Covid-19-Gesetz
29.10.2021 GesellschaftSo nicht, Frau Grazioli!
Zum «Carte blanche»-Beitrag «Die rote Linie» in der «Volksstimme» vom 26. Oktober, Seite 2
Es ist das gute Recht und eigentlich die Pflicht von Politikerinnen und Politikern, bei Fragen von allgemeinem ...
So nicht, Frau Grazioli!
Zum «Carte blanche»-Beitrag «Die rote Linie» in der «Volksstimme» vom 26. Oktober, Seite 2
Es ist das gute Recht und eigentlich die Pflicht von Politikerinnen und Politikern, bei Fragen von allgemeinem Interesse Stellung zu beziehen. Lobenswert, da nicht selbstverständlich, dass es Frau Grazioli in klarer Weise in der laufenden Debatte zum Covid-19-Gesetz tut. Gerade auf der links-grünen Seite halten sich die arrivierten Amtsträgerinnen und Amtsträger ansonsten in der Frage elegant zurück. – Die Position von Frau Grazioli ist also zu respektieren. In der Sache aber erlaube ich mir, ihr vehement zu widersprechen.
Ist es tatsächlich soweit, dass all die Menschen, die in eigener Verantwortung die Empfehlungen unserer verantwortlichen Behörden und Fachleute umsetzen, ein schlechtes Gewissen haben müssen? Immerhin hat unser Bundesrat in der Gestalt des geltenden Epidemiengesetzes ein Instrument, das genau definiert, welche Kompetenzen ihm zustehen. Das Volk hat dieses Gesetz einst gutgeheissen. Selber schuld, wer es vorher nicht gelesen hat! Der Bundesrat hat seine Kompetenzen in der Sache nie überschritten. Hätte er das getan, hätten Frau Grazioli und ihre Partei (die ich wähle, seit es sie gibt) freie Handhabe gehabt, das zu bekämpfen.
Zum Thema Freiheit möchte ich zu bedenken geben, dass die Schweiz in ganz Europa praktisch die lockersten Coronamassnahmen zu vergegenwärtigen hat … – bis heute! Es gibt einige Orte auf der Welt, wo Frau Grazioli tatsächlich in ihrer Freiheit eingeschränkt wäre; als Frau, als Politikerin, als Mitglied der Opposition, als Bürgerin. Genau in dem Punkt klagt sie auf ganz hohem Niveau.
Frau Grazioli ist sich offenbar nicht bewusst, mit wem sie hier gemeinsame Sache macht. Nicht nur mit Trychlerinnen und Trychlern, sondern mit knallharten, rechtsorientierten Fundamentalisten, dazu mit einer SVP, die (analog ihrer deutschen Schwester AfD) mehr an Konflikten als an Problemlösungen interessiert ist, und mit diversen sektenartigen Gruppierungen, die an Aluhüte und an Chips in Impfstoffen glauben.
Eingangs habe ich Frau Grazioli das Recht zur ihrer Meinung zugestanden. Sie gesteht mir also sicher auch das Recht zu, bei den nächsten Wahlen ihren Namen von der Liste zu streichen. Und sollten die Grünen die Meinung ihrer Landrätin teilen, werde ich die ganze Liste dem Altpapier überantworten.
Wer sich nach Freiheit in Verantwortung sehnt, stimmt dem Covid-19-Gesetz zu.
Michael Hunziker, Tenniken