«Die Leidenschaft zum Wein zeichnet uns aus»
25.03.2022 Baselbiet, Gastronomie, Bezirk Liestal
André Frauchiger
Herr Neuhaus, Sie haben die Siebe Dupf Kellerei AG rückwirkend auf den 1. Januar 2022 zusammen mit drei Partnern übernommen. Sie waren und sind Geschäftsführer.
Nicolas Neuhaus: Ja, ich bin 2009 als Verkaufsleiter zur ...
André Frauchiger
Herr Neuhaus, Sie haben die Siebe Dupf Kellerei AG rückwirkend auf den 1. Januar 2022 zusammen mit drei Partnern übernommen. Sie waren und sind Geschäftsführer.
Nicolas Neuhaus: Ja, ich bin 2009 als Verkaufsleiter zur Siebe Dupf Kellerei gestossen und durfte drei Jahre später die Geschäftsleitung übernehmen. Manuela Känzig, Björn Knuchel, Pat Mayer und ich haben in all den Jahren schon immer den Teamgedanken hochgehalten, haben eine flache Hierarchie, tauschen uns aus – und haben die Aktien der Siebe Dupf Kellerei zusammen übernehmen können. Gemeinsam mit einem externen Mitglied bilden wir auch den Verwaltungsrat.
Wie ist Ihr Werdegang?
Ich bin in Bottmingen aufgewachsen. Nach der obligatorischen Schulzeit und einem Abschluss an der Handelsmittelschule packte mich das Gastro-Virus. So besuchte ich die Schweizerische Hotelfachschule in Luzern und absolvierte diverse Praktika. Nach meinem Abschluss 2002 folgten sieben Jahre als Food & Beverage-Manager im Hotel Bad Bubendorf. Da Wein meine grosse Leidenschaft ist, wechselte ich 2009 zur Siebe Dupf Kellerei. Parallel absolvierte ich die internationale Ausbildung zum Weinakademiker an Hochschulen in Österreich, Deutschland und der Schweiz. Ich bin 45 Jahre alt, verheiratet und habe zwei Kinder im Alter von 11 und 14 Jahren.
Und jetzt sind Sie Mitbesitzer eines seit 148 Jahren bestehenden Unternehmens . Was ändert sich mit dem Besitzerwechsel?
Ich hoffe, nicht allzu viel. Die bisherigen Besitzer haben uns in den vergangenen Jahren auf operativer Ebene bereits viel Freiraum gegeben. Wir haben den Betrieb, gemeinsam mit dem gesamten Führungsteam, eigentlich schon geleitet, haben unter anderem auch Businesspläne erarbeitet und dem früheren Verwaltungsrat zur Genehmigung unterbreitet. Den eingeschlagenen Weg möchten wir nahtlos weiterführen. Die bisherigen Besitzer haben unsere Leistungen anerkannt und uns ihr Vertrauen ausgesprochen, worüber wir sehr dankbar sind.
Wodurch zeichnet sich die Siebe Dupf Kellerei besonders aus?
Die Leidenschaft, die Liebe zum Wein. Insbesondere die Förderung der regionalen Weine, dies immer in Zusammenarbeit und im Austausch mit den Traubenproduzenten. Die Siebe Dupf Kellerei hat zwei Standbeine: den Weinhandel und die regionale Weinproduktion. Wir beliefern Gastronomiebetriebe in der ganzen Schweiz, führen zwei Weinfachgeschäfte in Liestal und in Basel sowie einen Onlineshop. Als Weinproduzenten wissen wir, wovon wir reden. Das zeichnet uns aus. Eine besondere Leidenschaft für uns sind zudem die auserlesenen Weine aus dem Burgund. Wir dürfen Weine von über dreissig renommierten Burgunder-Domänen importieren. Zusammenfassend ist festzuhalten, dass wir in erster Linie Weine aus Europa vermarkten. Einen Viertel der Weine produzieren wir selber, drei Viertel stammen aus der restlichen Schweiz und den wichtigsten Anbaugebieten der Welt.
