Meisterliches Burgermeisterli
18.11.2021 Arisdorf, Baselbiet
Heiner Oberer
Burgermeisterli ist Kulturgut. Baselbieter Kulturgut. Der zweifach gebrannte Kräuterschnaps auf Obstbrandbasis hat nämlich im Inventar «Das kulinarische Erbe der Schweiz» Aufnahme gefunden. Autor Paul Imhof schreibt über die Herkunft des ...
Heiner Oberer
Burgermeisterli ist Kulturgut. Baselbieter Kulturgut. Der zweifach gebrannte Kräuterschnaps auf Obstbrandbasis hat nämlich im Inventar «Das kulinarische Erbe der Schweiz» Aufnahme gefunden. Autor Paul Imhof schreibt über die Herkunft des Burgermeisterli im Band 2 des Werks, dass «auf dem Landgut Mayenfels in Pratteln des Basler Bürgermeisters Peter Burckhardt im Jahr 1783 erstmals dieses Getränk gebrannt worden ist». Weiter schreibt Imhof, dass «… man im vierten Band des ‹Idiotikons›, erschienen 1901, nachlesen kann, dass der Bürgermeister das Burgermeisterli, diesen ‹Likör›, erfunden hat».
Einer, der weiss, wie es geht, ist Andreas Gerber. Der 51-jährige gelernte Kaufmann ist Geschäftsführer der Ernst Zuber Spezialitätenbrennerei in Arisdorf und hat an der diesjährigen «Distisuisse» mit dem Burgermeisterli den Titel des besten Kräuterbrands der Schweiz geholt. An der «Distisuisse», die alle zwei Jahre stattfindet, reichen über 100 Brennereien ihre besten Produkte ein, um sie von einer Jury beurteilen zu lassen.
Neben der Auszeichnung zum besten Kräuterbrand der Schweiz wurde die Spezialitätenbrennerei Zuber zusätzlich mit einer Goldauszeichnung für ihren Williams-Likör und 13 weiteren Medaillen gekürt.
«Wir sind stolz auf die Auszeichnungen», sagt Andreas Gerber beim Gespräch in der ehemaligen Mühle in Arisdorf, die jetzt als Degustations- und Verkaufsraum dient. Obwohl der Geschäftsführer in der dritten Generation als Bub und Heranwachsender im elterlichen Betrieb mitgeholfen hatte, stieg er nicht sofort in das Brenngeschäft ein. Nach einer Bürolehre und 15 Jahren als Lastwagenchauffeur, was er aus gesundheitlichen Gründen aufgeben musste, war es im Jahr 2016 so weit. Er absolvierte im Bildungshaus Kloster St. Ulrich, Bollschweil (D), die Ausbildung zum Edelbrandsommelier und übernahm in Arisdorf die Verantwortung für die Brennhäfen. Gleich zu Beginn des Gesprächs stellt Gerber klar: «Ein sauberes Grundprodukt macht 95 Prozent eines guten Destillats aus. Schnaps kann jeder herstellen. Ein gutes und sauberes Destillat zu brennen, ist schon schwieriger.» Man müsse mit Interesse und Freude an der Arbeit sein. «Auch degustieren gehört dazu», sagt er. Aber es sei wie bei allem: «Gesund ist alles, wenn man es mit Mass macht.»
Seit drei Jahren steht dem passionierten Brenner eine neue, topmoderne Brennanlage zur Verfügung. Trotz modernster Technik. Die Sinne seien noch immer die wichtigsten Hilfsmittel beim Brennen. «Die Nase und der Gaumen sagen mir, wann der perfekte Augenblick ist, um den ungeniessbaren Vor- und dann den Nachlauf abzutrennen, sodass das Mittelstück, das sogenannten Filet, als perfektes Destillat übrig bleibt.»
Kirschbrand als Basis
Gerber lässt über Nacht vor dem zweiten Brennvorgang eine Mischung aus Anis, Zimt, Koriander, Kardamom, Sternanis sowie weiteren geheim gehaltenen Kräutern ziehen. Wobei die immer gleichen Proportionen der Kräuter und Gewürze eine wichtige Rolle spielen: «Das Burgermeisterli ist kein einfaches Destillat», sagt der Brennmeister. Wichtig sei zudem, dass die Basis des Brands – in Arisdorf verwendet man dazu Kirschbrand – perfekt sei. Nach dem zweiten Brennvorgang wird filtriert, «nicht zu viel, sonst geht der Geschmack der Kräuter verloren». Am Schluss wird das Burgermeisterli mit destilliertem Wasser verdünnt, damit es die gewünschten 43 Volumenprozent Alkohol erreicht.
Inzwischen hat sich die Hauskatze gemütlich auf dem Stuhl neben Gerber eingerollt und schnurrt zufrieden. Auf die Frage, ob die Katze mit Schnaps grossgezogen worden sei, lacht der Brennmeister. «Nein. Sie kriegt jeden Morgen ihre Portion Kaffeerahm. Schnaps würde sie wohl verschmähen.»
Burgermeisterli mit seiner zartbitteren, würzigen Note und einem Hauch Anis und Lakritze wird vorwiegend als Digestif genossen. Brennmeister Gerber empfiehlt den Edelbrand aber auch aufgewärmt und mit Wasser verdünnt, als Mittel gegen die Grippe: «Das, wie gesagt, immer mit Mass.»
Verein «Kulinarisches Erbe der Schweiz»
hob. Der Verein Kulinarisches Erbe der Schweiz erfasst erstmals über Kantons- und Regionsgrenzen hinaus traditionelle kulinarische Schweizer Produkte, deren Herstellung, Eigenschaften und Geschichte. Dieses Inventar erforscht Nahrungsmittel, die für die Menschen einer Region, eines Kantons oder der ganzen Schweiz eine besondere Bedeutung haben, mindestens eine Generation weitergegeben wurden und die heute konsumiert und produziert werden. Ziel des Vereins ist es, traditionelle Schweizer Produkte in ihrem räumlichen, zeitlichen, kulturellen und wirtschaftlichen Kontext der Schweizer Bevölkerung näherzubringen. Der Verein vermittelt Wissen über Vielfalt, Herstellung, Geschmack und Geschichte der Produkte und die Lust, traditionelle Produkte zu konsumieren.