Zwei Naturliebhaber und ihre Kostbarkeiten
24.06.2021 Zeglingen, TennikenGanz besondere Matten mit einheimischen Orchideen
Auf der «Munimatt» hoch über Zeglingen blühte es Mitte Juni, was das Zeug hielt. Nicht anders in einem Garten am Dorfrand von Tenniken. An beiden Orten wachsen auch einheimische Orchideenarten, teils in ...
Ganz besondere Matten mit einheimischen Orchideen
Auf der «Munimatt» hoch über Zeglingen blühte es Mitte Juni, was das Zeug hielt. Nicht anders in einem Garten am Dorfrand von Tenniken. An beiden Orten wachsen auch einheimische Orchideenarten, teils in unglaublichen Mengen. Ein Augenschein.
Brigitt Buser
Eigentümer der Wiese oberhalb von Zeglingen ist Theo Sutter, der vor etwa 15 Jahren damit begonnen hat, die 1 Hektare grosse Matte abzumagern. «Als erste Orchideenart blüht hier praktisch über die ganze Wiese verteilt das Gefleckte Knabenkraut (Dactylorhiza maculata)», erzählt der pensionierte Landwirt und Gemeindearbeiter von Zeglingen begeistert. Aufgefallen ist ihm dies erst vor zwei Jahren.
Mit dem Abblühen des Knabenkrauts schiessen die bis zu 40 Zentimeter langen Blütenstängel der Pyramiden-Hundswurz (Anacamptis pyramidalis), auch Spitz- oder Pyramidenorchis genannt, aus dem Boden. Diese öffnen sich zu purpurroten, spitzen Blütenständen mit vielen traubig angeordneten Einzelblüten. Schaut man genauer hin, so sind es auch hier nicht einzelne Pflanzen, nein, es dürfte sich um Hunderte handeln, die ihre volle Schönheit zwischen Gräsern und Magerwiesenblumen zeigen. Normalerweise tritt die Pyramiden-Hundswurz einzeln oder vereinzelt in kleinen Gruppen auf. Ein Auftreten in grossen Mengen gilt als sehr aussergewöhnlich.
Sehr artenreiche Flora
Aber auch mit weiterer Flora geizt die Matte nicht. Neben Wiesensalbei, Wiesenbocksbart und Wiesenmargerite blühen hier auch Esparsette, Zottiger Klappertopf, Witwenblume («Guufechüssi»), Flockenblume, verschiedene Kleearten oder die gewöhnliche Wiesenglockenblume, übrigens nicht nur in Hellblau, sondern auch in ungewöhnlichem Weiss. Weiterhin finden sich immer wieder Tuffs mit rosafarbener Kuckuckslichtnelke oder Zittergras – und über alles legt sich der honigsüsse Duft des Wiesenlabkrauts.
Laut Kontrolle einer Fachperson des Ebenrains sind hier mehr als 40 Pflanzenarten vorhanden. «Im Vorjahr habe ich an mehreren Stellen sogar einige blühende Bienenragwurze (Ophrys apifera) entdeckt, in diesem Jahr jedoch nicht, was aber durchaus vorkommen kann», erzählt der Naturliebhaber und leidenschaftliche «Pilzler» weiter. Wenn in einem Jahr an einem Standort Orchideen blühen, in anderen Jahren jedoch nicht und bei der Pflege nicht massgebliche Änderungen vorliegen, so heisst dies noch lange nicht, dass sich die Kostbarkeiten für immer verabschiedet haben.
Grundsätzlich gilt die Bienenragwurz nicht als sehr langlebig und verschwindet daher nach wenigen Malen plötzlich. Es vergehen danach 3 bis 4 Jahre, bis sich aus noch vorab produzierten Samen blühfähige Pflanzen bilden. Auch ein Grund für das Verschwinden dürfte die Selbstbestäubung sein. Dieser Aufwand an Energie für die Samenproduktion schwächt die Pflanze so stark, dass sie entweder abstirbt oder einfach bis zur vollständigen Erholung keine Blüten bildet.
Damit es auf der «Munimatt» hier auch in Zukunft so vielfältig blüht, mäht Theo Sutter die Matte nur einmal jährlich, und dies im August.
Klein, aber fein
Schauplatzwechsel: Der naturnahe Garten von Fredi und Maja Furler liegt am Dorfrand von Tenniken unter der Fluh. Als ihre Kinder noch klein waren, hatte es an der Ostseite des Hauses eine rund 200 Quadratmeter grosse, schwer zu pflegende Rasenfläche, auf die sich immer wieder Samen aus den Wiesen ringsherum verirrten. Schon von jeher naturverbunden, entschied sich Furler, den «Schandfleck» langsam in eine Blumenwiese zu verwandeln, indem er die Wiese jeweils erst Ende Juni mit der Sense mähte. Zudem streute er noch Samen von den Nachbarswiesen ein oder versetzte Wiesensalbei in seine Matte. «Auf Samen aus der Tüte habe ich bewusst verzichtet, da mir sehr wichtig ist, dass nur standortgetreue Pflanzen den Weg in meine Matte finden», erklärt Fredi Furler.
Nicht ganz so einfach! Es benötigte mehrere Anläufe, bis sich diese Pflanzen etablierten. Ganz anders bezüglich Orchideen: Vergangenes Jahr blühten plötzlich einige Exemplare des Gefleckten Knabenkrauts. Zum Überleben benötigen Knabenkräuter spezielle Wurzelpilze (endotrophe Mykorrhiza), mit deren Hilfe sie sich hauptsächlich im Jugendstadium ernähren. Fallen die Pilze aus irgendwelchen Gründen weg, so stirbt die Pflanze ab.
Aber nicht nur das Gefleckte Knabenkraut erblühte auf der mittlerweile mit reichhaltigem Angebot an Magerwiesenblumen und -gräsern bewachsenen Mini-Wiese. Wenige Tage später zeigten sich sogar die auffallend purpurroten Blütentrauben von zwei Pyramiden-Hundswurzen und auch in diesem Jahr blühten zur grossen Freude des Ehepaars Furler wieder mehrere Exemplare beider Orchideenarten.
Pflücken verboten
bb. All unsere einheimischen Orchideenarten gelten als streng geschützt. Daher ist Pflücken oder gar Ausgraben strengstens verboten. Bei einem Versetzen ist mit dem Absterben der Pflanzen zu rechnen, da ihnen die zum Überleben erforderlichen Wurzelpilze fehlen oder die zwingend benötigten Boden- und Standortansprüche schlichtweg nicht erfüllt werden.