«Neue Energie» für den Leuenberg
21.10.2021 Baselbiet, Gesellschaft, Hölstein«Athena Center AG» hat Vorvertrag über den Kauf abgeschlossen
Die Betreiber des Seminarhotels Leuenberg haben das Handtuch geworfen. Nun soll der Gebäudekomplex verkauft werden. Die Interessentin Athena Center AG um Simone Junod, die sich als «Weisheitshüterin und Schamanin» ...
«Athena Center AG» hat Vorvertrag über den Kauf abgeschlossen
Die Betreiber des Seminarhotels Leuenberg haben das Handtuch geworfen. Nun soll der Gebäudekomplex verkauft werden. Die Interessentin Athena Center AG um Simone Junod, die sich als «Weisheitshüterin und Schamanin» bezeichnet, hat bereits Einzug gehalten.
David Thommen
2016 hatte die Evangelisch-Reformierte Kirche Baselland ihre Heimstätte Leuenberg aus finanziellen Gründen verkauft. Fortan zeichnete die Hotel Leuenberg AG für den Betrieb verantwortlich. Diese AG ist Bestandteil der Aargauer Kasper-Holding, die unter anderem mehrere ähnliche Tagungshotels in der Schweiz betreibt.
Richtig zum Laufen kam das Geschäft der Hotel AG auf dem Leuenberg allerdings nicht. Corona sorgte für einen grossen Einbruch, danach verursachte auch noch das Hochwasser vom Juni dieses Jahres grosse Schäden, was den Betrieb ganz zum Erliegen brachte. In der Folge gaben die Besitzer auf und verkündeten die Schliessung (siehe «Volksstimme» vom 8. Oktober).
Jetzt wird an einer Nachfolgelösung gearbeitet. Bereits seit Juli ist die 2018 in Zürich gegründete Athena Center AG auf dem Gelände mit dem 1967 erstellten Komplex mit 44 Hotelzimmern und 11 Seminarräumen präsent. Derzeit sorgen Athena-Mitarbeiterinnen und -Mitarbeiter für den Unterhalt von Gebäuden und Umschwung, verschiedene Reparatur- und Gartenarbeiten werden ausgeführt.
Auf Kapitalsuche
Die Firma um Gründerin Simone Junod plant, ab kommendem Jahr an diesem Standort ein «Trainingsund Well-Being-Institut» zu betreiben, bereits vorher soll es einzelne Kursangebote geben. Wie die heutige Besitzerin Kasper-Holding auf Anfrage bestätigt, besteht seit einiger Zeit ein mittlerweile verlängerter Vorvertrag über einen Verkauf an die Athena Center AG, gültig bis Ende Jahr. Bis dahin wollen die Hauptinitiantin und ihre Mitstreiter das nötige Kapital bei institutionellen Investoren, Firmen oder Privatpersonen beschafft haben. Es ist von einer Kaufsumme im tieferen einstelligen Millionenbereich auszugehen.
Athena-Gründerin Junod will ihren Stab für den professionellen Hotel- und Tagungsbetrieb auf dem Leuenberg Schritt für Schritt auf 13 fest angestellte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ausbauen, wie sie im Gespräch mit der «Volksstimme» erklärt. Angeboten werden soll eine Vielzahl von eigenen Kursen, Tagungen oder Workshops, daneben sollen die Räumlichkeiten aber auch weiterhin an externe Veranstalter von Seminaren und Ähnlichem vermietet werden. Junod denkt an Organisationen, Unternehmen, Vereine, Privatpersonen und so weiter. «Wir legen grossen Wert darauf, auch all diejenigen anzusprechen, die schon früher gute Erlebnisse hier oben hatten.» Der Businessplan rechne im ersten Jahr mit einer Auslastung der Hotellerie von rund 30 Prozent, in vier Jahren soll diese dann bereits 70 Prozent betragen.
Weisheitshüterin und Schamanin
Was Junod und ihr «globales, diverses Team» an eigenen Angeboten im Tagungshotel auf die Beine stellen will, lässt aufhorchen: Die ursprünglich aus dem Berner Jura stammende Unternehmerin, die nach eigenen Angaben einen beruflichen Werdegang als Leiterin Finanzen und Personal in diversen Branchen hat, bezeichnet sich selber als «Weisheitshüterin und Schamanin». Entsprechend ist das Angebot aufgebaut: In ihren Kursen sollen «Menschen befähigt werden, ihr vollständiges Potenzial zu entfalten und energetisch zurück auf den Weg zum Wohlbefinden» begleitet werden, wie sie im Gespräch mit der «Volksstimme» sagt. Angesprochen werden sollen gleichermassen Kinder wie Erwachsene, dazu vor allem auch Führungspersönlichkeiten aus der Wirtschaft sowie Wissenschaftler, speziell aus den Bereichen Bildung, Epigenetik, Neurowissenschaft und Quantenphysik. Der Leuenberg solle zu einer Bildungs- und Kreativitätsstätte werden. Nicht zuletzt soll eine pflanzliche Permakultur (Garten) eingebaut und in die Workshops einbezogen werden.
