Von «Zorro» keine Spur
28.01.2022 Baselbiet, Natur
Brigitte Buser
Der Gartenschläfer (Eliomys quercinus) war ursprünglich in ganz Europa beheimatet, heute wird in Mittel- und Osteuropa ein dramatischer Rückgang beobachtet. Er kommt von Meereshöhe bis 2300 Meter über Meer vor. In der Schweiz ist er in den ...
Brigitte Buser
Der Gartenschläfer (Eliomys quercinus) war ursprünglich in ganz Europa beheimatet, heute wird in Mittel- und Osteuropa ein dramatischer Rückgang beobachtet. Er kommt von Meereshöhe bis 2300 Meter über Meer vor. In der Schweiz ist er in den Voralpen, Alpen und im Jura verbreitet, wo seine Dichte gegen Nordosten abnimmt. Im Baselbiet sind seit Jahrzehnten keine Nachweise zu verzeichnen. «Teilweise sind auf Karten noch alte Nachweise aufgeführt, die gehen jedoch vermutlich auf Aussetzungen zurück», weiss Cristina Boschi von der Koordinationsstelle für kleine Säugetiere, Ebenrain, zu berichten.
Die natürliche Heimat des Gartenschläfers sind Laub- und Nadelwälder, denn das putzige Tierchen benötigt vielfältige Strukturen wie Totholz, Baumhöhlen sowie felsige Stellen und Buschwerk. Da solche Wälder immer seltener werden, suchte sich der Kleinsäuger Ersatzlebensräume wie vielfältige Kulturlandschaften, Hecken, Obstgärten, ja sogar zugängliche Scheunen. Jedoch machte die zunehmende Intensivierung der Landwirtschaft «Zorro» einen Strich durch die Rechnung, worauf auch in seiner Ausweichheimat der Bestand dramatisch schrumpft.
Von seiner Ernennung zum Tier des Jahres 2022 hat der kleine Kobold nichts mitbekommen, befindet er sich doch von November bis April im Winterschlaf. Dabei verlieren die Tiere rund die Hälfte ihres Körpergewichts.
Vier bis sechs Junge
Einmal erwacht, geht für den zu den Schläfern (Bilchen) gehörenden Kleinsäuger ein turbulenter Sommer los. Jedoch nur nachts, denn tagsüber wird gut versteckt geschlummert. Drei Wochen nach der Paarung zieht das Weibchen alleine durchschnittlich vier bis sechs Junge in einem kugeligen Nest aus Moos, Laub und Gras auf. Nach vier Wochen Säugezeit machen die Jungtiere mit ihrer Mutter die ersten Erkundungstouren in die Umgebung. Wenige Wochen später löst sich die Familie auf, es kommt aber vor, dass sich die Jungtiere vor dem Winterschlaf wieder zusammentun.
Während des Sommers ernähren sich die flinken Waldbewohner nicht nur vegetarisch, auf ihrem Speiseplan finden sich auch wirbellose Tiere wie Würmer, Käfer und Schnecken oder aber Frösche, Eidechsen und junge Vögel. Im Herbst sind vor allem Früchte und Beeren eine wichtige Nahrungsquelle. Der kleine Allesfresser wird aber auch gerne von Fuchs, Wildkatze, Marder oder Waldkauz verputzt.
Mit Siebenschläfer verwandt
Naht der Winter, sucht der Gartenschläfer einen gut ausgepolsterten Schlafplatz in Erd- und Felsspalten oder Baumhöhlen, aber auch bei Scheunen, Ferienhäusern oder Vogelnistkästen sagt er nicht nein. Trotz runtergeklappter Ohren, eingerollten Schwanzes und auf ein Minimum reduzierter Körperfunktionen überlebt rund die Hälfte der Jungtiere den Winter nicht.
Die Familie der Bilche, auch Schlafmäuse genannt, ist noch mit drei weiteren Arten vertreten: dem Siebenschläfer, die häufigste Art, die bei uns oft im Sommer in Nistkästen anzutreffen ist, und dem Baumschläfer, der in der Schweiz aber nur im Raum Engadin - Münstertal - Nationalpark nachgewiesen wurde sowie der Haselmaus, die kleinste Art der Bilche, die das Quartett abschliesst.
Packen Feinde einen Bilch am Schwanz, so kann der Bilch ebendiesen abwerfen. Dabei reisst die Schwanzhaut mit den Haaren an einer Sollbruchstelle ab und wird vom Schwanzskelett abgezogen. Übrig bleiben nur die hautlosen Schwanzwirbel, welche mit der Zeit eintrocknen und abfallen oder abgefressen werden. Darauf bildet sich an der Bruchstelle wieder Haut und Fell, der nachgewachsene Schwanz ist aber etwas kürzer.