Grundschule Metall droht Schliessung
08.04.2022 BaselbietZu Zeiten des Zweiten Weltkriegs wurde die Grundschule Metall eröffnet, heute ist ihr Fortbestand unsicherer denn je: Der Kanton will die betriebliche Ausbildung der Lernenden nicht länger subventionieren. Ein Branchenverband warnt vor einem Lehrstellenabbau.
Janis ...
Zu Zeiten des Zweiten Weltkriegs wurde die Grundschule Metall eröffnet, heute ist ihr Fortbestand unsicherer denn je: Der Kanton will die betriebliche Ausbildung der Lernenden nicht länger subventionieren. Ein Branchenverband warnt vor einem Lehrstellenabbau.
Janis Erne
Kapazität für 30 Lernende, 29 Partnerfirmen: Die im Jahr 1942 eröffnete Grundschule Metall ist eine bekannte Ausbildungsstätte für Maschinenbauberufe wie Polymechaniker oder Automatikerin. Zum einen bietet die Schule die betriebliche Ausbildung für Lernende im ersten Lehrjahr an. Zum anderen hilft sie Jugendlichen ohne festen Lehrvertrag beim Übergang von der Schule ins Erwerbsleben. 80 Jahre nach ihrer Eröffnung droht der Schule nun aber die Schliessung. Obwohl die Metallbranche vom Regierungsrat als «konjunkturell nicht gefährdet» bezeichnet und weiterhin mit stabilen Lernendenzahlen gerechnet wird, will der Kanton nicht länger Hauptfinanzierer der Schule sein.
Auf rund eine halbe Million Franken pro Jahr belaufen sich die effektiven Kosten für die Grundschule Metall, teilt Fabienne Romanens, Sprecherin der zuständigen Bildungs-, Kultur- und Sportdirektion (BKSD), auf Anfrage mit. «Die Lehrbetriebe bezahlen eine Pauschaule von 8000 Franken pro Ausbildungsplatz. Darin sind auch die Kosten für die überbetrieblichen Kurse enthalten.» Aus den Worten der BKSD-Sprecherin wird klar: Der Kanton zahlt für den Fortbestand der Grundschule Metall jedes Jahr mehrere Hunderttausend Franken, obwohl die betriebliche Ausbildung der Lernenden gesetzlich in die Zuständigkeit der Unternehmen fällt.
«Der Kanton subventioniert diejenigen Lehrbetriebe, welche die Grundschule Metall in Anspruch nehmen. Das ist gegenüber anderen Lehrbetrieben und Branchen unfair. Dazu gibt es mittlerweile private Anbieter am Markt, die kostendeckende Preise berechnen. Die Grundschule Metall konkurrenziert diese direkt», erläutert Romanens. Da im Mai 2023 der Mietvertrag der Schule auf dem Liestaler Schild-Areal ausläuft, hat die Hauptabteilung Berufsbildung der BKSD das Gespräch mit den drei betroffenen Branchenverbänden gesucht, um die historisch gewachsene Situation zu bereinigen. Zwei runde Tische haben bislang aber zu keinem Konsens geführt und einen dieser Branchenverbände dazu veranlasst, einen Brief an Direktionsvorsteherin Monica Gschwind (FDP) zu schreiben, wie das SRF-«Regionaljournal» vergangene Woche berichtete. Ende April sollen die betroffenen Betriebe in die Gespräche miteinbezogen werden.
KMU in der Bredouille
Die Ausgangslage ist in finanzieller Hinsicht verzwickt: Während die Weiterführung der Grundschule Metall für den Kanton nur zu kostendeckenden Tarifen infrage kommt, würde dies für KMU zu einem erheblichen Mehraufwand führen. «Für KMU würde es eine grosse Herausforderung bedeuten, die Ausbildungskosten grösstenteils selbst zu finanzieren. Ihre Lehrstellen wären extrem gefährdet», sagt Pascal Degen, Präsident der Sektion beider Basel des Branchenverbands Swissmechanic, gegenüber der «Volksstimme».
In der Metallbranche sei das Erlernen der Grundkenntnisse mit einem hohen Aufwand verbunden und die Kostenstruktur gegenüber anderen Handwerksbranchen sehr hoch angesiedelt. «KMU haben oft nicht genügend personelle, zeitliche, maschinelle oder räumliche Ressourcen, um diese Fertigkeiten den Erstjahreslernenden selbst beizubringen», so Degen. Wie die Gespräche mit dem Kanton ausgehen werden, ist offen. Anzurechnen ist dem Kanton, dass er sich nicht zurückzieht – wie er das laut Romanens grundsätzlich tun könnte. Der Erhalt von Lehrstellen im MEM-Bereich sei wegen des Fachkräftebedarfs wichtig, sagte Bildungsdirektorin Monica Gschwind gestern im Landrat.
Landrat diskutiert die Zukunft der Grundschule Metall
je. An der gestrigen Landratssitzung wurden zwei dringliche Interpellationen zur Zukunft der Grundschule Metall eingereicht. Bei der Beantwortung betonte Bildungsdirektorin Monica Gschwind (FDP) erneut, dass der Kanton die betroffenen Branchenverbände proaktiv unterstütze, um eine Zukunftslösung zu finden. Angesprochen auf eine Überbrückungsfinanzierung für die Grundschule Metall, wollte sich die Regierungsrätin auf keine bestimmte Zahl festlegen.
«Die Entwicklung», so Gschwind, «läuft dahin, dass grosse Firmen in der Metallbranche wie Ronda oder Endress+Hauser eigene Ausbildungsstätten aufbauen.» Überdies wies sie auf die Zusammenarbeit mit Basel-Stadt hin: Im gemeinsam betriebenen Zentrum für Brückenangebote können Jugendliche ohne festen Arbeitsvertrag auch ein Zwischenjahr einlegen und Fähigkeiten im Metallbau erlernen.
Parteiübergreifend erschienen die Antworten gewissen Landratsmitgliedern «zu defensiv». Das Handwerk müsse gefördert werden, so der Tenor. Interpellantin Bianca Maag-Streit (SP) bezeichnete die Vorlehre Metall als Erfolgsmodell: Rund 170 Jugendliche hätten damit seit 2004 eine Anschlusslösung gefunden.