Reformer und Bewahrer kämpfen an der Urne
23.07.2021 Baselbiet, LupsingenDas Referendum gegen den geänderten Zonenplan ist zustande gekommen
Die Lupsinger Einwohnerinnen und Einwohner werden am 28. November an der Urne über die Revision des Zonenplans und des Zonenreglements Siedlung abzustimmen haben. Das Referendum gegen den Beschluss der «Gmäini»vom 3. ...
Das Referendum gegen den geänderten Zonenplan ist zustande gekommen
Die Lupsinger Einwohnerinnen und Einwohner werden am 28. November an der Urne über die Revision des Zonenplans und des Zonenreglements Siedlung abzustimmen haben. Das Referendum gegen den Beschluss der «Gmäini»vom 3. Juni ist mit 211 gültigen Unterschriften zustande gekommen.
André Frauchiger
Marcel Staudt ist Präsident der Rechnungs- und Geschäftsprüfungskommission der Gemeinde Lupsingen. In dieser Funktion sieht er auch die Aufgabe, die Tätigkeiten des Gemeinderats und der Gemeinde insgesamt kritisch zu hinterfragen. Deshalb hat er auch kein Problem damit, dass er Mitinitiant des Referendums gegen einen Beschluss der Einwohnergemeindeversammlung vom 3. Juni ist. Die Versammlung hatte beschlossen, mit einem neuen Zonenreglement grössere und höhere Gebäude sowohl in der Siedlung als auch in der Gewerbezone zuzulassen.
Das Referendum richte sich gegen eine weitere Verdichtung über das bereits heutige hohe Mass hinaus und für die Wahrung des Dorfcharakters, erklärt Marcel Staudt. Er ist gegen ein verdichtetes Bauen, wie es die neuen Bestimmungen vorsehen. Er ist auch dagegen, dass die Gebäude in der Gewerbezone grösser gebaut werden dürfen. Die neuen Regelungen sehen vor, dass ein Gebäude in der Siedlung um bis zu 2 Meter höher werden kann und in der Gewerbezone neu maximal 40 Meter lang und 10 Meter hoch sein darf.
«Nicht alles bodigen»
Für Staudt sind auch zahleiche Formulierungen im neuen Reglement in wichtigen Punkten unklar formuliert, es sei zu viel von «kann» und «sollte» die Rede. Staudt: «Das vorliegende neue Reglement hat den Charakter eines Leitbilds und nicht eines Reglements.» Dabei seien die kantonalen Bestimmungen in Sachen Zonenplan ein gutes Beispiel für klare Regelungen.
Staudt will nun «nicht alles bodigen, sondern eine entsprechende Überarbeitung des Reglements». Und die Beibehaltung der bisher gültigen Bestimmungen über die zulässige Grösse von Gebäuden in allen Zonen. Die Verdichtung von heute möglichen 1700 auf bis zu 2000 Einwohnerinnen und Einwohner, wie dies der Vorschlag des Gemeinderats vorsehe, sei einfach zu viel. Seiner Meinung nach braucht es «keine neuen Planer, denn es geht um eine politische Diskussion über die Zukunft des Dorfes und Anpassungen bei den Abmessungen». Insbesondere über die Frage, welche Verdichtung beim Bauen in Lupsingen erwünscht sei. Wünsche und Kritik vieler Einwohnerinnen und Einwohner würden zu wenig ernst genommen. Grundsätzlich sei es auch schon aus demokratischen Gründen richtig, dass die Bevölkerung an der Urne über derart weitreichende Neuerungen abstimmen könne.
Gemeinderat Nicolas Hug, zuständig für Finanzen und Raumplanung der Gemeinde Lupsingen, hat keine Mühe damit, dass das Referendum mit 211 gültigen Unterschriften gegen den «deutlich ausgefallenen Beschluss der Gemeindeversammlung» ergriffen worden ist. Damit könnten nun wirklich alle Einwohnerinnen und Einwohner ihre Meinung kundtun. Es sei allerdings nicht so, dass bei einer Ablehnung der Revision nur redaktionelle Änderungen am neuen Reglement vorgenommen werden müssten. Vielmehr müsse dann der Gemeinderat eine neue Vorlage erarbeiten.
Wohin geht es in Zukunft?
In der Bevölkerung sind laut Hug zwei Bewegungen spürbar: Die Bewahrer, die keine Änderungen bei den Bestimmungen wollten, und die Reformer. Dieser Richtungsstreit müsse an der Urne entschieden werden. Das vom Gemeinderat vorgeschlagene neue Reglement sei in mehreren Punkten aber bewusst offener formuliert als in der alten Fassung. Dies sei so gemacht worden, um eine gewisse Flexibilität in der Entwicklung des gesamten Dorfes zu erhalten.
Pragmatismus sei notwendig, um die Entwicklung des Dorfes nicht unnötig einzuschränken. Dies bedeute aber nicht, dass die Bestimmungen letztlich unklar seien, die entscheidenden Rahmenbedingungen seien absolut klar formuliert. Hug: «Es gibt kein Gesetz mit Kann-Formulierung.» Das neue Reglement biete keinerlei Grundlage für willkürliche Entscheidungen. Die von den Gegnern verlangte Umzonung sei von der Gemeindeversammlung abgelehnt worden, ebenso ein Verbot von Flachdächern in gewissen Gebieten und ein Vorstoss gegen höhere Häuser. Deutlich abgelehnt worden sei schliesslich auch die Überführung der Gewerbe- in eine Landwirtschaftszone.
Am Wochenende vom 28. November wird der Souverän über die von der Gemeindeversammlung beschlossenen Änderungen zu befinden haben. Es geht dabei um nichts weniger als um die zukünftige Entwicklung dieser schön in die Oberbaselbieter Landschaft eingebetteten Gemeinde.