MEINE WELT
14.01.2022 GesellschaftFatale Häuslichkeit
Diese Kolumne schreibe ich im Auge des Sturms. Nach ruhigen Weihnachtsferien habe ich nun die Handwerker im Haus. Corona kostet ja vor allem deshalb Nerven, weil seit zwei Jahren ungestüme Häuslichkeit das Leben beherrscht. Der Hund ist ...
Fatale Häuslichkeit
Diese Kolumne schreibe ich im Auge des Sturms. Nach ruhigen Weihnachtsferien habe ich nun die Handwerker im Haus. Corona kostet ja vor allem deshalb Nerven, weil seit zwei Jahren ungestüme Häuslichkeit das Leben beherrscht. Der Hund ist topfit, weil er ständig irgendein Familienmitglied Gassi führen muss. Das Haus ist aufgeräumt, die Kantonsbibliothek leer gelesen und im Garten konnte ich nur unter Morddrohungen verhindern, dass sämtliche Bäume gefällt wurden. Denn unter Gartenarbeit verstehen meine Männer leider vor allem den Einsatz der Motorsäge.
Bisher konnte ich stets verlässlich davon ausgehen, dass mein Gatte seine hervorragenden Fähigkeiten auf jeder Baustelle einsetzt – nicht aber im eigenen Haushalt. Diese Sicherheit ist passé. Coronabedingt fährt Sohnemann nicht mit Interrail durchs europäische Ausland, sondern ersetzt mit Papa in seinem Zimmer Laminat durch Eichenparkett. Und so sitze ich im Schneidersitz, den Laptop auf den Knien zwischen Parkett- und Sockelleisten, Akkuschrauber und Kippfräse und den Möbeln des Sohnes. Junior ist ebenfalls ein «Hölziger», für den das Zuhause prä-Corona vornehmlich als Durchlaufstation zur Ernährung und Erholung diente. Gelegentlich auch als Rehaklinik mit Wellnessabteilung. Nun aber stehen die Zeichen auf neue Wohnlichkeit: In seinem spartanisch eingerichteten Zimmer nach dem Modell «Fernseher plus Bett» prangt neuerdings ein Ikea-Gummibaum.
Wer selten da ist, muss lediglich zu festen Zeiten gefüttert werden. Ansonsten hat frau ihre Ruhe für die Arbeit im Homeoffice. Aber schon gestern Abend freute sich Senior, genannt Silberrücken, schon diebisch darauf, dem Junior in seinen Ferien bereits um 6 Uhr die Tür aufzureissen und ihn mit einer gekonnten Mischung aus Kasernenton und Baustellensprech auf den Arbeitstag mit Papa einzuschwören. Und so donnerte denn der Schlagbohrer bereits um 6.30 Uhr, mein Weg zur Kaffeemaschine wurde zum Hindernisparcours, der Hund verzog sich mit anklagendem Blick an eine geschützte Stelle. Senior unterrichtet den Junior derweil in korrekter Projektplanung: «Was tun wir beim Parkettverlegen zuerst, was als Zweites?»
Aus Erfahrung weiss ich, dass meine bessere Hälfte stets auf der Suche nach Zudienenden ist. Daher habe ich in weiser Voraussicht alle Zoom-Meetings für heute verlegt und einen Arzttermin extra verschoben. Beides hält mich zusammen mit dem Hundespaziergang und dem Einkauf absolut unnötiger Lebensmittel mindestens den halben Tag vom Homeoffice fern. Als ich zurückkehre, wird der Junior gerade in korrektem Staubsaugen unterrichtet und ich suche schon mal den Schaumgummi-Baseballschläger. Dieser kommt stets dann zum Einsatz, wenn mein Sohn auf die Idee kommt, Staubsaugen sei doch eher Frauensache. Während Vater und Sohn einträchtig das Zimmer wieder einund umräumen, sind sie sich einig: Nur Männer können die wirklich wichtigen Dinge in Haus und Garten richten. Das heisst dann wohl, dass der Baseballschläger nur noch selten zum Einsatz kommen wird.
Petra Huth ist Politikwissenschaftlerin und Ökonomin. Sie lebt in Anwil und amtet dort als Gemeinderätin.