Ein Quantensprung für den Verein
01.06.2021 Sissach, Tenniken, SportReiten | Der Reiterclub Sissach startet Bau der neuen Anlage
Die Bagger sind da. Der Reitplatz in der Tenniker Weiermatt wird seit gestern ausgebaut. Die neue Unterlage auf dem vergrösserten Platz soll dem Reiterclub Sissach Aufwind geben und neue Reitsportlerinnen und ...
Reiten | Der Reiterclub Sissach startet Bau der neuen Anlage
Die Bagger sind da. Der Reitplatz in der Tenniker Weiermatt wird seit gestern ausgebaut. Die neue Unterlage auf dem vergrösserten Platz soll dem Reiterclub Sissach Aufwind geben und neue Reitsportlerinnen und -sportler anlocken.
Sebastian Wirz
«Wenn man denkt, wie der neue Platz wird, sieht der jetzige Reitplatz fast herzig aus», sagt Hektor Luder. Er steht auf einer Wiese in der Weiermatt in Tenniken. Hinter ihm türmen sich 1000 Kubikmeter Schotter auf, frisch zugeliefert vom WB-Trassee – aus der Region für die Region. Die Bagger stehen bereit, um ein Kapitel abzuschliessen, das der Reiterclub Sissach schon vor Jahren aufgeschlagen hat: Der Verein baut einen neuen Reitplatz und erhält eine deutlich vergrösserte, moderne Anlage.
Luder ist Präsident der Baukommission und damit zuständig für das, was er als Quantensprung für den Reiterclub Sissach bezeichnet. Denn der Verein hatte in den vergangenen Jahren immer weniger Zulauf. «Er war ganz einfach nicht attraktiv», sagt Luder. Der traditionelle Concours in Sissach, das Aushängeschild des Reiterclubs, auf dem bei Reitern ungeliebten Rasen wurde immer kleiner und dann wegen Platzproblemen in Sissach – zum Beispiel wegen des Umbaus der Kunsteisbahn – nach Tenniken gezügelt. Dort fristete bereits der zweite, kleinere jährliche Concours ein Mauerblümchendasein. Auch der Wettkampf in Tenniken fand auf der Wiese statt, da der Sandplatz bei Weitem nicht genug Raum für ein Turnier-Springen bietet.
«Die Reiter kommen heute nicht mehr, wenn ein Concours auf der Wiese stattfindet», sagt Luder. Und nicht nur deshalb freut sich der Verein auf den neuen Sandplatz. «Auf der Wiese ist es schnell zu nass und der Untergrund somit zu tief, oder es ist zu trocken und der Untergrund somit zu hart und staubig», so Luder. «Beim Sandplatz ist das anders. Der Untergrund ist eine Wissenschaft für sich.»
Schotter, Matten, Quarzsand
Dies bestätigt René Abt vom Reitplatzbau-Unternehmen W. Abt AG: «Ein Reitplatz muss sehr schnell Wasser ablassen können und immer tretfest bleiben. Es dürfen sich weder Pfützen bilden, noch soll er staubig werden.» Daher sei es unerlässlich, dass der Unterbau perfekt gemacht sei. Entsprechend übernimmt sein Unternehmen, sobald die Tozzo AG den Aushub gemacht hat. «Wir haben die Fachkräfte dafür, sie bauen in der ganzen Schweiz Reitplätze», sagt Abt auf Anfrage.
Als unterste Schicht kommt der Schotter in die Baugrube. Darin liegen Drainage-Rohre. Darüber werden Matten aus recyceltem Kunststoff ausgebreitet, die zwar durchlässig sind, aber zugleich als Wasserspeicher dienen. Die Matten werden verfüllt, ehe darüber die Tretschicht zu liegen kommt: «Wir arbeiten seit Jahren mit diesem Material. Es handelt sich um eine Mischung aus hochwertigem Quarzsand und Zusatzstoffen, die patentiert sind», sagt Abt, der beim Tretschicht-Produzenten Terra Tex als Vertreter für die ganze Schweiz involviert ist. «Die selbst hergestellten Zusatzstoffe aus dem Hause Terra werden weltweit verkauft», sagt der Fachmann. «Ein Reitplatz ist kein Parkplatz. Das Material muss genau stimmen. Sonst hält die Freude nur wenige Jahre an, und die oberste Schicht ist zertreten oder zermahlen.»
Hektor Luder hofft, dass der Verein für 20 Jahre kein Geld mehr in den Platz in Tenniken stecken muss. Abt nährt diese Hoffnung: «Die Qualität unserer Plätze lässt bei pflichtbewusster Pflege nicht nach. Es gibt Plätze, die wir vor 30 Jahren gebaut haben und die noch nie saniert werden mussten. Erfahrungsgemäss muss man nach ein paar Jahren nur die Tretschicht auffüllen, von der immer ein wenig rausgetragen wird.»
900 000 Franken insgesamt
Entsprechend hat das Ganze seinen Preis: Den Reitplatz alleine lässt sich der Reiterclub Sissach 600 000 Franken kosten. Fast 300 000 Franken kommen für den Materialschopf, die Anschluss-Gebühren und weiteres dazu. «Die Finanzierung für den Platz steht, beim Rest sind wir in den letzten Zügen», sagt Luder. Einerseits habe der Reiterclub ein «schönes» Vermögen, zudem haben der Swisslos-Sportfonds (260 000 Franken) und Sponsoren stattliche Beiträge springen lassen. Schliesslich übernehmen Vereinsmitglieder Anteilscheine und die Bank leistet dem Verein ein «kleines Darlehen».
Der Reiterclub Sissach will seine Vergangenheit aufleben lassen. Der grosse Concours soll mit dem qualitativ hochstehendem Untergrund als Magnet wirken und werden, «wie er einmal war». Dank mehr Platz werden neu auch dann Trainings möglich sein, wenn daneben bereits Kurse stattfinden. Die Anlage wird am Ende Möglichkeiten für alle Reitsparten – vom Western-, über das Spring- bis zum Dressurreiten – bieten. Und der Verein soll wieder wachsen. «Es gibt Menschen aus der Region, die sich in den vergangenen Jahren anderen Vereinen angeschlossen haben, weil wir von der Infrastruktur her nicht attraktiv waren. Das wird sich ändern», ist Luder überzeugt.
Tenniken werde dennoch nicht vom Verkehr überrollt. Die Schaffung der «Spezialzone für Reitsport» hatte 2018 für grosse Diskussionen gesorgt, nicht zuletzt der Zusatzverkehr durch das Wohnquartier wurde kritisiert. Luder schwächt ab: «Wir haben zwei bis vier Anlässe im Jahr, die für Verkehr sorgen. Ansonsten finden nur Trainings statt, zu denen nur wenige Menschen anreisen. Das ist nicht wie ein Fussballplatz, auf dem jedes Wochenende Programm ist.» Und in den kalten Monaten werde ohnehin wenig laufen. Die Dorfbevölkerung konnte damals an einer Informationsveranstaltung beruhigt werden, sie sagte an der «Gmäini» schliesslich deutlich Ja. Einsprachen gegen das Baugesuch wegen des Verkehrs gab es keine.
Der Verein kann also mit Zuversicht in die Zukunft blicken. Mit dem gestrigen Spatenstich hat sie begonnen. Wenn es nicht zu oft regnet – für einige Arbeiten an der Unterlage muss es zwingend trocken sein – sollte der neue Platz Ende August fertig sein, schon im September soll ein erster Anlass auf der neuen Anlage stattfinden. Sie wird nicht mehr herzig sein – aber modern und die Lebensader des Reiterclubs Sissach.