«Das achte Kind» von Alem Grabovac
Wie kann man als Kind aufwachsen, wenn man in eine fremde Familie gegeben wird, ständig hinund hergerissen ist zwischen verschiedenen Kulturen, Erziehungsstilen und Weltanschauungen?
Katja Rehor
Alem ist ...
«Das achte Kind» von Alem Grabovac
Wie kann man als Kind aufwachsen, wenn man in eine fremde Familie gegeben wird, ständig hinund hergerissen ist zwischen verschiedenen Kulturen, Erziehungsstilen und Weltanschauungen?
Katja Rehor
Alem ist ein sogenanntes Gastarbeiterkind. Er wird in Würzburg geboren, seine Mutter ist Kroatin, die in einer Schokoladenfabrik im Schichtbetrieb arbeitet, der Vater ist Bosnier und ein Kleinganove, der später auf der jugoslawischen Gefängnisinsel Goli Otok landet. Seine Mutter gibt Alem in eine Pflegefamilie, weil sie keine Zeit für die Betreuung hat. Seine Pflegeeltern Marianne und Robert sorgen neben ihren eigenen sieben auch für andere Gastarbeiterkinder. Da Alem dauerhaft bei ihnen bleiben wird, ist er das achte Kind.
Er fühlt sich wohl bei seinen neuen Eltern Marianne und Robert. Er wird geliebt und darf bei ihnen Kind sein, zur Schule gehen und ungestört aufwachsen. Dass der Pflegevater sich nie vom Nationalsozialismus gelöst hat, begleitet Alem als Kind eher unbewusst. Mit zunehmendem Alter wird dies immer mehr zum Problem für ihn. Dass es nicht zum Bruch mit der Familie kommt, ist allein Mariannes Verdienst.
Alems leibliche Mutter versucht immer wieder, bei Männern Liebe zu finden, die ihr nicht guttun. Auch der neue Mann Emir ist wie schon Alems Vater eher ein unzuverlässiger Mann, der zudem noch trinkt und schlägt. Das Kind findet über all die Jahre keinen Zugang zu diesem Menschen, kann jedoch auch seine Mutter nicht bestärken, ihn zu verlassen. Er erträgt einfach die Tage, die er bei ihnen verbringen muss.
Heimatgefühle
Die Ferien verbringt Alem mit seiner Mutter in Kroatien bei den Grosseltern in einer äusserst kargen und ärmlichen Umgebung, aber Alem spürt hier etwas wie Heimat und geniesst die Zeit bei seiner Familie. Später wird er hier allerdings mit dem Krieg konfrontiert, was die Beziehung zu seinem Pflegevater infrage stellt.
«Das achte Kind» zeigt auf, wie Menschen auf dem Weg in ein vermeintlich besseres Leben straucheln und wie sie versuchen, alles für ihre Kinder zu geben. Der Roman zeigt auch, wie Kinder sich immer wieder in neuen Situationen zurechtfinden, ohne zu zerbrechen, dass sie sehr viel mehr verstehen, als manch Erwachsener meint, und dass selbst aus Kindern, die keine Bilderbuchfamilie haben, sehr wohl gute Erwachsene werden können.
Alem Grabovac: «Das achte Kind», Hanserblau in der Carl Hanser Verlag GmbH & Co., München, 256 Seiten. Katja Rehor, Bibliothekarin SAB, Gemeinde- und Schulbibliothek Gelterkinden, Sissacherstrasse 20, 061 981 43 81 bibliothek@gelterkinden.ch www.bibliothek-gelterkinden.ch