Die vielen Lichter der Eisenbahn
27.01.2022 Baselbiet, Läufelfingen, Gesellschaft, Bezirk Sissach
Ferdinand Bolinger
Der Läufelfinger Max Mathys (65) ist Besitzer einer eindrücklichen Sammlung von Bahn-Lampen und -Leuchten. Der pensionierte Maschinenschlosser hat alleine in der Stube seines Wohnhauses in Läufelfingen rund 135 historische Stücke aller ...
Ferdinand Bolinger
Der Läufelfinger Max Mathys (65) ist Besitzer einer eindrücklichen Sammlung von Bahn-Lampen und -Leuchten. Der pensionierte Maschinenschlosser hat alleine in der Stube seines Wohnhauses in Läufelfingen rund 135 historische Stücke aller Grössen ausgestellt, viele weitere Exemplare lagern im Keller und warten darauf, von Mathys zum Glänzen und Leuchten gebracht zu werden. Die ältesten Lampen sind mehr als 120 Jahre alt.
Die Vielfalt der Lampen und Laternen spiegelt die Entwicklung der Bahnen eindrücklich. Licht ist und bleibt für die Eisenbahn von grosser Bedeutung – sei es für die Beleuchtung der Fahrzeuge, von Signalen, als Kommunikationsmittel oder um vor Gefahren zu warnen.
Alles begann mit Kerzen, darauf folgte das Petrol, Karbid und später natürlich die Elektrizität. Max Matyhs erklärt zu einer alten Lok-Lampe der einstigen Gotthardbahn: «Diese wurde noch mit Petrol betrieben. In dieser Zeitepoche gab es sogar den Beruf des ‹Lampisten›. Er pflegte die Lampen und stellte damit das einwandfreie Funktionieren sicher. Auch war dieser für die Befüllung und das Putzen der Reflektoren verantwortlich – eine wichtige Aufgabe für die Sicherheit auf der Strecke.» Diese Petrollampen gehörten heute unter den Sammlern zu den gesuchtesten Exemplaren.
Doch es geht ja nicht nur darum, die Schienenfahrzeuge mit Licht auszurüsten, auch Weichen oder Kreuzungen wurden und werden gezielt beleuchtet. Für die nötigen Arbeiten beim Rangieren, für Zugführer, für den Einsatz auf den Stationen und Bahnhöfen wurde über die vielen Jahrzehnte seit den Anfängen der Eisenbahn eine Vielzahl von verschiedenen Laternen geschaffen. Viele davon mit sehr speziellen Funktionen und Möglichkeiten, spezifische Signale zu geben.
Eisenbahner mit Herz und Seele
Der Traumberuf von Max Mathys war einst Lokführer auf der Gotthardstrecke. Doch nach seiner Lehre in den SBB-Werkstätten blieb er dem Betrieb in Olten ganze 47 Jahre treu. Zuletzt als Teamleiter. Mathys ist ein wandelndes Lexikon und weiss fast alles über die Geschichte unserer Bahnen. Seine Büchersammlung über die Entwicklung der Eisenbahnen der Schweiz ist eindrücklich. So kennt er beispielsweise von jeder «Ae 6 / 6-Lok», die ein Wappen einer Baselbieter Gemeinde an der Seite trug, noch heute die Loknummer auswendig.
Noch tiefer und breiter ist sein Wissen über Lampen und Leuchten. Hier ist für ihn der Originalzustand entscheidend. Bei Reparaturen oder vor Instandstellungen besucht er vorgängig das Verkehrsmuseum in Luzern oder die Remisen der «SBB Historic». Ausgerüstet mit Bildern und Informationen sucht er anschliessend die fehlenden Teile und stellt den ursprünglichen Zustand wieder her. Oft sei das sehr zeitaufwendig und schwierig, sagt er. So verhandelte er einmal an einem Flohmarkt in Le Landeron fast eine Stunde, um in den Besitz eines Karbid-Einsatzes mit Reflektor zu kommen.
Diese Suchen führte ihn durch die ganze Schweiz. Max Mathys betont: «Natürlich immer mit der Bahn, ich habe diese Tage immer besonders genossen. Mir war kein Weg zu weit; einmal habe ich in Saint-Imier eine Lok-Lampe rund drei Kilometer zum Bahnhof getragen. Bei einem Gewicht von rund 12 Kilo war ich ziemlich gefordert und ich kam kräftig ins Schwitzen …»
Besondere Stücke
Jedes Sammelstück in Mathys’ Stube hat seine spezielle Gesichte, immer wieder kommt er bei unserem Besuch ins Schwärmen. Besonders stolz ist er auf eine Lok-Lampe des legendären «Krokodils». Es ist mehr als nur eine Fahrlampe: Mit einem speziellen Aufsatz wurde mit rotem Licht zusätzlich der aktuelle Stand der Fahrberechtigung signalisiert. Bestimmt ist das «Krokodil» auch heute noch für jeden Bahnfan etwas Einzigartiges. Für Sammler Mathys ist es natürlich Ehrensache, bei historischen Fahrten mit dieser Kraftmaschine dabei zu sein.
Bei anderen alten Lok-Beleuchtungen gibt es auch Exemplare, die hinter der Lampe Einschubhalterungen haben. Dort wurden die farbigen Gläser zur Signalisation mitgeführt. Eine weitere Besonderheit sind die Gürtellaternen der Rangierarbeiter. Zu deren Aufgaben gehörte auch die Kontrolle und das Wechseln der «Wagen-Laufzettel». Mit einer genial einfachen Konstruktion wurden diese Laternen an der Gürtelschnalle eingehängt. Die Hände blieben so frei, zudem stimmte die Höhe der Beleuchtung für die Arbeiten.
Die Vernetzung ist wichtig
Im Gespräch spürt man die grosse Freude und den ungebrochenen Willen, die Sammlung mit weiteren Raritäten zu ergänzen. Max Mathys betont die Wichtigkeit der Pflege von Freundschaften und Kontakten zu ehemaligen Arbeitskollegen. So wurde ihm letzthin von einem langjährigen Lokführer eine Lampe angeboten. Bei diesem stand der Umzug in eine Senioreneinrichtung bevor und er wollte das Stück unbedingt jemandem weitergeben, der es schätzt und daran grosse Freude hat. Dies ist beim Sammler aus Läufelfingen garantiert.
Auf ein spezielles Stück aus seiner SBB-Sammlung angesprochen, leuchten die Augen von Mathys, auch wenn es für ein Mal nicht um eine Lampe geht. Zu seinem 40-Jahre-Dienstjubiläum hat ihm Benedikt Weibel, der damalige und legendäre Generaldirektor der Bundesbahnen, ein Buch mit einer persönlichen Widmung übergeben: «Mit bestem Dank, von Eisenbahner zu Eisenbahner.» Diese Worte bedeuten ihm heute noch sehr viel. Eisenbähnler bleibt man auch über die Pensionierung hinaus.