Die Schule im Dorf gelassen
17.08.2021 Bildung, HemmikenBarbara Saladin
«Jetzt goht’s los», sangen die acht grösseren Hemmiker Primarschulkinder mit Gitarrenbegleitung des Lehrers Urs Sperisen zur Begrüssung der kleineren; auch sie acht an der Zahl. Gestern Montagmorgen um 8 Uhr ging es wirklich los: Das neue ...
Barbara Saladin
«Jetzt goht’s los», sangen die acht grösseren Hemmiker Primarschulkinder mit Gitarrenbegleitung des Lehrers Urs Sperisen zur Begrüssung der kleineren; auch sie acht an der Zahl. Gestern Montagmorgen um 8 Uhr ging es wirklich los: Das neue Schuljahr mit der neuen Gesamtschule nämlich. Die kleinste Schule des Kantons hiess nicht nur neue Erstklässler, sondern auch die Kindergärtler willkommen.
Die Hemmiker Schule ist einzigartig (siehe auch Interview mit Beat Lüthy): Sie vereinigt den 1. und den 2. Zyklus unter einem Dach. In der Grundstufe sind die beiden Kindergartenjahre sowie die 1. und 2. Primarstufe zusammengefasst, in der anderen Klasse, der Mittelstufe, die 3. bis 6. Primarstufe. So können die Kindergartenkinder nach einem rund 15-jährigen «Exil» in Ormalingen wieder im eigenen Dorf zum Unterricht. Mit grossem Enthusiasmus wurde das Konzept der Gesamtschule erarbeitet und im September 2020 von der Gemeindeversammlung angenommen. Gestern war nun also erster Schultag.
«Der Geist der Schule ist darauf ausgerichtet, dass Klein und Gross gemeinsam den Schulalltag pflegen», sagt Priska Schmutz, Schulleiterin in Hemmiken. Mehrere Stunden pro Woche haben alle Kinder ein gemeinsames Gefäss, und alle kleineren haben ein Gotti oder einen Götti unter den grösseren Kindern, die ihnen helfen, sich im Schulhaus und auf dem Pausenplatz zurecht zu finden. Die Schulleiterin lobt den Zusammenhalt der Kinder und ihre Selbstständigkeit: «Das ist eine Riesenstärke.»
Die beiden relativ kleinen Klassen von je acht Kindern ermöglichen ein individuelles Lernprogramm. Die Aufwertung der Schule sei gleichzeitig auch eine Aufwertung der Gemeinde, ist Schmutz überzeugt.
«Windredli» als Geschenk
Am Montagmorgen begrüsste Priska Schmutz also Kinder und Eltern ebenso wie zwei neue Lehrerinnen des insgesamt vierköpfigen Teams.
Nach einem weiteren Lied, das gemeinsam auf dem Pausenplatz gesungen wurde, bekamen die «Kleinen» ein «Windredli» geschenkt und durften unter dem Spalier der «Grossen» hindurch ins Schulhaus und damit in einen neuen Lebensabschnitt treten.
Auch das historische Dorfschulhaus hat ein neues Gesicht. Nach seiner Totalsanierung, die vom Frühling vergangenen bis Frühling dieses Jahres dauerte, erstrahlt es in neuem Glanz. Bereits nach den Osterferien waren die Schüler aus ihrem einjährigen Provisorium im Mehrzweckraum der Mehrzweckhalle in den Dorfkern zurückgekehrt.
Sie hatten ihr neues Klassenzimmer also bereits vor den Ferien in Beschlag nehmen können. Und auch auf die Kleineren – zwei von ihnen absolvieren nach einem Jahr Kindergarten in Ormalingen nun das zweite Jahr im eigenen Dorf – wartete gestern ein helles, freundlich eingerichtetes Schulzimmer.
Den Umbau des unter kantonalem Denkmalschutz stehenden Gebäudes hatte erst die Erbschaft des Hemmiker Bürgers Fritz Buser ermöglicht, der im Jahr 2018 im Alter von 97 Jahren verstorben war und der Gemeinde 1,25 Millionen Franken für die Sanierung des Schulhauses hinterlassen hatte – unter der Bedingung, dass die Schule im Dorf bleibt. «Das war wie ein Sechser im Lotto», sagt Schulleiterin Priska Schmutz, «diese Erbschaft rettete unsere Schule.»
So gehen die Kinder, Lehrpersonen und der Schulrat zuversichtlich in die Zukunft. Und auch die Neulinge waren nach kurzer Zeit so konzentriert bei der Sache, dass dem einen oder anderen Kind gar nichts auffiel, als sich die Eltern unauffällig aus dem Schulzimmer schlichen.