«9 / 11» um den neuen Bezirk
10.09.2021 BaselbietWie das damals bernische Laufental 1983 zuerst einmal Nein sagte
Der 11. September wurde 18 Jahre vor den «9 / 11»-Terroranschlägen in den USA in der Region Basel ebenfalls zum denkwürdigen Datum.
Robert Bösiger
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Wie das damals bernische Laufental 1983 zuerst einmal Nein sagte
Der 11. September wurde 18 Jahre vor den «9 / 11»-Terroranschlägen in den USA in der Region Basel ebenfalls zum denkwürdigen Datum.
Robert Bösiger
Das Bild zu diesem Beitrag ist uns beim «Grümpeln» in die Finger geraten. Unser Blick ist hängengeblieben am fröhlichen Gesicht des Mädchens und am Datum: 11. September, da war doch was …
Genau: «Nine Eleven» oder 9 / 11. Am 11. September 2001 wurden in New York die Twin Towers des World Trade Centers durch zwei entführte Flugzeuge zum Einsturz gebracht. Jeder und jede mag sich vermutlich noch an die Fassungslosigkeit erinnern beim gebannten Mitverfolgen der TV-Bilder vor 20 Jahren. Bei uns war es der kleine Fernseher mit Antenne, der die ganze Geburtstagsgesellschaft magisch angezogen hatte. Laura, das Geburtstagskind, stand plötzlich nicht mehr im Zentrum des allgemeinen Interesses.
Die als terroristischer Massenmord eingestuften Anschläge forderten knapp 3000 Menschenleben. Unmittelbar nach den Anschlägen rief der damalige US-Präsident George W. Bush den «War on Terror» aus. Bereits am 7. Oktober gleichen Jahres begann der Krieg in Afghanistan, mit dem Ziel, die seit 1996 herrschende Taliban-Regierung zu stürzen und Al-Qaida zu bekämpfen. Fällt Ihnen mit Blick auf die jüngsten Ereignisse in Afghanistan etwas auf? Eben.
Wohin soll man sich ausrichten?
Lange vor den Anschlägen von 9 / 11, auf den Tag genau 18 Jahre zuvor, gab es bei uns auch ein geschichtsträchtiges 9 / 11 – aber zum Glück ohne Tod, Zerstörung und Endloskrieg. Es ging um die Frage, ob sich das bernische Laufental dem Baselbiet anschliessen und vom Kanton Bern losreissen sollte. Hier die wichtigsten Stationen im Schnelldurchlauf:
– Im Juni 1978 beschliessen die Laufentalerinnen und Laufentaler mit 4216 zu 2234 Stimmen, Verhandlungen mit angrenzenden Deutschschweizer Kantonen über die Frage der Kantonszugehörigkeit aufzunehmen. Zuvor hatten sie es abgelehnt, sich an den jungen Kanton Jura anzulehnen.
– Im Prozess, den Wunsch-Anschlusskanton zu finden, scheidet im Januar 1980 als zweiter Kanton Basel-Stadt aus. Drei Monate später fällt auch Solothurn durch die Maschen. Das Rennen macht schliesslich das Baselbiet – mit 66 Prozent Zustimmung. So erarbeitet die Laufentaler Bezirkskommission mit den Behörden unseres Kantons einen Anschlussvertrag.
Rekordhohe Stimmbeteiligungen
Am besagten 11. September 1983 kam dieser Anschlussvertrag zur Abstimmung. Die Wellen gingen hoch – vor allem im Laufental selber: Die Pro-Berner führten den dank Bern erreichten Wohlstand ins Feld und sahen die Felle davonschwimmen, was die Eigenständigkeit anbelangt. Nichts weniger als die Heimat sei bedroht, warnten die Berntreuen. Und die Gräben gingen mitten durch die Familien.
Die Abstimmung fiel denkwürdig aus: Während der Baselbieter Souverän mit deutlicher Mehrheit das Laufental willkommen hiess – sogar die kritisch-zurückhaltenden Oberbaselbieter –, zierte sich die Braut. Und wie! Bei einer sensationellen Stimmbeteiligung von 93 Prozent wurde der Anschlussvertrag verworfen; nur 4 der 13 Laufentaler Gemeinden sagten knapp Ja. So verblieb das Tal bei Bern.
Zumindest vorläufig. Denn im Jahr darauf erhielt die Laufentaler Bewegung plötzlich wieder Oberwasser: Im Zuge der sogenannten Finanzaffäre wurde nämlich ruchbar, dass die Berner Regierung den Pro-Bernern im Abstimmungskampf finanziell unter die Arme gegriffen und so die Abstimmung manipuliert hatte. Die Pro-Baselbieter verlangten, die Abstimmung sei zu wiederholen.
Knappes Ja zum Baselbiet
1985 lehnte der Berner Grosse Rat das Wiedererwägungsgesuch der Laufentaler Bewegung ab. Doch die Pro-Baselbieter gaben nicht auf. Vor Bundesgericht erreichten sie, dass die Abstimmung von 1983 wiederholt werden musste. So kam es, dass sich der Laufentaler Souverän am 12. November 1989 nochmals äussern durfte. Obwohl sich im Vorfeld der Abstimmung die alten Gräben wieder auftaten, fiel das Ergebnis zwar knapp, aber pro Anschluss ans Baselbiet aus. 4650 Ja- setzten sich gegen 4343 Nein-Stimmen durch. Die Stimmbeteiligung lag bei unglaublichen 93,6 Prozent. Und nur noch fünf Gemeinden sprachen sich für den Verbleib beim Berner Bären aus.
Den Rest kennen wir:
– Am 22. September 1991 erneuerte das Baselbiet sein «Herzlich willkommen» an der Urne.
– Am 26. September 1993 gaben Volk und Stände dem Kantonswechsel des Laufentals ihren Segen.
– Auf den 1. Januar 1994 lud die Baselbieter Regierung alle Laufentalerinnen und Laufentaler zu einem Neujahrsapéro ein. Seither gehört das Laufental als fünfter Bezirk zum Baselbiet.
So hat «9 / 11» zumindest bei uns zu einem Happy-End geführt.