Junod sagt, sie und ihre Kursleiterinnen und Kursleiter wollten «die anderen Sinne und die Intuition der Menschen wecken und stärken», dies mit verschiedenen Methoden – sie nennt überlieferte Rituale unterschiedlicher Traditionen, Bewegungs-, Achtsamkeitsund Atemübungen, Yoga, Ayurveda und Rundgänge in der Natur. Ziel sei es, die Energiefrequenzen des Körpers zu steigern, damit die Menschen «physisch und emotional widerstandskräftiger werden». Der Mensch sei «reine Energie» und unter Anleitung könne diese mit besonderen Ritualen und meditativen Übungen gesteigert werden. Zentrale Anliegen in diesen Angeboten sind ganzheitliche Bildung, eine nachhaltige Lebensweise und die Reduktion von Ungleichheiten. Mit diesen Ansätzen will Athena auch insbesondere bei Depressionen, Burnout und Suizidgefährdung helfen, die seit Corona signifikant angestiegen sind. Prognosen und Versprechen werden keine gegeben. Diese Ansätze hätten jedoch in vielen Beispielen eine positive Wirkung gezeigt, auch bei schweren Krankheiten wie Krebs. Darüber berichtet sie auch auf ihrer privaten Internetseite. Schulmediziner dürften ob solcher Schilderungen vermutlich alarmiert sein. Junod entgegnet: «Es ist alles wahr. Soll ich etwa nicht davon berichten und meine Fähigkeiten nicht in den Dienst der Menschen stellen?»
Handelt es sich also um ein eigentliches esoterisches Zentrum, das auf dem Leuenberg im Entstehen begriffen ist? Junod: «Viele Personen mögen den Begriff Esoterik vielleicht verwenden, für mich ist es aber etwas ganz anderes: Es geht um die Erschliessung der inneren Weisheit und Führung und um die Entfaltung des Potenzials, das wir als Menschen haben. Unsere Ansätze mit Athena Center im Leuenberg haben nichts mit Esoterik zu tun.»
Kathrin Amacker im Beirat
Gefunden hat Junod eine ganze Anzahl von Mitstreiterinnen und Mitstreitern. Darunter die ehemalige Baselbieter CVP-Nationalrätin und aktuelle «Regio Basiliensis»- Präsidentin und Unirätin Kathrin Amacker, die als Vorsitzende des Athena-Beirats tätig wird. Sie fühle sich dem Leuenberg seit Langem stark verbunden, sagt Amacker auf Nachfrage. Sie habe einst viel Zeit dort verbracht, nicht zuletzt, als es um die sozialpartnerschaftlichen Verhandlungen rund um die Fusion von Ciba-Geigy und Sandoz zur Novartis ging. Schon längst sei sie Mitglied des Leuenberg-Vereins, und es gelte zu verhindern, «dass dieser Kraftort zur Bauruine wird». Die Finanzierung sei zwar noch nicht ganz sichergestellt, sagt sie, doch sie sei zuversichtlich, zumal das Vorhaben auch von der kantonalen Standortförderung stark unterstützt werde.
Inhaltlich kann sich Amacker mit Junods Programm identifizieren: Nach den Jahrzehnten mit technischer Innovation gebe es bei der «Human Innovation» nun grossen Nachholbedarf. Die Ansichten und Methoden der Athena-Gründerin stünden nicht im Widerspruch zu den klassischen Wissenschaften. Es gehe um die Verbindung von Materie und Energie, das habe sehr viel mit Naturwissenschaften zu tun. Auch weltweit tätige IT-Konzerne unterstützten für ihre Mitarbeitenden mittlerweile solche Angebote.
Für den 11. November ist ein grosser Anlass geplant, an dem sich das «Athena Institute», das für die hauseigenen Kurse verantwortlich ist, auf dem Leuenberg vorstellen will. Am 22. Januar 2022 soll dann ein Tag der offenen Tür stattfinden. Voraussetzung dürfte sein, dass die Finanzierung in der Zwischenzeit zustande kommt und die Athena Center AG auf dem Leuenberg tatsächlich eine feste Bleibe bekommt. Junod sagt überzeugt: «Es wird uns in jedem Fall gelingen, dieses Zentrum zu betreiben.»
Unweit des Leuenbergs gibt es bereits eine andere Einrichtung mit einem breiten Kurs- und Seminarangebot: Das Impulszentrum Holdenweid.