AUSGEFRAGT | WILLIE SURBECK, BASSIST DER BAND «TAKE THE 55»
03.12.2021 Baselbiet, Kultur, Gesellschaft, Bezirk Sissach
Severin Furter
Herr Surbeck, heute treten Sie mit Ihrer Band «Take the 55» in Sissach auf. Was erwarten Sie vom Konzert?
Willie Surbeck: Bewegte Menschen. Ich freue mich sehr, für mich stellt dieses Konzert ein Höhepunkt dar. Wir waren ...
Severin Furter
Herr Surbeck, heute treten Sie mit Ihrer Band «Take the 55» in Sissach auf. Was erwarten Sie vom Konzert?
Willie Surbeck: Bewegte Menschen. Ich freue mich sehr, für mich stellt dieses Konzert ein Höhepunkt dar. Wir waren bereits im September zu Gast in Sissach, damals aber bei «Sissach Live». Konzerte hier sind anders als in der Stadt, das gefällt mir.
Wie äussert sich dieser Unterschied?
Die Menschen hier in der ländlichen Region sind nicht so verwöhnt. Einfach gesagt: Die Stadt ist «zugemüllt» mit einem riesigen Angebot an Kultur. Hier im Oberbaselbiet hört das Publikum der Musik aufmerksamer und präziser zu – es ist inspirierter. Das ist für uns als Band ein wahnsinnig tolles Gefühl. Und mich persönlich erinnern die Gegend und die Leute an meine Herkunft im Kanton Schaffhausen. Es ist diese Mischung aus Weltneugier und einer ländlichen Kreativität und Liberalität. In der Stadt fällt etwas Besonderes nicht auf, auf dem Land schon.
Ihre Musik – Southern-Blues, R ’n’ B, Rumba, Soul und Rock ’n’ Roll – stammt ebenfalls aus ländlichen Gegenden rund um die Stadt New Orleans (USA). Wie sind Sie dazu gekommen?
Mich hat diese Musik schon in den 1960er-Jahren fasziniert, als dieser «Rhythm and Blues» in der Radio-Hitparade ausgespielt wurde. Erst später habe ich jedoch begriffen, dass diese Musik zwischen New Orleans und Memphis, entlang der Route 55, ihren Ursprung und eine eigene DNA hat. Mittlerweile habe ich dort einige Beziehungen zur Musikerszene.
Auf der Website Ihrer Band heisst es: «Die Band spürt den Spirit und Rhythmus dieser Orte.» Wie zeichnet sich das aus?
Wir spielen Musik ganz nahe am Original. Unsere Bandmitglieder sind entweder Amerikaner oder haben diese Kultur selbst während längerer Zeit miterlebt. Ich selbst verbrachte mehrere Monate in dieser Region und hatte die Gelegenheit, bei dortigen Bands mitzuspielen. Viele Bands, die hierzulande den gleichen Musikstil spielen, kennen die Hintergründe dieser Musik nicht. Es ist Musik, die in einer multi-ethnischen Gesellschaft rund um New Orleans entstanden ist. Nur wer diese Mentalität selbst erlebt, Zeitzeugen kennengelernt und mit ihnen gelebt hat, kann Teil davon werden und diese Musik wirklich zum Klingen bringen. Es ist vergleichbar mit einem Politiker: Einer, der einfach Zitate von anderen als seine eigenen wiedergibt, hat eine andere Glaubwürdigkeit als einer, der die Dinge, die er sagt, am eigenen Leib erfahren hat.
Wie äussert sich diese «Originalität» konkret?
Viele Blues- und Rockbands spielen und betonen den ersten Schlag eines Taktes, sie sind laut und kompensieren ihre Zweifel mit der Lautstärke. Wir setzen die Betonung eher auf dem zweiten Schlag, verzögern ihn leicht und reduzieren uns auf das, was zum Ausdruck kommen soll. Und der Sound ist von unten auf der Pauke nach oben aufgebaut, anstatt von Händen nach unten.
Für einen Laien scheint das irgendwie irrational.
Ja, das ist so. Die Besonderheit kann man so wenig beschreiben wie einen Orgasmus. Aber Fakt ist: Die Musik bringt Menschen zum Tanzen und zum Träumen. Sie hat unerklärbare Energie und bewegt die Menschen. Unser Publikum in Sissach wird für einen Moment vergessen, wo es ist. Es wird in eine ganz andere Welt eintauchen.
Gibt es eine typische Zielgruppe Ihrer Band?
Das ist das Interessante an unserem Publikum: Bei unseren Konzerten sind alle Gesinnungen vertreten – politisch von links-grün bis rechts. Und auch das Alter spielt absolut keine Rolle. Das widerspiegelt vielleicht auch die Entstehung unseres Musikstils. Er ist unter Bedingungen entstanden, wo es wenig Ordnungspolitik gab, aber gemeinsamer Kampf ums Überleben sowie unterschiedliche Ethnien und Gottesbilder. Der Grundrespekt vor dem anderen ist eine ganz wichtige Grundlage dieses Musikstils.
Zum Schluss: Man kennt Sie in der Region als ehemaliger Chef von «Telebasel». Ist heute die Musik Ihr Lebensmittelpunkt?
Nein. Beruflich produziere ich Texte, Bilder, Videos, Recherchen und Konzepte. Zudem coache ich Politiker und Manager in ihrer Auftrittskompetenz – auch im Ausland. Meine grösste Leidenschaft ist jedoch die Musik. Sie gibt meinem Leben einen «Dauerthrill». Und jedes Konzert ist wieder etwas Neues: Es ist nicht ein Abspulen von etwas, das man gelernt hat. Jedes Mal betritt man mit der Bühne eine Zone, die einmalig ist.
Zur Person
sf. Willy Surbeck (1955) ist im schaffhausischen Oberhallau aufgewachsen und heute in Münchenstein wohnhaft. Surbeck ist Bassist der Band «Take the 55». Mit dieser gibt er rund 40 Konzerte pro Jahr. In der Region bekannt wurde Surbeck nicht zuletzt als langjähriger Geschäftsführer und Chefredaktor von Telebasel.
«Take the 55» im «Sir Alfred»
vs. Die Band «Take the 55» tritt heute Freitagabend ab 19 Uhr im «Sir Alfred»-Pub an der Bahnhofstrasse in Sissach auf. Die Musiker bringen zusammen 200 Jahre – teils internationale – Bühnenerfahrung mit. Pianist Andy Boller aus Springfield (USA) gehört zur Oberliga der R-’n’-B-Pianisten. Mit dem Laufentaler Pedal Steeler Lo Trottmann und der Basler Gitarrenikone Felix Hohl, eine Art Stevie Ray Vaughn vom Spalenberg, hat die Band einen Sound entwickelt, den die Zürcher Klubszene soeben am Entdecken ist. Drummer Louis Maiello aus Brooklyn, New York, teilte die Bühne mit grossen Bands wie «Ramones» oder «Clash». Mit Bassist Willie Surbeck bildet er eine Rhythm-Section, die jedes Fest zum Tanzen bringt.