Glasfasernetz zugunsten von 5G vernachlässigen?
23.11.2021 WenslingenSuperschneller Mobilfunk für das Oberbaselbiet mit der 5G-Technologie ist ein heisses Eisen und erregt auch im Landrat die Gemüter. Während die Wirtschaft eine Notwendigkeit postuliert und gerne so tut, als würde ohne 5G unsere ganze Welt zusammenbrechen, verlangten an der ...
Superschneller Mobilfunk für das Oberbaselbiet mit der 5G-Technologie ist ein heisses Eisen und erregt auch im Landrat die Gemüter. Während die Wirtschaft eine Notwendigkeit postuliert und gerne so tut, als würde ohne 5G unsere ganze Welt zusammenbrechen, verlangten an der jüngsten Landratssitzung kritische Parlamentarierinnen eine Rückbesinnung auf das Glasfasernetz.
Frequenzen sind laut Anbietern ein knappes Gut, da die Geräte immer «gefrässiger» werden. Alle achtzehn Monate verdoppeln sich die Datenströme, vor allem wegen der unterwegs auf dem Handy in Echtzeit angeschauten Filme. Mehr Digitalisierung heisst mehr Daten und mehr benötigte Rechenleistung in den Zentren, was den Stromverbrauch kräftig nach oben treibt. Ob 5G und seine damit verbundenen smarten Anwendungen – zum Beispiel autonome Fahrzeuge oder virtuelle Realitäten in Schulen – die Treibhausgasemissionen künftig markant reduzieren werden, ist wegen des Rebound-Effekts – höhere Nachfrage führt zu zusätzlichen Emissionen – fraglich. Mehr digitale Anwendungen per Knopfdruck bedeuten aber klar neue Umsatzquellen für die Wirtschaft. Als Lockvogel-Beispiel führt dazu der Anbieter Sunrise UPC an: «Wollen Sie beispielsweise spontan mehrere Tage verreisen, können Sie auf dem Weg zum Flughafen jemanden engagieren, um Ihre Pflanzen zu giessen und die Katzen zu füttern.» Wo, bitteschön, ist da der soziale und ökologische Mehrwert von 5G, wenn man sich so aus den realen Beziehungsnetzen ausklinken kann?
Natürlich merken wir alle, wie wir uns immer stärker auf die Mobilfunk-Technologie einlassen (müssen) und scheinbar keine Wahl haben. Die Landschaft vor unserer Haustüre stützt diesen Eindruck, indem sie sich immer mehr in einen Antennenmasten-Wald verwandelt. So braucht es laut der Branche allein in der Schweiz für ein funktionierendes 5G-Netz bis zu 15 000 neue Masten. Die gezielt auf den Nutzer strahlenden adaptiven 5G-Antennen lassen die Sorge um die Gesundheit wachsen, gemäss einer repräsentativen ETH-Studie vom Mai dieses Jahres übrigens deutlich mehr bei Frauen als bei Männern, die sich vor allem technologische Vorteile ausrechnen. Die Auswirkungen von Mobilfunkstrahlung auf die Haut, die Organe, das Nerven- und Immunsystem sind laut den «Ärztinnen und Ärzten für Umweltschutz» (AefU) wirklich ernst zu nehmen. Der Bundesrat empfiehlt jedoch anstelle einer Politik der Vorsorge ein langfristiges Beobachten möglicher Gesundheitsschäden, was an eine Versuchskaninchenstrategie erinnern mag. Und genau hier taucht die Frage nach dem Glasfasernetz auf, das im Vergleich zu 5G ein Vielfaches an Daten bewältigen kann, eine weit höhere Energieeffizienz aufweist, extrem ausfallsicher ist und erst noch nicht strahlt.
Als grüne Landrätin bin ich daher nach der hochkarätig besetzten Podiumsdiskussion in Gelterkinden von vorletzter Woche überzeugt: Wirklich zukunftsfähig und positiv für die Standortattraktivität der Gemeinden ist nur ein flächendeckendes Glasfasernetz, gerade auch wegen des ungebremsten Wachstums bei Streaming-Diensten. Nur auf 5G setzen ist nicht nachhaltig! Es ist auch nicht fair gegenüber jenen 8 bis 10 Prozent der Bevölkerung, die elektrosensibel sind.
Regula Waldner, Landrätin Grüne, Wenslingen