Erfolgreiche Mäusejäger
07.01.2022 Baselbiet, Läufelfingen, Gemeinden, Bezirk Sissach
Janis Erne
Am Vormittag des vergangenen Dienstags hatte die Läufelfinger Gemeindeverwaltung ausserordentlich geöffnet. Normalerweise ist der Schalter am zweiten Wochentag zwischen 10 und 12 Uhr geschlossen, doch dann konnten Mäuse- und Rattenschwänze ...
Janis Erne
Am Vormittag des vergangenen Dienstags hatte die Läufelfinger Gemeindeverwaltung ausserordentlich geöffnet. Normalerweise ist der Schalter am zweiten Wochentag zwischen 10 und 12 Uhr geschlossen, doch dann konnten Mäuse- und Rattenschwänze abgegeben werden. Alljährlich gibt es die Tradition, «Schwänzlis» gegen Bargeld einzutauschen. Damit sollen Privatpersonen animiert werden, die Bauernbetriebe zu entlasten, da Mäuse in der Landwirtschaft als Schädlinge gelten.
Während früher noch 50 Rappen pro Mäuseschwanz ausbezahlt wurden, beläuft sich der Betrag seit den 1990er-Jahren auf 1 Franken. Laut dem langjährigen Gemeindemitarbeiter Jörg Beugger kämen hauptsächlich landwirtschaftlich tätige Personen sowie junge Buben vorbei. Den Rekord an gesammelten Mäuseschwänzen halte seinen Erinnerungen nach Käthi Imhof, die lange Zeit auf einem Bauernhof gewohnt hatte. Dank moderner Röhrenfallen habe sie jährliche Ausbeuten von mehr als 1000 Mäuseschwänzen vorweisen können.
«Frau Imhof kann leider keine Mäuseschwänze mehr vorbeibringen, da Sie nun im Altersheim lebt», teilt der erste Mäusejäger mit, der kurz nach 10 Uhr auftaucht. Selbst gibt der Mann 18 Schwänze ab – die Mäuse habe er zufällig beim Rasenmähen im Garten entdeckt. Der Mann hat bereits als Kind Mäuseschwänze gesammelt. Heute sei er aber nur vorbeigekommen, um am Schalter noch etwas anderes zu erledigen. Andernfalls hätte er die Schwänze weggeworfen.
Ein wenig später erscheint ein Hobbybauer, der etwas über 100 Schwänze abgibt, und daraufhin ein Mann mit 180 Mäuseschwänzen im Gepäck. Letzterer hält den Tagesrekord und meint, dass seine Katze den Grossteil der Arbeit erledigt habe.
Zweiter Rekordhalter
Ohne tierische Hilfe kam hingegen der 13-jährige Andrin Bieneck aus. Zum vierten Mal komme er nun schon vorbei, erzählt der Knabe stolz: «Die 71 Franken werde ich sparen, um mir später ein ‹Töffli› kaufen zu können.»
Kurz vor 11 Uhr betritt schliesslich der pensionierte Landwirt Hans Schmutz das Gemeindehaus. Seit Kindestagen würde er vorbeikommen, erzählt er. Früher, so Schmutz, habe er jährlich über 1000 Mäuseschwänze gesammelt. Frau Imhof scheint also nicht die alleinige Rekordhalterin zu sein. «Heute», fährt der erfahrene Mäusejäger fort, «gibt es viel mehr Mäuse als früher. Zurzeit sind sie überall, nicht nur auf den Feldern.»
Es ist halb 12 Uhr und der Schalter der Gemeindeverwaltung wird gleich schliessen. Davor entwickelt sich aber noch ein spannendes Generationengespräch zwischen vier Mäusejagenden. Das Thema ist die Konservierung der Mäuseschwänze. Während ein älterer Mäusejäger seine gesammelten Schwänze trocknet und in einem Glas transportiert, haben drei Kinder im Primarschulalter ihre Mäuseschwänze vakuumiert. Schliesslich würden beide Techniken verhindern, dass die Mäuseschwänze übel zu riechen beginnen.
Insgesamt wurden an diesem Dienstagvormittag mehr als 850 Franken an zehn Personen ausbezahlt. Ein verkraftbarer Betrag für die Läufelfinger Gemeindefinanzen. Anders erging es dem aargauischen Remetschwil: Wie «Argoviatoday» berichtete, wurde die Aufwandsentschädigung für die Mäusejagd abgeschafft, da die Gemeinde jeweils zu viel Geld ausbezahlen musste.