 Franken, sprich 10 Prozent zu tief ist. Der Grundbedarf ist nicht verhandelbar und jede Kürzung untragbar!
Deshalb muss dieser Revision am 15. Mai mit einem klaren Nein ein Riegel geschoben werden.
Urs Roth, Landrat SP, Niederdorf
Massentierhaltungsinitiative
Initiative mit grossen Fragezeichen
Und wieder geht der Tango erneut los mit der fraglichen Massentierhaltungsinitiative. Leider sind es immer wieder die gleichen unzufriedenen Kreise, die unser heutiges weltweit strengstes Tierhaltungssystem kritisieren. Dass das Ganze von extremen Tierschützern und vegan denkenden Menschen forciert und unterstütz wird, ist heute wohl jedem Konsumenten klar. Dies, obwohl in den vergangenen 20 Jahren massiv in neue Stallhaltungssysteme investiert wurde, mit wesentlich mehr Freiheit und Auslauf für alle Tiere und einer Begrenzung der Tierzahlen pro Betrieb.
Dass das Ganze aber auch Nachteile mit sich bringt, zeigen die zunehmenden Amoniak-Belastungen durch die neuen grosszügigen Stallbauten, da die unbedeckten Flächen wesentlich grössere Verdunstungsflächen bieten als bei geschlossenen Systemen. Dass es leider auch heute noch vereinzelt ältere Stallungen gibt, bei allen Tiergattungen, ist absolut logisch und verständlich. Sicher bis zu 20 Prozent der Betriebe werden von Familien bewirtschaftet, die in den nächsten 10 bis 20 Jahren ihren Beruf aufgeben werden und mit Sicherheit keine grossen Investitionen mehr tätigen wollen oder können.
Aber ich bin überzeugt: Die grosse Mehrheit der Tierhalter würde alles dafür tun, um ihren Tiere ein möglichst gutes Umfeld zu bieten. Ich rate allen Befürwortern der Initiative, sich einmal im näheren Ausland um die Tierhaltung zu kümmern. Mit Sicherheit werden sie die strengen und grosszügigen Unterschiede der Schweizer Normen feststellen. Vor nicht allzu langer Zeit machte ich eine Reise nach Kanada und Südamerika und besuchte Rindermastbetriebe mit über 100 000 Masttieren. Das waren Tierfabriken erster Güte und anschliessend wurden die ausgemästeten lebenden Tiere mit Camions in tagelangen Transporten in andere Staaten geführt mit zum Teil bis über 40 Stunden Fahrzeit am Stück.
Dass heute leider aus solchen Staaten sehr viel teures Rindfleisch zu Dumpingpreisen in die Schweiz importiert wird, macht einem wesentlich mehr Sorgen. Hauptsache, es ist billig und es wird im Importhandel extrem viel Geld verdient. Mit Sicherheit wäre eine kleine Reduktion des hohen Fleischkonsums wesentlich sinnvoller und eine Produktion nach Schweizer Richtlinien einiges sinnvoller, als das ganze Haltungssystem nach Schweizer Norm zu boykottieren.
Paul Eschbach, Diegten
Abstimmung zum Filmgesetz
Kein staatlich bevormundeter Filmkonsum
Am 15. Mai stimmen wir über das Filmgesetz ab. Ein überparteiliches Komitee hat gegen diese Vorlage aus Bundesbern das Referendum ergriffen. Es möchte mithilfe der Stimmbevölkerung verhindern, dass der Staat vorschreibt, was wir über unsere privaten Abos zu konsumieren haben.
Festivals, Cüpli, roter Teppich und Subventionen. Filmschaffende und Politik können gut miteinander. Über 120 Millionen Franken Steuer- und Gebührengelder kommen schon heute jedes Jahr für die Schweizer Filmindustrie zusammen. Neu sollen es nochmals über 20 Millionen Franken mehr werden.
Der Pferdefuss: Mit dem neuen Filmgesetz würden beliebte Streaming-Anbieter wie Netflix, One+ oder Disney+ gesetzlich verpflichtet, mindestens 30 Prozent ihres Filmkatalogs mit europäischen Werken zu füllen und diese besonders zu kennzeichnen. Solche Werke müssten keine Qualitätsanforderungen erfüllen. Unsere Konsumfreiheit würde staatlich beschnitten.
Gleichzeitig sollen private TV- und Streaming-Anbieter per Gesetz gezwungen werden, jährlich 4 Prozent ihres Schweizer Umsatzes ins hiesige Filmschaffen zu investieren. Die Mehrkosten hätten wir Konsumentinnen und Konsumenten zu tragen.
Möchten Sie die Kontrolle über Ihre Fernbedienung behalten und selbst entscheiden, was Sie zu Hause sehen wollen? Dann stimmen Sie Nein zum Filmgesetz. Lassen Sie sich vom Staat nicht bevormunden!
André Spörri, Känerkinden