Mit Leib und Seele angepackt
03.06.2021 Porträt, Zunzgen
Otto Graf
Offiziell tritt Peter Giger, Hauswart der gemeindeeigenen Liegenschaften von Zunzgen und Mitarbeiter des Werkhofs, erst am 30. Juni mit dem Erreichen des ordentlichen Pensionsalters in den Ruhestand. Da er noch ein Ferienguthaben hatte und ...
Otto Graf
Offiziell tritt Peter Giger, Hauswart der gemeindeeigenen Liegenschaften von Zunzgen und Mitarbeiter des Werkhofs, erst am 30. Juni mit dem Erreichen des ordentlichen Pensionsalters in den Ruhestand. Da er noch ein Ferienguthaben hatte und Überstunden abzubauen waren, hatte er seinen «Letzten» jedoch bereits im Mai.
Am 1. Juli 1991 trat Giger, der sich zuvor gegen vier Mitbewerber durchgesetzt hatte, seinen Job als Gemeindewegmacher an – so die damalige Bezeichnung des Jobs – und gab seinen Beruf als selbstständiger Milchhändler in Basel auf. Damals zählte die «Belegschaft» des kommunalen Unterhaltsdienstes noch drei Mann. Heute sind es doppelt so viele und auch eine Frau.
Die Frage, was er besonders gern gemacht hat, beantwortet Giger kurz und bündig mit dem Satz: «Eigentlich habe ich fast alles gern gemacht.» Diese Aussage bringt es auf den Punkt. Wenn ein Auftrag zu erfüllen war, packte Peter Giger an, ohne Wenn und Aber. Mit seinen insgesamt etwa sechs direkten Vorgesetzten im Gemeinderat war er zufrieden – und diese im Gegenzug mit ihrem Mitarbeiter auch. So bezeichnet der frühere Gemeindepräsident Michael Kunz den nun Pensionierten als treue Seele und zuverlässige Person, auf die man sich in jeglicher Hinsicht verlassen konnte.
Hin und wieder, so Giger in waschechtem Basler Dialekt, hätte er sich aber schon etwas mehr Entscheidungsfreiheit gewünscht. Lobend äussert er sich über die technische Ausstattung des Werkhofs Zunzgen. Die Gemeinde, erklärt er, habe meistens ein offenes Ohr gehabt, wenn es um das Beschaffen eines Fahrzeugs oder einer sonstigen Gerätschaft ging.
Blackout am Büchel
In dreissig Jahren sammelten sich einige Müsterchen an Erlebtem an. So galt es vor Jahren, eine defekte Wasserleitung zu reparieren. Dabei brachte es der Kollege von Giger fertig, mit dem Bagger im trüben Wasser des Grabens ein Stromkabel, das im Plan falsch eingezeichnet war, zu durchtrennen. Die Folge war ein stundenlanger Stromunterbruch. Im ganzen Dorf gingen die Lichter aus. Und einen Besucher, der auf dem Heimweg vom «Guggenwahn» bei minus 10 Grad einen Busch am Strassenrand mit dem warmen Bett zu Hause verwechselte, habe er ganz energisch aus dem Schlaf reissen müssen. «Der gute Mann wollte partout nicht aufstehen und wurde sogar frech», erinnert sich Peter Giger an die Episode.
Einst, erzählt er weiter, sei er beim Salzstreuen auf einer Treppe ausgeglitten und habe sich dabei vermeintlich nur eine Verstauchung des Handgelenks zugezogen, die mit essigsaurer Tonerde zu behandeln wäre, ohne Arztbesuch, wohlverstanden. Ehefrau Heidi habe aber eine andere Diagnose gestellt und ihn schliesslich überreden können, zum Doktor zu gehen. Eine Stunde später habe er die Praxis mit einem dicken Gips um Unterarm und Hand sowie mit der Diagnose «Handgelenkfraktur» wieder verlassen. Dies habe ihn jedoch nicht davon abgehalten, der täglichen Arbeit nachzugehen.
Eine Viertelmillion Rahmdeckeli
In jungen Jahren spielte Peter Giger in Basel bis zum 35. Altersjahr Fussball. «Höher als in die dritte Liga hat es aber nicht gereicht», meint er. Im Militär, eingeteilt in der Na Kp 22, war er Motorfahrer und «Telifönler». Acht Jahre diente er der Feuerwehr Zunzgen. Politisch engagierte er sich nie. Aber etliche Jahre lang sass er im Vorstand des Regionalfachverbands der Hauswarte Baselland.
Vor einigen Jahren, nachdem die beiden Kinder ausgeflogen waren, verkaufte der Pensionär sein Haus in Zunzgen und zog mit Gattin Heidi nach Diepflingen, wo er ein kleineres Haus erstand. Hier hat er nun Zeit, seine Hobbys zu pflegen, mit seiner Gemahlin die Schweiz zu erkunden und seinen beiden Enkeln zu zeigen, was der Grossvater alles kann.
Besonderen Spass seit 1978 bereitet ihm das Sammeln von Kaffeerahmdeckeli. Mittlerweile umfasst seine Sammlung etwa 250 000 Deckeli, verteilt auf 30 Ordner. Zur Freizeitbeschäftigung gehören die täglichen Spaziergänge mit Dackel Susa.
Ratschläge möchte Peter Giger seinem Nachfolger Michel Meier nicht erteilen. Nur eine Verhaltensregel habe er Michel mitgegeben: «Behalte die Nerven und bewahre die Ruhe!»