Eine bessere Welt bauen
05.04.2022 Arisdorf, Kultur, Porträt, Bezirk LiestalKünstlerin Sibylle Laubscher geht neue Wege
Die Arisdörfer Künstlerin und «Volksstimme»-Karikaturistin Sibylle Laubscher begleitet die Baustelle vor ihrem Haus mit einem Skizzen-Tagebuch. «Roadworks» hat sie es getauft.
Brigitte Keller
Sibylle Laubscher ...
Künstlerin Sibylle Laubscher geht neue Wege
Die Arisdörfer Künstlerin und «Volksstimme»-Karikaturistin Sibylle Laubscher begleitet die Baustelle vor ihrem Haus mit einem Skizzen-Tagebuch. «Roadworks» hat sie es getauft.
Brigitte Keller
Sibylle Laubscher ist keine Unbekannte. Jeden Monat erscheint ein Cartoon von ihr in der «Volksstimme» und so manche kennen auch ihre Bilder. Aktuell lässt sie sich von einer Baustelle zu neuen Kunstwerken inspirieren.
Arisdorf liegt Sibylle Laubscher am Herzen. Hier ist sie ihrem Ehemann zum ersten Mal begegnet und hier lebt sie mit ihrer Familie im ehemaligen Haus ihrer Grosseltern. Deshalb kommt es nicht von ungefähr, dass sie die Bauarbeiten an der Hauptstrasse, die an ihrem Atelier vorbeiführt, seit Längerem beschäftigen. Sie befasste sich intensiv mit der geplanten Strassensanierung und wagte auch, sich zu exponieren und ihre Bedenken gemeinsam mit anderen Anwohnern zu äussern. Als Künstlerin, die das ursprüngliche Handwerk schätzt, konnte sie einfach nicht wegsehen bei den grossen Einschnitten an der heimischen Strasse.
Im vergangenen Jahr, als die Bauarbeiten langsam in Sicht kamen, machte sie sich Gedanken, wie es für sie persönlich weitergehen soll. Schliesslich hatte schon Corona und die damit verbundenen Beschränkungen den Spielraum für Ausstellungen und den Direktverkauf stark beeinflusst. Für ihren Geschenkeladen «Schöni Sache», der Teil ihres Ateliers war, sah sie keine Zukunft mehr und schloss ihn per Ende Dezember vergangenen Jahres.
Für den Verkauf ihrer Kunstkarten und Gemälde suchte sie ebenfalls neue Wege. Sie entschied sich für den Vertrieb übers Internet. Dafür hat Laubscher in den vergangenen Wochen eine neue Website aufgebaut. Ganz Künstlerin, erschafft sie lieber Kunst, aber wer von der Kunst leben will, muss sich auch mit den Gegebenheiten am Kunstmarkt befassen und sich anpassen. Der bekannte Spruch «Kunst ist schön, macht aber viel Arbeit» passt in mehr als einem Sinn.
«Flucht» steht auch weit oben auf ihrer Liste von Optionen für die Zeit mit Baulärm. Gemeint sind damit Aufenthalte und Projekte ausserhalb von Arisdorf. So wird Sibylle Laubscher im April vermehrt bei «GareDeRobe», dem Beschäftigungs- und Förderprogramm in Liestal, malen und die Geschichte der Betreiberinnen künstlerisch aufarbeiten. Und für Mai ist ein mehrwöchiger Aufenthalt zum Malen in England geplant, im Land, in dem sie aufgewachsen ist und einen grossen Teil ihres Lebens verbracht hat.
Laubscher ist es gewohnt, immer wieder neu anzufangen. «Als Künstlerin steht man sowieso immer wieder am Anfang, beginnt wieder bei null», sagt sie. Also stellte sie sich im Hinblick auf die Bauzeit auch die Frage: «Wie gehe ich künstlerisch mit der Herausforderung um? Was mache ich daraus?» Sie beschloss, unter dem Arbeitstitel «Roadworks» ein malerisches Tagebuch in Form eines Konzertina-Skizzenbuchs zu führen und so die Baustelle sozusagen künstlerisch vom Atelier aus zu begleiten. Diese Tagebuch-Skizzen können auf ihrer Instagram-Seite mitverfolgt werden.
Kunst ist Knochenarbeit
Kürzlich hielt Sibylle Laubscher eine Laudatio und zitierte Leonardo da Vinci: «Der junge Maler muss zuerst die Perspektive lernen; dann die Masse aller Dinge; dann muss er bei einem guten Meister in die Lehre gehen, um sich an gute Körperformen zu gewöhnen: dann bei der Natur, um sich die Gründe dessen, was er gelernt hat, einzuprägen; dann eine Zeitlang die Werke aus der Hand verschiedener Meister betrachten; dann sich daran gewöhnen, alles in die Tat umzusetzen und selbst die Kunst auszuüben …». Oder wie sie pragmatisch zusammenfasst: «Kunst ist Knochenarbeit.»
Bei einer Ursprungsidee bleibt es bei Sibylle Laubscher nie nur. Es spriessen immer neue Ideen, Ästen eines Baumes gleich. Wenn sie darüber spricht, wie sinnstiftend Kunst sein kann, wie Kunst offener macht für andere Sichtweisen und vieles mehr, dann kommen ihr Wissen und ihre Passion zur Kunstphilosophie deutlich zum Ausdruck.
Überhaupt ist Kunstbildung ein wichtiges Thema für die Künstlerin. Da kann sie sich ereifern. Findet sie doch, dass die Kunstbildung viel zu stiefmütterlich oder gar nicht zum Zug kommt im Schweizer Lehrplan. Sie fände es zum Beispiel wichtig, dass schon Kinder der Primarschulstufe öfters ein Museum besuchen und über Kunst diskutieren. Ganz nach ihrem Credo: Mit und durch Kunst in andere Welten eintauchen.
In andere Welten taucht Sibylle Laubscher ein im Umgang mit der Baustelle vor dem Haus. So setzt sie den Arbeitern dort draussen ein Denkmal. Aus einer Skizze hat sie einen reduktiven Holzdruck geschnitzt. Mit diesem stellt sie von Hand ohne Druckerpresse eine Serie Drucke her. Der Titel lautet: «Eine bessere Welt bauen – Build a better world.»