Eigenmietwert-Vorlage soll sistiert werden
14.10.2021 BaselbietFDP will Entscheid auf Bundesebene abwarten
Während im Baselbiet über eine neue Berechnung des Eigenmietwerts diskutiert wird, hat sich der Ständerat für dessen Abschaffung ausgesprochen. Bürgerliche fordern, die Diskussion aufzuschieben. Das sei eine politische Verzögerungstaktik, ...
FDP will Entscheid auf Bundesebene abwarten
Während im Baselbiet über eine neue Berechnung des Eigenmietwerts diskutiert wird, hat sich der Ständerat für dessen Abschaffung ausgesprochen. Bürgerliche fordern, die Diskussion aufzuschieben. Das sei eine politische Verzögerungstaktik, entgegnet die SP.
Janis Erne
Mit einer knappen Mehrheit hat der Ständerat die Abschaffung des Eigenmietwerts beschlossen. Nun liegt das Geschäft beim Nationalrat, ein Referendum ist denkbar. Die mögliche Abschaffung versteht die Baselbieter FDP als Argument für die Sistierung der regierungsrätlichen Vorlage zur Neuberechnung des Eigenmietwerts.
Anfang 2017 rügte das Bundesgericht den Kanton Baselland, dass der Eigenmietwert in Einzelfällen systembedingt unter der verfassungsrechtlichen Schwelle von 60 Prozent des Marktmietwerts liegen kann. Viereinhalb Jahre später präsentierte der Regierungsrat nun im Juni eine Vorlage für die Erneuerung der Eigenmietwerttabelle. Die Vorlage strebt eine Änderung des Steuergesetzes an, um die benötigten Daten erheben zu können.
Vorlage in der Vernehmlassung
Der Eigenmietwert basiert auf dem Marktmietpreis einer Liegenschaft, der wiederum aus dem kommunalen Median-Mietpreis pro Quadratmeter und der Nettowohnfläche errechnet werden soll. Geplant ist die Selbstdeklaration aller 55 000 Eigentümer einer selbstbewohnten Immobilie, wobei Nettowohnfläche und Anzahl Zimmer angegeben werden müssen. Nun fordert die Baselbieter FDP den Regierungsrat auf, die Vorlage zu sistieren, bis auf nationaler Ebene entschieden wurde, wie der Eigenmietwert sowie der dazugehörige Systemwechsel neu umgesetzt werden sollen.
Auch HEV-Schweiz-Direktor und SVP-Landrat Markus Meier findet den Zeitpunkt der Vorlage denkbar ungeeignet. «Ich rechne zwar mit einem Differenzbereinigungsverfahren zwischen National- und Ständerat, aber mit einem positiven Schluss», sagt er auf Nachfrage. Die EVP stellt in ihrer Stellungnahme zur Vernehmlassung deutliche Anzeichen für eine mögliche Abschaffung des Eigenmietwerts fest und geht davon aus, dass die Entwicklungen auf Bundesebene abgewartet werden.
Von einer jahrelangen politischen Verzögerungstaktik sprechen hingegen die SP und der Baselbieter Mieterverband: Es hätte dem Regierungsrat früher auffallen müssen, dass gewisse Angaben zur systematischen Überprüfung der Eigenmietwerte fehlen und nicht erst vier Jahre nach dem Bundesgerichtsurteil. Für Adil Koller, Co-Geschäftsführer des Mieterverbands Baselland und SP-Landrat, ist es fraglich, ob der Eigenmietwert auf Bundesebene überhaupt abgeschafft wird. Das sei bisher immer gescheitert, spätestens vor dem Volk. «Letztlich sind die Baselbieter Mieterinnen und Mieter die Benachteiligten, wenn sie mehr Steuern zahlen müssen als Eigentümer in den gleichen wirtschaftlichen Verhältnissen», sagt Koller auf Nachfrage.
Methodik in der Kritik
Parteiübergreifend wird die Selbstdeklaration kritisiert. Die GLP befürchtet in ihrer Stellungnahme, dass betagte Menschen die Nettowohnfläche ihrer Liegenschaft selbst nur mit grossem Aufwand ermitteln können. «Bei älteren Immobilien sind Pläne nicht immer griffbereit», ergänzt Meier.
Zudem verweisen SP und SVP auf wichtige Parameter, die in der Vorlage nicht berücksichtigt werden. Lage, Ausbaustandard, Alter und Bausubstanz würden über den Marktmietpreis einer Liegenschaft viel mehr aussagen als ein einheitlicher kommunaler Median-Mietpreis pro Netto-Quadratmeter, sind sich Koller und Meier einig.
Während Bürgerliche auf Zeit spielen, will die SP die Neuberechnung der Eigenmietwerte schnellstmöglich umsetzen. Welche Strategie Schliesslich greift, hängt auch von der Bundespolitik ab. Experten meinen, dass ein allfälliger Systemwechsel beim Eigenmietwert frühestens 2023 in Kraft treten würde.