Ein Gewinner ist heute sicher der Bio-Wein.
Ja, die Nachhaltigkeit ist heute auch bei der Weinproduktion in Europa sehr wichtig, hat einen starken Einfluss auf die weitere Entwicklung. Sicher ist es in den klimatisch begünstigten Gebieten einfacher, komplett auf Bio umzustellen. Bei uns kann es aber eine Herkulesaufgabe sein. Ein Beispiel: Die bei uns meistangebaute Pinot-Noir-Traube ist sehr dünnhäutig und daher besonders anfällig auf Krankheiten und Schädlinge. Da müssen sich die Fachleute fragen, ob ein Mittelweg mit einfach weniger chemischen Mitteln das Vernünftigste ist. Neu gezüchtete Rebsorten wie beispielsweise ein Cabernet Blanc verfügen über eine bessere Widerstandskraft. Die Wahl einer solchen Rebsorte ist sicher ein geeigneter Weg zu mehr Bio und Nachhaltigkeit. Beachtlich ist, dass 80 Prozent der Weinproduzenten, die uns beliefern, bereits mit Biowein oder biodynamischem Wein arbeiten. Die diesbezüglichen Anstrengungen der internationalen Weinproduzenten sind zweifellos gross.
Wie steht es mit der Produktion mitten in Liestal? Ist dies sinnvoll?
Wir beabsichtigen, unsere Produktion mittelfristig in modernere Infrastrukturen zu verlagern. Wir können uns Zeit lassen, hoffen aber, innerhalb der nächsten zehn Jahre einen geeigneten neuen Produktionsstandort in der Umgebung zu finden.
Wie sieht das Weinsortiment von Siebe Dupf aus?
Wir führen rund 800 verschiedene Weine im Sortiment. Das ist eine gute Grösse für uns, auch mit vielen Raritäten. Ein wichtiger Bestandteil dabei sind unsere regionalen Weine. Die 148-jährige Geschichte unseres Hauses ist für uns Verpflichtung, Qualität zu liefern. Berücksichtigt werden muss dabei auch, dass sich der Geschmack der Kundschaft bezüglich Wein im Laufe der Zeit immer wieder etwas verändert. Darauf muss in geeigneter Form reagiert werden. So wird unser internationales Sortiment von unserem Sommelier-Team stetig an die wandelnden Bedürfnisse angepasst, und auch bei den Eigenproduktionen dürfen wir regelmässig mit Neuigkeiten aufwarten – wie zuletzt mit unserem ersten Einzellagen-Pinot Noir aus Maisprach, einem Baselbieter Merlot oder eben einem Cabernet Blanc.
Wo stehen Sie mit der Siebe Dupf Kellerei in fünf bis zehn Jahren?
Wir sehen die Zukunft sehr positiv, sonst hätten wir den Betrieb nicht übernommen. Eine der grösseren Herausforderungen ist sicherlich die Klimaveränderung, mit allen Extremen – sowohl für unsere internationalen Partner wie auch für unsere Region. In den Rebbergen muss darauf Rücksicht genommen werden. Die Frage stellt sich: Welches sind die Rebsorten der Zukunft? Darüber müssen wir uns zusammen mit unseren Produzenten Gedanken machen. Die regionalen Weine erleben seit den 1970er-Jahren wieder einen klaren Aufschwung: Damals gab es gerade noch 45 Hektaren Rebland im Baselbiet, jetzt sind es immerhin wieder 115 Hektaren. Viele Leute setzen wieder auf Reben als Lebensgrundlage. Das ist erfreulich.
Regionaler Wein ist oft auch etwas teurer, oder?
Nein, das ist nicht generell so. Eine gute Flasche ausländischen Weins kostet schnell 25, 30 Franken. Da kann der regionale Weinmarkt, trotz der oftmals höheren Produktionskosten, Schritt halten.