Die Jungen stets im Fokus
02.07.2021 Bildung, GelterkindenJürg Gohl
Das Lob kommt aus sehr berufenem Munde: «Sie ist die Seele dieser Schule.» So äussert sich der Sissacher Beat Lüthy, der Leiter des kantonalen Amts für Volksschulen, und beeilt sich anzufügen: «Sie ist unentwegt positiv.» Mit diesen Worten ...
Jürg Gohl
Das Lob kommt aus sehr berufenem Munde: «Sie ist die Seele dieser Schule.» So äussert sich der Sissacher Beat Lüthy, der Leiter des kantonalen Amts für Volksschulen, und beeilt sich anzufügen: «Sie ist unentwegt positiv.» Mit diesen Worten beurteilt er Barbara Zwygart, die seit zehn Jahren der dreiköpfigen Leitung der Sekundarschule Gelterkinden angehört. Der letzte Schultag vor den Sommerferien ist für sie heute zugleich der letzte im Berufsleben. Die Pädagogin geht in Pension. «Wobei», sagt sie und blickt auf ihren vollen Schreibtisch, «alles werde ich nicht abarbeiten können.» Die Lehrerin wird während der ersten Ferientage nachsitzen müssen.
Gegenwärtig ist für sie der Erweiterungsbau, der gerade abgeschlossen wird, mit viel Zusatzarbeit verbunden. Vergangene Woche wurde der neue Pausenplatz eingeweiht und auch die neue Aula bezogen. Die alte beherbergt neu das Lesezentrum. Zwar ist das Bauen Sache des Kantons, sie aber vertritt die Seite der Nutzer, also der Schule. Wie zentral der umgebende Raum beim Lernen sei, werde häufig unterschätzt, sagt sie, die wie alle Schulleitungsmitglieder weit und breit in den vergangenen 15 Monaten natürlich zusätzlich mit den Corona-Auflagen und -Massnahmen belastet war. Aus jedem ihrer Sätze ist ihr Engagement herauszuhören. Noch steht sie mitten im Alltagsgeschehen.
Zurück ins Klassenzimmer
Ihre Laufbahn als Lehrerin begann sie an der Primarschule in Titterten, und vielleicht mag eine Äusserlichkeit ein Indiz sein, wie sehr sie sich schon damals mit ihrer Aufgabe identifizierte: Sie wohnte im Dachstock des Schulhauses. Danach engagierte sie sich 20 Jahre lang in der Ausbildung von angehenden Kolleginnen und Kollegen, zuerst am legendären Seminar im bündnerischen Schiers, danach zuerst an der Fachhochschule in Chur und danach in der Nordwestschweiz. Obschon sie auf einem Bauernhof in Tenniken aufgewachsen ist, nun in Gelterkinden arbeitet und im Oberbaselbiet lebt, sind in ihrem Dialekt ein paar Bündner Bruchstücke haften geblieben.
Doch vor zehn Jahren stellte sie sich die Frage, ob sie in der Praxis überhaupt noch beherrscht, was sie an der Fachhochschule lehrt. Sie beschloss, ins Schulzimmer zurückzukehren, und wurde in Gelterkinden in die Schulleitung gewählt. In dieser Rolle steht sie zwar jetzt nicht mehr vor der Klasse, führe aber noch immer täglich Gespräche mit den Jugendlichen und wisse, was in den Gängen läuft. Sie begrüsst sie alle mit Namen.
Nach der Primarstufe und den angehenden Lehrpersonen musste sich Barbara Zwygart in Gelterkinden wieder mit der dazwischenliegenden Altersstufe, den Jugendlichen, auseinandersetzen. «Das ist eine der anspruchsvollsten Lebensphasen», sagt Barbara Zwygart, für die Lernförderung und das Wohl des Kindes im Zentrum steht. In diese Richtung entwickle sich auch die Pädagogik.
Bezugsperson für Junge
Das Digitale werde zusätzlich zu Lesen und Schreiben zu einer dritten zentralen Kompetenz. Wer sich dieser Herausforderung nicht stelle, werde abgehängt. Dies werde auch das Berufsbild verändern, ist sie überzeugt; die Lehrerin oder der Lehrer werden statt als Wissensvermittelnde als Bezugspersonen für die Jugendlichen wichtiger. «Solche Fragen werden mich auch nach der Pensionierung beschäftigen», sagt sie.
Und sonst? Mit einem Schuss Selbstironie räumt sie ein, in den vergangenen Monaten schlicht keine Zeit gefunden zu haben, um sich mit der Frage nach dem Inhalt ihrer neuen Lebensphase auseinanderzusetzen. «Mich zieht es nach draussen», sagt sie und nennt dazu Stichworte: mehr Konzerte, mehr Museen, mehr Wanderungen, mehr im Garten. Konkreter wird es nicht. «Ich bin halt eine Bauerntochter», erklärt sie fast entschuldigend, «wenn es etwas anzupacken gibt, so packe ich es an. Auch weiterhin.»