Jahresrückblick
07.01.2022 Baselbiet, LauwilChristian Horisberger
Der Geissen reissende Wolf, das aufmüpfige Bistro im Cheesmeyer, das klaffende Loch in der Gelterkinder Kasse, die abgeschmetterten massiven Steuererhöhungen, die von Misstrauen und Gehässigkeiten begleitete Covid-19-Abstimmung: Mit dem Rückblick ...
Christian Horisberger
Der Geissen reissende Wolf, das aufmüpfige Bistro im Cheesmeyer, das klaffende Loch in der Gelterkinder Kasse, die abgeschmetterten massiven Steuererhöhungen, die von Misstrauen und Gehässigkeiten begleitete Covid-19-Abstimmung: Mit dem Rückblick auf all die Ereignisse, die im November und Dezember das Oberbaselbiet bewegt haben, liesse sich eine ganze Ausgabe der «Volksstimme» füllen und dazu ein «Glöggeliwagä» randvoll beladen.
Man braucht kein Prophet zu sein, um zu erahnen, dass der vom Gelterkinder Gemeinderat weggesparte Weihnachtsbaum auf dem Dorfplatz für die Sissacher Fasnächtler ein gefundenes Fressen sein wird. Oder würde: Auch wenn die Fasnachtsgesellschaft Sissach die Planung für März 2022 mehrgleisig vorantreibt, wird immer wahrscheinlicher, dass wiederum keine reguläre Fasnacht wird stattfinden können. Falls doch, wäre am Sonntagsumzug der Wagen der «Guggä Rugger» Buus wohl einmal mehr der ultimative Hingucker: Der Wagen hätte möglicherweise die Form eines Wolfkopfs, und in dessen Maul würden Bläser und Perkussionisten in Ziegenkostümen um ihr Leben schränzen. Die Inspiration liefert ein Wolf, der in Lauwil sieben Geissen reisst, und möglicherweise ein anderer sich in Zeglingen vom Gemeindepräsidenten fotografieren lässt. Das Raubtier bereitet Landwirten Sorgen und Naturschützern Freude.
An unserem ausgedachten Umzug würden die Itinger «Fotzelcheibe» als Goldmarie das Ende der Tristesse auf dem ehemaligen RCC-Areal feiern. In die seit Jahren brachliegenden Bauten der früheren Tierversuchsanstalt werden in Zukunft eine grosse Versicherungsagentur ihren Geschäften nachgehen und ein Business-Parc gegründet. Den «Fotzelcheibe» voraus marschieren die «Fränkeschränzer» aus Bubendorf in Dagobert-Duck-Kostümen: Denn für das viele Geld, das die Bachem im neuen Produktionsgebäude verdienen wird, benötigt sie glatt einen separaten Geldspeicher.
Von derlei können Gelterkinden, Thürnen, Oberdorf oder Nusshof nur träumen. Den Dörfern steht das Wasser bis zum Hals. Gelterkinden versucht, neben dem Weihnachtsbaum bei Vereinen und Personal zu sparen, um die Finanzen ins Lot zu bringen. Dafür kassiert der Gemeinderat vom Souverän eine Abfuhr und er muss das Budget überarbeiten. Desgleichen in Thürnen, wobei dort die beantragte Steuererhöhung um rekordverdächtige 15 Prozentpunkte zumindest teilweise bewilligt wird.
Wirbel um «Cheesmeyer»-Bistro
Die teure Badi, der schrumpfende Finanzausgleich – da hilft nur Humor: Der Gelterkinder Fasnächtlerobmann Rico Tirri lässt sich in den Gemeinderat wählen, um bei der Bewältigung der Krise mitzuhelfen. Aus dieser klinkt sich Stefan Degen, Kopf der Sparübung, aus. Er wird aus beruflichen Gründen als Gemeinderat zurücktreten. Ebenfalls genug vom Politisieren haben drei Tenniker Gemeinderäte, wobei ihre Rücktritte nichts mit dem Streit um den «Chilchacher» zu tun hätten, wie es heisst. Auf die Schnitzelbänke dazu mit Reimen auf -eiger hätte man gespannt sein dürfen.
Apropos Kaspar Geiger: Der Tenniker Kulturschaffende steht nach seinem grossen Event im Sissacher «Cheesmeyer-Huus» scheints als neuer Pächter des Bistros zur Debatte. Die bisherige Beizerin Susanne Schaffner hat regelwidrig konsequent auch Gäste ohne Covid-Zertifikat bewirtet und konsequenterweise ihren Pachtvertrag gekündigt. Noch während ihrer Kündigungsfrist schliesst der Kanton das Lokal – nach zwölfwöchigem Wegschauen. Da fragt man sich, wen die Fasnächtler eher hochnehmen werden: die Beizerin oder die zögernden Behörden.
Die Debatte über die Massnahmen gegen die Verbreitung der Seuche erfährt vor der Abstimmung über das Covid-19-Gesetz ihren Negativ-Höhepunkt. Selten ist eine politische Auseinandersetzung gehässiger geführt worden, nie hatten Gegner und Befürworter weniger Verständnis füreinander. Daran ändert auch das 62-Prozent-Ja zum Gesetz nichts. Wahrscheinlich werden wir nie erfahren, wie die Wagencliquen den Corona-Graben ausspielen, weil die Zahl der Infizierten mit der Omikron-Variante des Virus neue Höchstwerte erreicht und es Ende vergangenen Jahres eher nach einer Verschärfung der Corona-Massnahmen aussieht als nach einer Lockerung.
Für die letzte und noch betrüblichere Schlagzeile des Jahres sorgt kurz nach Weihnachten ein Tötungsdelikt in Lampenberg: Ein 54-Jähriger wird in seinem Eigenheim erschossen. Beim Täter handelt es sich mutmasslich um dessen 23-jährigen Sohn. Am Tag nach der Tat wird der Hauptverdächtige gefasst. Über die Hintergründe der Tat ist nichts bekannt.