Von Farben, Flora und Fröschen
24.03.2022 Baselbiet, Wenslingen, Bildung, Kultur, Bezirk Sissach
Jürg Gohl
«Diese Palme in 3-D», erklärt Maximilian und zeigt auf sein Blatt. Da hat sich der Wenslinger Primarschüler, der mit einem Grünstift in der Hand hinter seinem Papierblatt hockt und den Kopf mal links, mal rechts schief hält, ein hohes, wohl zu ...
Jürg Gohl
«Diese Palme in 3-D», erklärt Maximilian und zeigt auf sein Blatt. Da hat sich der Wenslinger Primarschüler, der mit einem Grünstift in der Hand hinter seinem Papierblatt hockt und den Kopf mal links, mal rechts schief hält, ein hohes, wohl zu hohes Ziel gesetzt. Die feingliedrigen Blätter trifft er gut. Doch an der dritten Dimension ist vor ihm schon manch anderer grosse Künstler gescheitert.
Maximilian hat wie seine 14 Schulkameradinnen und -kameraden aus der ersten und zweiten Klasse von seiner Lehrerin Ursula Mauderli und der Künstlerin Ursula Pfister den Auftrag erhalten, sich im Gewächshaus auf dem Mooshof eine Pflanze oder ein Gemälde auszusuchen. Davon sollen alle vorerst einmal eine Skizze erstellen. «Was ist das eigentlich, eine Skizze?», fragt die Gelterkinder Malerin und stösst die Kinder sorgfältig auf den richtigen Weg. «Denkt daran: zuerst eine Skizze, also nur ein Farbstift. Das Malen folgt später.»
Grosses Interesse
Seit dem 13. März stellt die Kunstschaffende im «Moos» ihre archaischen, grossen Blumen sowie Skulpturen aus (siehe «Volksstimme» vom 15. März) und kann bereits nach Halbzeit eine in jeder Hinsicht positive Zwischenbilanz ziehen. Über Erwarten viele Leute kommen ins oberste Baselbiet, mehrere kannten das Dorf und seinen Namen zuvor nicht einmal.
Unter den Gästen seien viele ihr unbekannte Gesichter auszumachen, stellt Ursula Pfister fest, und auch die Wenslinger selber würden gerne vorbeischauen. Einzige Schwachstelle ist das zu schöne Wetter. Die damit verbundene Hitze im Gewächshaus setzt den Blüten- und Steinskulpturen zu, die deshalb tagsüber abgedeckt werden.
Aus einer neuen Perspektive
Auch die Kinder drinnen entledigen sich schnell ihrer Jacken und Mützen, um die sie beim Znüni draussen noch froh gewesen waren. Auch Mara. Sie bleibt vor dem Bild einer dunkelblauen, fast schwarzen Blume stehen, die Ursula Pfister auf eine durchsichtige Folie gemalt hat. Die gelbe daneben würdigt sie kaum eines Blickes und sagt für ein Kind etwas überraschend: «Diese Blume gefällt mir am besten.»
Die Wahl ihres Favoriten erklärt sie nicht etwa mit der dunklen Farbe, die sich vom Hintergrund, nämlich der umgebenden Natur, am klarsten abhebt, sondern mit der Rückseite. «Von hinten betrachtet wirkt das Bild ganz anders. Schau mal.» Aus dieser Perspektive hat – auch im wortwörtlichen Sinn - wohl niemand zuvor die Bilder im Glashaus betrachtet.
Hannah zeigt ihre Skizze mit dem Hinweis, dass sie «nämlich» auch Künstlerin werden will. Valentina beweist viel Talent, weil sie vor einer Kamelie kauernd die Blume nicht wie die andern in der Form einer Tulpe zeichnet. Sie dichtet erst noch einen Patchwork-Teppich als Hintergrund hinzu, kaum ist die einfarbige Skizzierphase aufgehoben. Andere bestaunen lieber das Leben im Teich, und so pflanzt Elea einen Frosch in ihr Blumenbild aus der blauen Phase. «Sie hat ja einen Pfister-Strich», kommentiert die «richtige» Künstlerin das Frosch-Oeuvre. Sie kann nach diesem Morgen erleichtert feststellen: Zumindest in Wenslingen findet sich genügend Talent, um dereinst ihre Nachfolge anzutreten.